Warum erschwert Deutschland die Kinderlosigkeit?

vom 14.05.2015, 18:09 Uhr

Neulich habe ich ein Interview mit einer Wissenschaftlerin in einem Blog gelesen die sich sehr darüber aufgeregt hat, dass es in Deutschland so schwer ist, sich sterilisieren zu lassen. Sie wäre 30 Jahre alt und wüsste bereits mit 12 Jahren das sie keine Kinder haben wollten und davon konnten sie auch keine Kommentare nach dem Motto ''wenn du älter bist wird sich das ändern'' etwas ändern. Nun will sie sich sterilisieren lassen, da die Pille Nebenwirkungen bei ihr verursacht und ist sauer darüber, dass viele deutsche Ärzte das nicht machen möchten.

Deswegen wird sie jetzt in die Niederlande fahren wo sie das recht kostengünstig und sicher machen lassen kann. Sie findet es aber dennoch nicht fair, dass hier in Deutschland alles begünstigt wird, dass das Kinder bekommen erleichtert, aber wenn man sich gegen Kinder entscheidet, werden einem nur Steine in den Weg gelegt. Ich selbst kann das auch nicht nachvollziehen. Jemand der sich für eine Sterilisation entscheidet ist kein kleines Mädchen das nicht weiß, ob es Kinder kriegen soll, sondern hat es sich überlegt. Und in solchen Fällen sind psychische und körperliche Belastungen bei Pilleneinnahme und potentiellen Abtreibungen sehr hoch.

Könnt ihr verstehen warum in Deutschland einfach nicht akzeptiert wird, wenn jemand keine Kinder haben möchte? Warum muss man dafür in die Niederlande fahren? Warum verstehen deutsche Ärzte nicht, wie belastend es sein kann, wenn man keine Kinder will und dennoch die Risiken der Pille und Abtreibung in Kauf nehmen muss die einem das Leben versauen können?

» Crispin » Beiträge: 14916 » Talkpoints: -0,43 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



Manche Frauen sind eben Spätzünder und ich finde gerade als Arzt, der ein eher oberflächliches Verhältnis zu seinen Patientinnen hat, ist es schwer zu sagen ob die Patientin es wirklich ernst meint mit der Sterilisation oder eben nicht. Als Arzt hat man ja privat in der Regel nichts mit den Patienten zu tun und kann sich nur von dem ein Bild machen wie sich die Patienten im Wartezimmer bzw. im Sprechzimmer verhalten.

Ich kenne auch etliche Beispiele, wo Frauen dann immer damit geprahlt haben, dass Kinder doch "Mist" wären und dass man definitiv keine Kinder würde haben wollen, weil die das ganze Leben versauen würden. Eines dieser Beispiele ist aber mittlerweile verheiratet und hat drei Kinder. Sie ist richtig glücklich als Mutter und geht voll in ihrer Rolle auf. Der Kinderwunsch kam bei ihr aber erst ab Mitte/ Ende 30, vorher hatte sie nicht das geringste Bedürfnis danach.

Eine Sterilisation wieder rückgängig zu machen ist unmöglich und es gibt viele Frauen die das unüberlegt machen bzw. die tickende biologische Uhr unterschätzen und hinterher jammern, dass sie doch keine Kinder mehr bekommen können. Ich finde es nur richtig, dass die Ärzte dann eher abwarten ob sich der Wunsch vielleicht noch ändert, man kennt die Patienten ja nie gut genug um selbst zu wissen ob sie jemals werden Kinder haben wollen oder nicht.

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» Olly173 » Beiträge: 14700 » Talkpoints: -2,56 » Auszeichnung für 14000 Beiträge


Ich kann beide Positionen verstehen. Klar ist es eine Entscheidung eines erwachsenen Menschen. Ich habe diese Entscheidung auch getroffen und im Moment wäre ich froh, wenn ich das machen lassen könnte. Aber die Argumente, die Olly173 angebracht hat, kann ich ebenso nachvollziehen. Es ist halt wirklich nicht mehr rückgängig zu machen. Und wenn es so einfach ist als Arzt, da nicht mitzumachen und es auch keinen großen finanziellen Nachteil bringt, würde ich als Arzt auch ablehnen. Besser als wenn die Frau irgendwann voller Reue vor ihm sitzt.

Mich würde in dem Zusammenhang mal interessieren, ob es dazu Studien gibt. Befragungen von Frauen, die sich dagegen entschieden haben und wie viele der Frauen ihre Meinung wieder ändern. Und wie viele Frauen die Sterilisation dann in den Niederlanden oder anderswo durchführen lassen. Daraus könnte man ja wenigstens mal ein paar Wahrscheinlichkeiten ableiten.

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» Bienenkönigin » Beiträge: 9448 » Talkpoints: 19,93 » Auszeichnung für 9000 Beiträge



Wo wird einer Frau in Deutschland die Kinderlosigkeit schwer gemacht? Niemand wird ohne den Zugang zu Verhütungsmitteln zur Ehe gezwungen und muss dort sexuelle Handlungen über sich ergehen lassen. Verhütungsmittel sind jederzeit und überall ganz leicht erhältlich. Und niemand muss seinem Körper Hormone zumuten, um sicher zu verhüten.

Es gibt die Pille, die Hormonspirale, das Hormonimplantat, den Verhütungsring, sicher. Aber es gibt auch die Kupferspirale, die Kupferkette (schon ab Pubertät möglich), Pessare mit Verhütungsgel, Teststäbchen oder den LadyComp. Es ist ohne besonderen Aufwand möglich, ohne Hormone sicher zu verhüten. Je nach Auswahl der Methode erreicht man auch ohne Hormone die Sicherheit der Pille und locker die "Vorteile" einer Sterilisation.

Die meisten dieser Methoden haben, auch ganz ohne Hormone, einen besseren Pearl-Index als die Sterilisation der Frau. Warum sollte man also für einen Eingriff sein, der eine große Bauchoperation mit allen Risiken darstellt, schlechte Ergebnisse liefert und häufig bereut wird? Niemand hindert eine Frau oder einen Mann in diesem Land daran, kein Kind entstehen zu lassen. Der Zugang zu sicherer Verhütung in zig Varianten ist doch da.

» cooper75 » Beiträge: 13423 » Talkpoints: 517,99 » Auszeichnung für 13000 Beiträge



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