Warum ist Essen so ein guter Tröster?

vom 03.12.2018, 08:31 Uhr

Man hört immer wieder, dass manche Menschen aus Frust, Kummer, Trauer oder Langweile essen. In dem Zusammenhang habe ich schon gehört, dass Essen als guter Tröster bezeichnet wurde. Essen würde in dem Sinne dann glücklicher machen und der Person würde es zumindest kurzzeitig besser gehen.

Ich frage mich, wieso das so ist. Was Essen zu einem guten Tröster macht und so viele dazu greifen, wenn es ihnen nicht gut geht und sie Trost brauchen. Man könnte dann doch auch einfach etwas anderes machen, um Trost zu suchen. Oder vielleicht statt zu Essen irgendwas trinken. Warum soll gerade Essen ein so guter Tröster sein?

Habt ihr die Erfahrung gemacht, dass Essen gut tröstet? Warum greifen viele bei Kummer zum Essen? Ist das eine Art Belohungungsgefühl, dass dann aktiv wird? Könnte man das nicht auch durch etwas anderes ersetzen und darin Trost finden? Wie erklärt ihr euch das? Meint ihr, dass Essen glücklich macht?

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» Nelchen » Beiträge: 32238 » Talkpoints: -0,25 » Auszeichnung für 32000 Beiträge



Ich denke, dass Essen als Tröster bezeichnet wird, weil von vielen Leuten versucht wird, sich mit Essen zu trösten, aber ich denke nicht, dass das dann in den meisten Fällen auch wirklich funktioniert und die Leute sich dann besser fühlen. Ich erkläre es mir so: Wenn man traurig oder niedergeschlagen will und Trost will, möchte man etwas, das einem gut tut, das keine Anstrengungen erfordert, das man genießen kann und wobei man auch nicht nachdenken oder reflektieren muss.

Außerdem verbindet man Essen (wenn es z.B. Naschereien sind, ich denke mit einem Salat tröstet sich niemand) ja meistens mit "sich etwas gönnen". Zucker erzeugt im Körper zudem ein schnelles aber kurzes Hochgefühl, wodurch es sein kann, dass man sich kurzzeitig durch das Essen besser fühlt! Deswegen, so denke ich, greifen viele Leute zu Naschereien um sich zu trösten.

» herbstfan » Beiträge: 24 » Talkpoints: 6,27 »


Ich denke, dass man in Essen dann Trost empfindet, wenn man in der Kindheit entsprechend konditioniert worden ist. Ich fühle mich von Essen nicht getröstet und habe nie verstanden, warum es manchen Menschen da so geht. Trost sieht für mich anders aus als einfach verspeist zu werden.

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» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge



Es gibt jedoch auch Speisen, die die Serotonin-Produktion im Hirn fördern und Serotonin ist ja allseits als "Glückshormon" bekannt. Zimt, Schokolade, Vanille, Ingwer, Datteln fördern sowohl Serotonin und Tryptophan, beide bekannt für gute Gefühle. Daher denke ich schon, dass Essen ein guter Tröster sein kann, zumindest wenn dadurch die Produktion einiger Faktoren im Körper verbessert wird.

Dann gibt es aber auch die Menschen, die Essen als Ersatzbefriedigung betrachten. Das hat nicht mal unbedingt etwas mit Konditionierung oder Erziehung zu tun. Als es mir zum Beispiel nicht gut ging, wurde Essen als Ersatzbefriedigung und damit meine ich nicht den leckeren Pudding der verstorbenen Oma, nachdem man sich immer so gut fühlt.

Es gibt aber auch eine emotionale Ebene. Erinnert ihr euch noch an eure klassischen Kindheitsessen? Die, die ihr so geliebt habt? Bei euch war es vielleicht Spinat mit Ei, bei mir waren es überbackene Chicorée. Wenn ihr so etwas essen, wenn ihr traurig seid, dann fühlt ihr euch doch automatisch einen Ticken besser oder? Hier kommt die Prägung ins Spiel.

» Wibbeldribbel » Beiträge: 12585 » Talkpoints: 9,82 » Auszeichnung für 12000 Beiträge



Es gibt doch auch genug Menschen, die sich mit trinken trösten. Ich meine damit jetzt keine Alkoholiker sondern die typisch englische "erst mal eine Tasse Tee machen" Reaktion auf sämtliche Situationen, die irgendwie stressig sind oder werden könnten.

An diesem Beispiel sieht man sehr gut, dass das mit dem Essen ein erlerntes Verhalten ist und mit dem Essen selber eigentlich gar nichts zu tun hat. Wenn du in einer Kultur aufgewachsen wärst, in der Tee die Antwort auf alle Probleme ist, würdest du heute zum Tee und nicht zum Schokoriegel greifen wenn du Trost suchst.

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» Cloudy24 » Beiträge: 27476 » Talkpoints: 0,60 » Auszeichnung für 27000 Beiträge


Ich denke, dass verschiedene Gründe hinter dem Phänomen stecken, dass Essen als Trostpflaster dient. Manche Lebensmittel und Inhaltsstoffe setzen durchaus Glückshormone frei und aktivieren das körpereigene Belohnungssystem. Andere Gerichte oder Geschmäcker sind vielleicht mit schönen Kindheitserinnerungen verbunden und setzen auf diesem Wege gedankliche und emotionale Prozesse in Gang, die sich stimmungsaufhellend äußern.

Ein anderer - nicht ganz so vorteilhafter - Mechanismus ist das impulsive Essen als Emotionsregulationsstrategie. Die meisten Menschen tun sich schwer damit, diese Funktionalität zu verstehen, aber im Endeffekt sind hierbei ähnliche spannungsreduzierende Vorgänge beteiligt wie bei selbstverletzendem Verhalten. Je nach Person sind die einen oder anderen Wirkungen beteiligt oder vermischen sich auch.

Fakt ist zumindest, dass ein gutes und ausgewogenes Essen ja per se wirklich etwas ist, das einem gut tut und in erster Linie auch nicht schadet. Daher sehe ich nicht unbedingt etwas verwerfliches daran, sich auch ab und an mal mit seinem Lieblingsessen zu belohnen oder zu trösten. Es sollte nur nicht so weit kommen, dass der Aspekt der Nahrungsaufnahme und Energiezufuhr von emotionalen Gesichtspunkten völlig überlagert und der Vorgang des Essens von jeglichem Hunger- und Sättigungsgefühl entkoppelt wird, denn das birgt die Gefahr des Überkonsums.

» MaximumEntropy » Beiträge: 8472 » Talkpoints: 838,29 » Auszeichnung für 8000 Beiträge


Ich denke, dass es etwas mit dem Urinstinkt zu tun hat. Tiere belohnt man ja auch oft mit Essen - Hunde bekommen ja oft ein Leckerli, wenn sie ein Kunststück gemacht haben. Und viele Kinder bekommen auch bei guten Noten oder bei gutem Benehmen etwas zu naschen - oder es geht zur Belohnung zu McDonald's. Mit Essen kann man jemandem eben extrem schnell eine große Freude bereiten.

Es ist ja auch so, dass man essen muss - so dass sich das praktische mit der Belohnung oder mit dem Trost verbinden lässt. Und ich denke, dass das bei einigen auch eine Rolle spielen wird. Was essen muss man ja - und dann kann es zum Trost eben auch mal eine Pizza sein.

Essen braucht jeder und Essen mag jeder - man kann es überall herbekommen und man hat es in der Regel auch immer zu Hause. Von daher kann man sich auf diese Weise einfach quasi jederzeit und schnell trösten. Wenn man etwas isst, was einem sehr gut schmeckt, dann stillt man damit ja nicht nur den Hunger, sondern tut sich etwas Gutes - und fühlt sich auch automatisch besser. Ich zumindest fühle mich deutlich besser, wenn ich meine Lieblingsspeise esse, als wenn ich etwas esse, das nur meinen Hunger stillt, ich aber gar nicht mag.

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» Prinzessin_90 » Beiträge: 35273 » Talkpoints: -0,01 » Auszeichnung für 35000 Beiträge



Prinzessin_90 hat geschrieben:Und viele Kinder bekommen auch bei guten Noten oder bei gutem Benehmen etwas zu naschen - oder es geht zur Belohnung zu McDonald's. Mit Essen kann man jemandem eben extrem schnell eine große Freude bereiten.

Also ich weiß ja nicht wie du erzogen worden bist, aber in meiner Familie ist es überhaupt nicht üblich, Belohnungen in Form von Essen zu geben. Das kenne ich gar nicht. Bei uns war es eher so, dass man materielle Geschenke bekommen hat, wenn man etwas gut gemacht hat. Mein Bruder hat zum Beispiel bei einem sehr guten Zeugnis eine Gitarre geschenkt bekommen, weil er sich die gewünscht hat. Belohnung in Form von Essen finde ich extrem befremdlich und gar nicht nachvollziehbar. Wenn man mit Essen belohnt wird ist das gerade beim Menschen für mich etwas, das die Anfälligkeit für Essstörungen erhöht.

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» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge


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