Warum kamen die Familien früher ohne Kita zurecht?

vom 12.07.2015, 11:05 Uhr

In der heutigen Zeit sind die Kitas in aller Munde. Jede Familie möchte am Liebsten einen Kitaplatz haben. Ich frage mich, warum darauf so viel Wert gelegt wird. Vor 20 oder 30 Jahren hat das eine völlig untergeordnete Rolle gespielt. Die Kinder wurden bis zum Kindergartenalter einfach im Haus großgezogen und das funktionierte wunderbar.

Jetzt wollen plötzlich beide Partner arbeiten gehen und das Kind soll so schnell, wie möglich, in die Kita. Warum ist das heute so kompliziert und hat früher völlig reibungslos geklappt? Man bedenke dabei, dass es früher viel mehr Kinder gab. Heute wird wegen einem Kind schon ein riesiger Aufstand gemacht. Ich versteh das nicht.

» GoroVI » Beiträge: 3187 » Talkpoints: 2,66 » Auszeichnung für 3000 Beiträge



Bei was weiß ich 6 Kindern hintereinander ist es viel leichter die ganze Zeit zu Hause zu bleiben, an Karriere ist da überhaupt nicht zu denken und man kann sich die Karriere gleich abschminken. Bei nur einem Kind ist es doch logisch, dass man eine Kita braucht, wenn man die Arbeit nicht komplett vergessen will.

Das Arbeitsleben ändert sich rasant, nichts ist mehr so wie zur Zeit der Industrialisierung. Damals waren Frauen eben von Beruf her "Hausfrau" und hatten auch immer viel zu tun mit zig Kindern. Ein Mann hat auch so viel verdient, um die ganze Familie ernähren zu können, das ist heute nicht bei allen Berufsgruppen möglich.

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» Olly173 » Beiträge: 14700 » Talkpoints: -2,56 » Auszeichnung für 14000 Beiträge


Früher bist du auch mit einem Einkommen ausgekommen und hattest in der Regel noch die Großeltern mit im Haus. Frauen sollten nicht arbeiten und mussten es auch nicht. Du redest davon, dass plötzlich alle Frauen arbeiten gehen wollen. Aber wie soll es denn funktionieren?

Im Falle einer Scheidung gibt es für den, der die Kinder betreut, nur sehr kurz Unterhalt. Außerdem reichen die meisten Gehälter noch nicht einmal für den Kindesunterhalt, den Partner kann kaum jemand finanzieren. Rente gibt es auch keine, wenn man nicht selbst arbeitet und selbst vorsorgt. Und das geht eben nur mit einer Kita.

Denn wenn man schon so arbeiten muss wie früher ein Mann, dann möchte man natürlich auch die gleichen Möglichkeiten für Karriere und Aufstieg haben. Warum sollte man das anders sehen und sich viel schlechter stellen, nur weil Kinder betreut werden? Dafür bekommt man keine Sicherheit mehr, darum muss man sich selbst kümmern.

Und weil das schon länger so ist, sind auch keine Großeltern mehr da, die einem unter die Arme greifen können. Die sind entweder selbst noch dabei und arbeiten oder sie sind wirklich alt. Früher wurde eine Frau zwischen 40 und 50 Jahren Großmutter und war Hausfrau. Da konnten die Enkel gut abgegeben werden. Heut sind Großeltern meist 60 oder 70 Jahre alt. Da kümmert man sich nicht mehr so leicht um so einen Zwerg.

Außerdem wohnen Familien heute weit auseinander. Wegen des Jobs zieht man heute schließlich um. Selbst wenn familiärer Rückhalt möglich wäre, ist die Entfernung zu groß. Wie soll das deiner Meinung nach denn sonst gehen?

» cooper75 » Beiträge: 13423 » Talkpoints: 517,99 » Auszeichnung für 13000 Beiträge



Nun, egal welchen Teil des Landes du dabei betrachtest. Aber die Lebensbedingungen haben sich seit dem sehr geändert. Wobei die Kindergärten ja in der ehemaligen DDR in jedem kleinen Dorf vorhanden waren und auch 12 Stunden am Tag zur Verfügung standen. Dazu gab es sogar Wochenkindergärten für Schichtarbeiter. Aber damals wurde nicht nur das Einkommen der Frau in der Familie gebraucht, sondern auch die Arbeitskraft in der Wirtschaft.

In der BRD war die Situation bis zur Wiedervereinigung anders. Da war es in den meisten Familien noch so, dass das Einkommen des Mannes gereicht hat, um die Familie zu ernähren. Die Frau konnte also zu Hause bleiben bis das letzte Kind in die Schule kam und danach suchte man sich halt einen Job mit wenigen Stunden am Vormittag. Nur dass man eben auch unter Leute kam und nicht weil man das Geld brauchte.

Schau dir aber heute mal den durchschnittlichen Lohn an. Und da rede ich nicht von Löhnen die man in der Autoindustrie bekommt, sondern vom normalen Handwerker. Allein kann man damit keine Familie mehr ernähren und die Frau ist eben gezwungen zu arbeiten. Selbst wenn man sich dann noch immer vom Staat abhängig machen muss. Und Großeltern sind, wie schon gesagt, entweder zu alt, zu weit weg oder selbst noch in Lohn und Brot. Wie sollte man dann also die Kinder betreuen lassen, wenn nicht im Kindergarten?

» Punktedieb » Beiträge: 17970 » Talkpoints: 16,03 » Auszeichnung für 17000 Beiträge



Ich brauche einen Kitaplatz weil ich wieder arbeiten möchte. Mein Job begleitete mich vor den Kindern einige Jahre und wird mich auch nach den Kindern noch Jahre begleiten. Mal abgesehen vom finanziellen Aspekt, was bleibt denn einer Frau, die jahrelang die Kinder gehütet hat, wenn die Kinder ausgezogen sind?

Früher wurden die Großeltern in die Familie eingebunden, hatten ihre Aufgaben im Haushalt und haben die Enkel mit erzogen. Ich hätte nach 15 Jahren zu Hause kaum eine Chance auf dem Arbeitsmarkt. Was soll ich denn den ganzen Tag machen, wenn die Kinder weg sind. Ich bin dann gerade 50, wenn das jüngste Kind 18 ist.

Ich brauche einfach die Selbstverwirklichung und eine Aufgabe jenseits von dreckigen Windeln und Haushalt. Ich bin bei jedem Kind einige Zeit zuhause geblieben, habe mich um sie gekümmert und anschließend in Teilzeit weiter gearbeitet. Natürlich möchte ich Zeit mit meinen Kindern verbringen, aber nicht ausschließlich.

» drago » Beiträge: 169 » Talkpoints: 1,56 » Auszeichnung für 100 Beiträge


Du verstehst es nicht, dass sich die meisten Frauen heute nicht mehr in die Rolle des Hausmütternchens drängen lassen und für die Kinder ihre Karriere und ihre finanzielle Unabhängigkeit aufgeben wollen und später dann kaum noch Fuß fassen können im Berufsleben, weil sie zu lange raus waren?

Oder verstehst du es vielleicht nicht, dass viele Familien heute nicht mehr von einem einzigen Gehalt leben können? Selbst wenn sich die Eltern gerne eine Auszeit für das Kind nehmen würden ist das dann einfach keine Option. Hast du dir mal angeschaut, wie sich die Mieten in den Großstädten entwickelt haben?

Oder verstehst du es vielleicht nicht, dass sich viele Großeltern heute nicht mehr dauerhaft als kostenlose Babysitter missbrauchen lassen, weil sie auch noch ein eigenes Leben haben? Oder, dass sie vielleicht auch überhaupt nicht in der Nähe der Enkelkinder leben?

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» Cloudy24 » Beiträge: 27476 » Talkpoints: 0,60 » Auszeichnung für 27000 Beiträge


Ich denke, dieser Wandel hat stattgefunden, weil heute auch Frauen arbeiten gehen wollen. Ich meine was hat man denn davon, wenn man immer nur zu Hause ist? Das ist doch langweilig und so kann man heute eben nach einer Zeit wieder arbeiten gehen und dem Kind dann auch etwas leisten. Zudem ist es eben auch einfach so, dass man in der Regel nicht mehr von einem Gehalt leben kann.

Es ist ja alles teuer. Die Miete muss gezahlt werden, man kann auch nicht in einer zu kleinen Wohnung leben und muss auch etwas zu Essen haben. Früher hat man ja auch noch vieles selber angebaut, was heute nur noch bedingt möglich ist.

Die Zeiten haben sich einfach geändert. Ich werde mein Kind auch in die Kita bringen, die bei uns direkt neben der Uni ist und bei der wir dann unser Kind auch so abholen können, dass es mit der Uni passt. Unsere Uni ist da sehr kinderfreundlich, aber man kann sein Kind ja nun mal nicht immer mit in die Uni nehmen und deswegen ist so ein Kindergarten schon ganz gut.

Zumal ich keine Lust habe immer nur zu Hause zu sitzen und mich auch nicht mehr richtig bilden zu können. Ich möchte dem Kind ja auch etwas bieten können.

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge



Davon ausgehend, was wirklich notwendig ist, also den Wunsch vieler Mütter, arbeiten zu gehen, mal außen vor gelassen, ist es schlicht und einfach so, dass ein Einkommen heutzutage oft nicht mehr zum Ernähren einer Familie ausreicht. Dank Zeitarbeit und Niedriglöhnen wären viele auf aufstockendes Hartz IV angewiesen, wenn nicht beide Eltern arbeiten würden. Das war vor 20-30 Jahren einfach noch anders.

Dazu kommt noch, dass er scheinbar immer mehr Alleinerziehende gibt. Ist auch kein Wunder. Früher war es eher üblich, dass man erst geheiratet und dann Kinder bekommen hat. Heute ist oft schon nach einer kurzen Beziehung ein Kind unterwegs und die Eltern bleiben dann natürlich nicht in allen Fällen zusammen.

Auch die Bereitschaft zur Scheidung hat zugenommen, während man früher wohl noch eher versucht hat, seine Eheprobleme in den Griff zu bekommen. Alleinerziehende Mütter müssen arbeiten, auch wenn sie vielleicht lieber mehr Zeit für ihre Kinder hätten, und brauchen deshalb auch Kita-Plätze.

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» Jessy_86 » Beiträge: 5456 » Talkpoints: 0,18 » Auszeichnung für 5000 Beiträge


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