Warum Bußandacht statt Beichte?

vom 15.12.2024, 10:57 Uhr

Bußandachten sind für mich eine wertvolle Gelegenheit zur geführten Gewissenserforschung. Sie helfen, innezuhalten, das eigene Leben zu reflektieren und sich Gedanken über die Beziehung zu Gott zu machen. Ich schätze diese Andachten sehr, aber ich kann nicht nachvollziehen, warum viele Menschen sie als Ersatz für die Beichte sehen. Gerade bei Personen, die ihren Glauben sonst kaum praktizieren, fällt mir das besonders negativ auf.

Immer wieder erlebe ich, dass Menschen, die das ganze Jahr über kaum in die Kirche gehen, plötzlich bei einer Bußandacht auftauchen und großen Wert darauf legen, dabei zu sein. An sich finde ich es schön, dass diese Andachten so viele anziehen. Aber ich frage mich: Warum kommen sie ausgerechnet dann? Und warum scheint es für sie so wichtig zu sein, dass der allgemeine Segen am Ende der Andacht wie eine Lossprechung wirkt, obwohl er das eigentlich nicht ist?

Erst gestern habe ich wieder so eine Unterhaltung geführt. Jemand erzählte mir, wie erleichtert er als Kind war, als die Beichtstühle langsam abgeschafft wurden. Seitdem sei er froh, dass es Bußandachten gibt, weil er die Beichte für sich ablehnt. Für ihn ist der allgemeine Segen am Ende einer solchen Andacht völlig ausreichend. Er sagte sogar, dass er der festen Überzeugung ist, dass der Segen die Lossprechung ersetzt. Mich hat das ziemlich schockiert. Für mich steht außer Frage, dass nur das Sakrament der Beichte zur Vergebung der Sünden führt. Aber wie erklärt man das jemandem, der so überzeugt ist?

Was ich ebenfalls nicht verstehe, ist, warum solche Menschen ausgerechnet einmal im Jahr zur Bußandacht gehen. Wenn sie ihren Glauben ansonsten kaum leben, was bringt ihnen dann diese eine Stunde? Es wirkt fast so, als sei das eine Art Pflichttermin, der dann für das ganze Jahr „ausreicht“. Vielleicht spielt das Bedürfnis, zumindest einmal im Jahr etwas Religiöses zu tun, eine Rolle. Aber warum dann ausgerechnet eine Bußandacht? Es scheint ein Widerspruch: Einerseits lehnen sie die Beichte ab, andererseits suchen sie aber diese Form von Gottesdienst, die so eng mit Reue und Umkehr verbunden ist.

Ich frage mich, warum so viele Menschen nicht wissen, dass eine Bußandacht keine Lossprechung beinhaltet. Liegt es daran, dass in den letzten Jahrzehnten die Beichte in vielen Gemeinden in den Hintergrund gerückt ist? Vielleicht fehlt es einfach an einer klaren Kommunikation. Oft wird in den Andachten nicht darauf hingewiesen, dass sie nur eine Vorbereitung auf die Beichte sein sollen. Stattdessen könnte der allgemeine Segen am Ende leicht den Eindruck vermitteln, dass hier alles „erledigt“ ist.

Die große Frage für mich ist: Sollte man solche Missverständnisse direkt ansprechen? Einerseits finde ich es wichtig, solche falschen Vorstellungen zu klären. Andererseits frage ich mich, ob das nicht genau die Menschen abschreckt, die ohnehin selten den Weg in die Kirche finden. Gerade bei jemandem, der sich in einer Bußandacht vielleicht zum ersten Mal im Jahr mit seinem Glauben auseinandersetzt, will ich nicht den Eindruck erwecken, dass ich belehrend bin.

Vielleicht wäre es eine Möglichkeit, während der Bußandachten selbst mehr darüber zu sprechen, was sie bedeuten und was nicht. Ein kurzes Statement des Priesters könnte Missverständnisse ausräumen, ohne dass Einzelne sich angesprochen fühlen müssten.

Für mich bleibt es ein Rätsel, warum manche Menschen, die sonst keinen Bezug zu ihrem Glauben zeigen, ausgerechnet in Bußandachten einen Ersatz für die Beichte suchen. Ich empfinde das nicht nur als Missverständnis, sondern auch als Verdrängung der eigentlichen Bedeutung des Sakraments. Trotzdem frage ich mich, ob es richtig ist, darüber zu urteilen. Vielleicht ist diese eine Stunde für sie tatsächlich ein Schritt in die richtige Richtung – auch wenn es für mich schwer nachzuvollziehen ist.

Wie seht ihr das? Sollte man solche Missverständnisse ansprechen? Oder sollte man die Menschen einfach ihren eigenen Weg gehen lassen? Und warum haben Bußandachten für manche einen solchen Stellenwert, obwohl sie sonst keinen Bezug zum Glauben zeigen?

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» Trisa » Beiträge: 3292 » Talkpoints: 29,30 » Auszeichnung für 3000 Beiträge



Handelt es sich denn wirklich um ein Missverständnis? Denn der Codex iuris canonici von 1983 empfiehlt zwar, dass Katholiken auch lässliche Sünden beichten, unerlässlich ist die Beichte, wirklich erforderlich ist die Beichte aber nur bei Todsünden.

Gleichzeitig gewährt der Bußgottesdienst den Teilnehmern die Befreiung von leichten Sünden. Es ist also tatsächlich nicht erforderlich zu beichten, wenn keine schweren Sünden begangen worden sind. Und ob die Menschen, die auf die Beichte verzichten, Todsünden beichten und bereuen können, das kannst du doch gar nicht beurteilen, oder?

Außerdem finde ich es total verständlich, wenn in vielen Gemeinden die Beichte extrem unbeliebt ist. Wenn verschiedene Geistliche zu den unterschiedlichsten Zeiten anwesend sind und man keinen vertrauten Ansprechpartner hat, dann ist die Hemmschwelle eben groß. Und viele fühlen sich dann nicht angenommen und willkommen.

» cooper75 » Beiträge: 13423 » Talkpoints: 517,99 » Auszeichnung für 13000 Beiträge


Schon bei den ersten drei Geboten begehe ich als praktizierende Katholikin regelmäßig Todsünden. Die Pflicht zur sonntäglichen und hochfestlichen Teilnahme an der Heiligen Messe ist ebenso im Codex iuris canonici von 1983 geregelt. Der Katechismus KKK 2181 sagt eindeutig:

Die Sonntagsmesse und die Messe an gebotenen Feiertagen mitzufeiern ist ein Gebot der Kirche. Wer dieses Gebot ohne wichtigen Grund nicht erfüllt, begeht eine schwere Sünde.

Ich wage zu behaupten, dass all die weihnachtlichen Kommunikanten, die man ansonsten nur zu familiären Feierlichkeiten wie Erstkommunion, Firmung, Hochzeiten oder Taufen in der Kirche sieht, nicht allsonntäglich einen wichtigen Grund haben, der Heiligen Messe fernzubleiben. Ohne vorherige Beichte vor dem Empfang der Heiligen Kommunion, kommt schon dadurch die nächste schwere Sünde dazu.

Mag sein, dass das Missverständnis schon darin liegt, dass das manchen Statistik-Katholiken nicht mehr bewusst ist. Allerdings habe ich dabei noch mehr Schwierigkeiten dies anzusprechen.

So manchen würden es eher helfen, wenn zu unterschiedlichen Zeiten verschiedene Geistliche für seelsorgliche Anliegen zur Verfügung stehen und Beichtmöglichkeiten angeboten werden. Es gibt jedoch Orte, in denen es ein paar feste Termine jährlich gibt, meistens in den Fastenzeiten und dies nur bei einem Priester.

Ansonsten soll man Termine vereinbaren, was für viele eine höhere Hemmschwelle darstellt. Ich fuhr deshalb nach meiner Konversion oft längere Strecken zu Kirchen/Dome, weil dort noch Beichtstühle genutzt werden, ich kein sonderbares Novum bin, sondern mehrere Menschen beichten gehen und ich mich vorab informieren konnte, wer dort Beichte hört.

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» Trisa » Beiträge: 3292 » Talkpoints: 29,30 » Auszeichnung für 3000 Beiträge



Der Zweck einer Beichte soll ja sein, von seinen Sünden losgesprochen zu werden. Am Ende steht doch immer die Absolution mit einer Buße, die auferlegt wird. Meistens in Form von 10 Vaterunsern und 20 Gegrüßet seist Du Maria.

Und wenn die Gewissensbisse nach begangenem Mord dann einen doch zu sehr plagen, meint man, man könne sich in der Beichte einem Geistlichen anvertrauen. Dieser unterliegt ja dem Beichtgeheimnis.

Diese Institution "Beichte" finde ich genauso obskur und fadenscheinig wie die Fahrt nach Mekka für Moslems. Möglichst im Leben sich wie ein Schuft verhalten, dann, wenn sie Zeit kommt, wo man sich über sein Seelenheil mehr Gedanken macht, dann alles an Missetaten vergeben zu bekommen, um beruhigt in den Himmel auffahren zu können, wenn sein Stündlein vorhanden ist. Schöner Kuhhandel.

Schon Luther prangerte den Ablass an. Am Ende seiner 99 Thesen an der Wittenberger Schlosskirche stand da auch folglich "Tuet Buße". Man kann sich keinen gnädigen Gott erkaufen und erheischen, meinte Luther. Es ist eben Gnade, darauf hat man keinen Einfluss.

» Gorgen_ » Beiträge: 1155 » Talkpoints: 412,38 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Trisa, du solltest schon lesen, was ich schreibe. Denn solche schweren Sünden zu begehen, ist an sich kein Grund zur Beichte. Ich schrieb, ob du weißt, dass diese Menschen Todsünden beichten und bereuen können. Denn gerade die von dir kritisierten "Statistik-Katholiken haben doch gar nichts zu beichten.

Schließlich setzt die Beichte nicht nur eine mehr oder weniger Schwere Sünde voraus. Dazu muss in der Gewissenserforschung eben auch Einsicht, Reue und der Wille zur Besserung zu Tage treten. Erst dann ist der Weg in den Beichtstuhl angemessen, denn ohne diese Voraussetzungen ist die Absolution nicht vorgesehen.

Beichten und Beten als Buße reicht ohne Reue und Besserungsabsicht nicht aus. Und wenn ich gar nicht vorhabe, das Gotteshaus öfter als Weihnachten und Ostern zu betreten, dann brauche ich nicht zu beichten. Denn erlassen wird dann da gar nichts und der Weg zur Kommunion ist auch nicht freier als vorher.

» cooper75 » Beiträge: 13423 » Talkpoints: 517,99 » Auszeichnung für 13000 Beiträge


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