Warum gehört ihr zum Typ "Arztmuffel"?

vom 28.10.2019, 01:49 Uhr

Je früher Erkrankungen erkannt werden, desto besser können sie auch behandelt werden. Deswegen sollte jeder regelmäßig zur Vorsorge gehen. Obwohl die gängigen Früherkennungsuntersuchungen von den Krankenkassen bezahlt werden, nimmt jedoch längst nicht jeder dieses "Angebot" wahr.

Was hindert die Menschen am Arztbesuch? Dieser Frage ist das Marktforschungsinstitut Splendid Research in einer repräsentativen Umfrage nachgegangen. Es befragte dafür 1.015 Männer und Frauen aus ganz Deutschland. Die Teilnehmer waren 20 bis 50 Jahre alt und zu 90 Prozent gesetzlich versichert.

Demnach haben 85 Prozent aller Befragten an, mindestens einmal in den letzten drei Jahre einen Arztbesuch über längere Zeit - trotz Beschwerden - aufgeschoben zu haben. 35 Prozent gaben an, dies öfters zu tun (min. einmal jährlich). Im Gegensatz zum weiterverbreiteten Glauben, gibt es mehr Frauen als Männer die zum Typ "Arztmuffel" gehören.

Es wird vor allem fehlende Zeit und das Pflichtgefühl gegenüber Arbeitgebern angegeben, welches viele zum Arztmuffel lassen wird. Das Fatale daran ist nur, dass das Aufschieben oft mit monatelangem Leiden verbunden ist und im worst case zu gefährlichen Komplikationen führen kann.

Als Alternative zum Arzt setzen die Deutschen gerne ihre Hoffnung in Hausmittel oder kaufen rezeptfreie Medikamente in der Apotheke. 40 Prozent der Befragten suchen lieber Rat bei "Doktor Google". Dies trifft besonders auf die jüngere Generation zu.

Was macht euch zum Arztmuffel? Warum geht ihr nicht gerne zum Arzt bzw. schiebt Arztbesuche lieber vor euch her? Ignoriert ihr Beschwerden oder behandelt ihr euch selbst mit Hilfe von Hausmitteln und frei verkäuflicher Arznei?

» EngelmitHerz » Beiträge: 3943 » Talkpoints: 17,03 » Auszeichnung für 3000 Beiträge



EngelmitHerz hat geschrieben:Was macht euch zum Arztmuffel? Warum geht ihr nicht gerne zum Arzt bzw. schiebt Arztbesuche lieber vor euch her?

Ich bin ja gar kein Arztmuffel. Ich versuche normalerweise schon, Beschwerden ärztlich abklären zu lassen. Das Problem besteht häufig eher darin, keine zeitnahen Facharzttermine zu bekommen, und dann muss man sich zwangsläufig anderweitig behelfen, indem ich mir beispielsweise in der Apotheke Ratschläge und Medikamente hole. Aber sofern ich einen Termin beim Arzt bekomme, lasse ich mich auch zeitnah ärztlich untersuchen und gegebenenfalls behandeln.

Benutzeravatar

» lascar » Beiträge: 4482 » Talkpoints: 792,20 » Auszeichnung für 4000 Beiträge


Ich bin auch absolut kein Arztmuffel und versuche die Arzttermine so schnell wie möglich zu bekommen und auch wenn möglich die Behandlung vollständig mit einem Mal zu beenden. Ist zwar nicht immer möglich, da meist Kontrollbesuche stattfinden müssen, aber ich versuche meist das Problem beim ersten Besuch zu klären und dann auch in den Griff zu bekommen.

Meist ist das was einem zum Arztmuffel macht, das man kaum bis gar keinen zeitnahen Termin bei einem Facharzt bekommt. Mein Mann z.B. sucht seit einem halben Jahr einen Hautarzt, da er sich laut Hausarzt eine Dornenwarze entfernen lassen muss, jedoch nehmen Hautärzte entweder niemand mehr an oder haben erst Mitte 2020 einen Termin frei. Da mein Mann nun mehrfach am Telefon abgewiesen wurde und ihn dies einfach sauer und zugleich sehr enttäuscht, wurde er aufgrund dessen zum Arztmuffel und lässt dies aktuell sehr schleifen. Sogar bei der kassenärztlichen Vereinigung rief er an und bat um Hilfe, die einem einen Facharzttermin innerhalb 4 Wochen besorgen sollen und dies funktionierte nicht. Ich habe selbst bei meinem Hautarzt angerufen, der sagte, es müsste auf dem Überweisungsträger "Notfall" vermerkt sein, dann würde er innerhalb 2 Wochen einen Termin bekommen. Mein Mann ließ dies auf dem Überweisungsträger vermerken und rief nochmals dort an und dann hieß es auf einmal: Tut mir leid, aber wir nehmen keine neuen Patienten mehr an. Wenn man darauf kein Arztmuffel wird, dann weiß ich auch nicht. Er erklärte, das ich wenige Tage zuvor anrief und uns dies mitgeteilt wurde bzgl. dem Notfall, aber die Dame konnte sich nur entschuldigen und nahm ihn nicht mehr an.

Mich wundert es nicht, das viele Patienten ihre Vorsorgetermine nicht mehr wahrnehmen, wenn man kaum bis gar keine zeitnahen Termine mehr bekommt. Man wird dank der aktuellen Lage und der vielen Schließungen der Arztpraxen einfach oftmals vertröstet wird oder man 1 Jahr Wartezeit in Kauf nehmen muss. Das Vorsorgetermine wichtig sind, das ist sicherlich jedem klar, aber oftmals wenn man Schmerzen oder Probleme hat, versucht man teilweise sich erstmal selbst zu helfen, bevor man zum Arzt geht oder man sucht sich Tipps und Ratschläge in der Apotheke um nicht unnötig in einem vollen überfüllten Wartezimmer zu sitzen, indem noch kränkere Patienten sitzen, die einen anstecken könnten.

Ich bin auf jeden Fall jemand, der trotzdem gerne zum Arzt geht und die Beschwerden lieber ärztlich untersuchen lässt, anstatt jede Menge Geld auszugeben für Medikamente, die man "testet" und hofft die Beschwerden gehen damit vielleicht weg. Günstig sind nämlich frei verkäufliche Medikamente auch nicht und können bei langanhaltenden Beschwerden gut ins Geld gehen.

Benutzeravatar

» SybeX » Beiträge: 3896 » Talkpoints: 11,19 » Auszeichnung für 3000 Beiträge



So ähnlich ist das bei einem Freund von mir auch. Er hat seit über einem halben Jahr regelmäßig Probleme mit seinem Auge, hat aber immer noch keinen Termin bei einem Augenarzt bekommen, weil ihn die Praxen in seiner Region mit derselben Begründung ablehnen: "Wir nehmen keine neuen Patienten an!". Gerade bei Augenproblemen sehe ich das sehr problematisch, denn wenn man nicht weiß, welche Ursache hinter den Problemen steckt, kann sich ohne ärztliche Behandlung womöglich sogar das Augenlicht immer weiter verschlechtern.

Benutzeravatar

» lascar » Beiträge: 4482 » Talkpoints: 792,20 » Auszeichnung für 4000 Beiträge



Bei mir ist es vor allem die fehlende Zeit, wenn ich ehrlich bin. Ich gehe zwar brav zum Arzt, um mein Schilddrüsenproblem zumindest halbwegs in den Griff zu bekommen, aber eigentlich sollte ich öfter als einmal im Quartal aufschlagen. Aber die fehlende Arbeitszeit und das stundenlange Herumgeeiere nervt mich doch gewaltig, zumal da ich eine komplizierte Geschichte sitzen habe, die auch mal monatelang Ruhe geben kann, um sich dann wieder aufzuspielen.

Für ganz gewöhnliche Krankschreibungen wegen Erkältung oder Ähnlichem gehe ich ebenfalls zum Arzt, weil sich mein "Pflichtgefühl gegenüber dem Arbeitgeber" vor allem dadurch ausdrückt, dass ich nicht das ganze Büro anstecken möchte. Und zu Fachärzten muss ich glücklicherweise selten. Aber auch hier spielt vor allem das Problem eine Rolle, dass man kaum zu ansatzweise arbeitnehmerfreundlichen Zeiten einen Termin bekommt.

Außerdem spielt die Art der "Beschwerden" in meinen Augen schon auch eine Rolle. Wenn ich Blut huste, treibt es mich eher zum Arzt wie bei Heuschnupfen. Und dass mir die Knie wehtun und allmählich unbrauchbar werden, haben mir schon drei Orthopäden und zwei MRTs bestätigt. Da brauche ich wahrhaftig nicht noch öfter zum Arzt zu gehen.

Und ich muss auch zugeben, dass ich gerade bei Bagatellen nur sehr ungern zum Arzt gehe, weil ich die Behandlungen oftmals als absolute Willkür empfinde. Sprich, je nach Tagesform oder welchen Arzt ich in der Gemeinschaftspraxis erwische, kann ich mit Antibiotika, einer Überweisung zum Kardiologen, dem guten Rat, viel zu trinken oder einem herzhaften: Sie sind doch noch jung! wieder vor der Tür stehen. Da frage ich mich auch, was der Krampf soll, und verlasse mich im Zweifelsfall auf mein Bauchgefühl, ob Hausmittel helfen oder ob ich mich darauf verlassen muss, dass Dr. X wieder in Stimmung für den Chemiebaukasten ist.

» Gerbera » Beiträge: 11335 » Talkpoints: 53,75 » Auszeichnung für 11000 Beiträge


Ich bin mal zu meinem Hausarzt gegangen um mir etwas gegen meinen penetranten Husten verschreiben zu lassen, weil Hausmittel und rezeptfreies nicht geholfen haben. Der Tag endete dann in der Notaufnahme, wo ich mit den Worten "das kann lebensgefährlich werden" ein Röntgenbild von meinem kollabierten Lungenflügel vor die Nase gehalten bekommen habe.

Falls ich jemals zur Spezies "Arztmuffel" gehört habe war es nach dieser Geschichte damit vorbei. Ich habe jedenfalls gelernt, dass ich meinen Gesundheitszustand eben doch nicht immer realistisch einschätzen kann und, dass Doktor Google sich mit atypischen Symptomen nicht so gut auskennt.

Aber wer geht schon gerne zum Arzt? Ich habe wirklich gute Ärzte und muss meistens nur zu Kontrollterminen antanzen oder kann mir direkt am Tresen ein neues Rezept ausstellen lassen, aber ein Arzttermin führt bei mir trotzdem nicht zu guter Laune. Es kostet halt immer Zeit und mir fallen direkt hundert Dinge ein, die mehr Spaß machen als in einem Wartezimmer zu sitzen und zu versuchen sich nicht bei den hustenden Mitpatienten anzustecken.

Benutzeravatar

» Cloudy24 » Beiträge: 27476 » Talkpoints: 0,60 » Auszeichnung für 27000 Beiträge


Ich muss zugeben, dass ich - wider besseren Wissens - auch ein ziemlicher Arztmuffel bin. Mein primärer Grund, den Gang zum Doktor zu vermeiden, ist zum einen ein eigenes recht fundiertes medizinisches Wissen, das mich häufig zur eigenmächtigen Diagnose und Therapie verleitet, und zum anderen die persönliche Einstellung, dass schon alles "nicht so schlimm" sein wird und von alleine wieder vergeht, solange ich noch atmen, laufen und meinen Alltag halbwegs verrichten kann. Mein Freund kritisiert diese Haltung regelmäßig, wenn ich mich auch mit Erkältungssymptomen, Schmerzen und Erschöpfungszuständen noch auf die Arbeit schleppe, aber ich will mich eben auch nicht für jedes Wehwehchen krankschreiben lassen.

Andere Menschen haben sicherlich noch vielfältige weitere Gründe für das Vermeidungsverhalten. Bestimmt spielt Angst oft eine große Rolle, ob nun vor einer unerwünschten Diagnose, einer bestimmten Untersuchung oder einfach vor der Warte- und Behandlungszimmeratmosphäre an sich. Andere finden vielleicht keine Lücke in ihrem vollen Terminkalender und setzen die Prioritäten anderweitig als bei der anderen Gesundheit, und manche werden sicherlich auch schlichtweg von den langen Wartezeiten in vollen Hausarztpraxen oder bei niedergelassenen Fachärzten abgeschreckt. Letzteres ist in der Tat ein gravierendes strukturelles Problem unseres Gesundheitssystems, aber der Nachschub an Medizinern wandert leider häufig in die lukrativeren Fachbereiche oder ins Ausland ab.

» MaximumEntropy » Beiträge: 8472 » Talkpoints: 838,29 » Auszeichnung für 8000 Beiträge



Ja, ich bin ein Arztmuffel. Ich versuche zuerst einmal alle Termin wegen meiner chronischen Erkrankungen so lange wie möglich zu verschieben. Das Abholen von Rezepten schiebe ich auch möglichst lange hinaus. Erkrankungen ignoriere ich oftmals und laufe zum Beispiel ewig lange schniefend durch die Gegend, ehe ich mir mal entsprechend Ruhe gönne.

Ich habe jedoch so einen fiesen Schalter im Kopf, der mir immer sagt, dass es "ja doch nicht so schlimm ist" oder "anderen geht es schlechter" oder "du belastest nur das System". Das ist komplett falsch und das weiß ich auch, aber wenn ich krank bin, schaltet sich dieser Schalter ein und boykottiert alle Versuche. Dazu kommt dann noch, dass dieser Schalter mir einredet, "dass ich nichts wert bin, wenn ich nicht zur Arbeit gehe", "dass Krank Sein verpönt ist und meinen Ruf verschlechtert" oder Ähnliches. Fiese Kiste, wir arbeiten dran, aber ganz abgeschaltet haben wir es noch nicht.

Vielleicht hat die letzte Aktion ein wenig an dieser "Arztmuffelei" verändert, ich bin mit hochgradig entzündeter Gallenblase, die kurz vorm Zerbersten stand, eingeliefert geworden. Hätte mein Partner mich nicht einfach eingepackt und mitgenommen, ich wäre wahrscheinlich noch stundenlang zu Hause gesessen und hätte mir eingeredet, dass es nicht "so schlimm" gewesen wäre.

» Wibbeldribbel » Beiträge: 12585 » Talkpoints: 9,82 » Auszeichnung für 12000 Beiträge


Ähnliche Themen

Weitere interessante Themen

^