Waren Frauen früher emanzipierter als gedacht?

vom 06.09.2015, 20:45 Uhr

Ich lese derzeit eine Biographie von Marie Curie und bin teilweise überrascht darüber, wie emanzipiert die Frauen damals schon waren. Normalerweise wird einem häufig der Eindruck vermittelt, dass die Frauen im 19. Jahrhundert typische Heimchen am Herd waren, die nur heiraten wollten und dann mit den Kindern zu Hause saßen. Dies scheint aber nicht der Fall gewesen zu sein. So war Marie Curie nach ihrem Gymnasialabschluss sehr deprimiert, als sie als Gouvernante arbeiten musste. Ihr einziges Ziel war es Geld für ihre ältere Schwester zu sparen, damit diese nicht mehr als Hausfrau leben, sondern Medizin studieren konnte.

Die Curies waren nicht die einzigen die das triste Hausfrauen-Dasein fürchteten und für ein Studium sparten, Freunde und Bekannte waren nicht viel anders. An das Heiraten wurde meist erst nach dem Studium und nach der Promotion gedacht. Hättet ihr gedacht, dass Frauen um 1880 herum schon so emanzipiert waren? Ist es letztendlich allein die Schuld der Männer, dass Frauen so lange unterdrückt wurden, da es definitiv nicht ihr eigener Wille gewesen zu sein scheint?

» Crispin » Beiträge: 14916 » Talkpoints: -0,43 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



Ich glaube nicht, dass es ausschließlich die Schuld der Männer ist. Die Kirche hat auch ihren Anteil daran und rechtfertigt die Unterdrückung der Frau mit Versen wie "Der Mann ist das Haupt der Frau" oder "Die Frau ordne sich dem Manne unter". Da ist es doch kein Wunder, dass die Männer sich einbilden, Macht über die Frauen zu haben und immer das letzte Wort zu besitzen. Damals war die Religion ja auch viel wichtiger als heute.

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» Olly173 » Beiträge: 14700 » Talkpoints: -2,56 » Auszeichnung für 14000 Beiträge


Ich verstehe irgendwie nicht, weshalb du Frauen immer als irgendwie dümmlich, unterdrückt und als nutzlose Hausfrauen einordnen möchtest. Hattest du keinen Unterricht in Geschichte? Zuerst einmal müsstest du definieren, welche Frauen du meinst und welche Zeit. Das 19. Jahrhundert war lang.

Bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts war in Bürgertum und Adel die gebildete Frau gefragt. Viele bürgerliche Frauen haben ihren Lebensunterhalt selbst verdient. Sie waren beispielsweise als Journalistinnen aktiv. Es gab eine weit reichende Frauenbewegung.

Frauen führten das Haus und das gesamte Personal. Sie hatten die Schlüsselgewalt. Bei einem großen Haushalt ging es da durchaus um große Summen. Schon in der Antike und im Mittelalter war es üblich, dass Frauen die gesamte Verwaltung und Verteidigung des Familienbesitzes übernommen haben, wenn Männer im Krieg und auf Reisen waren. Das bedeutete durchaus weibliche Verwaltung für mehrere Jahre. Hilflose Dummchen waren nicht gefragt.

Erst ab Mitte des Jahrhunderts änderte sich das Klima für Frauen deutlich. Insbesondere die Medizin, die Theologie und die Philosophie veröffentlichten immer mehr Arbeiten, die zeigen sollten, dass eine Frau kein selbstständig denkendes Wesen sein kann und unter die Vormundschaft eines Mannes gehört. Ich empfehle dazu beispielsweise Möbius wundervolles Werk über den physiologischen Schwachsinn des Weibes.

» cooper75 » Beiträge: 13411 » Talkpoints: 515,76 » Auszeichnung für 13000 Beiträge



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