Wann und warum an falscher Entscheidung festhalten?
Jeder Mensch muss Entscheidungen treffen in seinem Leben, manche Entscheidungen waren dabei gut, andere wiederum waren eher schlecht und man bereut sie möglicherweise. Manche Entscheidungen lassen sich ja auch korrigieren, wenn sie nachweislich falsch waren. So könnte man sich zum Beispiel in einer Beziehung mit dem falschen Partner wieder trennen oder wenn man merkt, dass man sich finanziell und körperlich durch einen Hauskauf beispielsweise überfordert hat könnte man das Haus auch wieder verkaufen.
Sicherlich gibt es noch mehr Beispiele, aber spontan fallen mir nur diese beiden ein. Ich stelle aber fest, dass manche Menschen dann trotzdem an diesen falschen Entscheidungen festhalten und diese nicht korrigieren wollen selbst wenn diese Entscheidung (wie beim Hauskauf) ihnen (finanziell) das Genick brechen könnte. Wie ist das bei euch? Wann und warum würdet ihr an einer falschen Entscheidung festhalten? Findet ihr das nachvollziehbar?
Oh da habe ich auch zwei Beispiele.
Meine letzte Beziehung bzw. Ehe war so ein Fall. Wir haben uns im Internet kennen gelernt. Sie kam aus Österreich was von mir gut 900km weit weg war. Am Anfang war alles in Ordnung aber im Laufe der Zeit merkte ich dann schon hier und da mal, dass irgendwas nicht so gut ist wie es Anfangs schien. Sie ist irgendwann zu mir gezogen obwohl ich da auch schon gewisse bedenken hatte. Trotzdem hielt ich an dieser Entscheidung fest. Jetzt da sie bei mir wohnte, fühlte ich mich auch ein Stück weit verantwortlich für sie. Nach ein paar Jahren verstarb ihr Vater dann plötzlich mit grade mal 55 Jahren. Was meine Verantwortung für sie natürlich nicht kleiner werden lies. Kurz danach haben wir geheiratet. Danach veränderte sie sich. Hat nichts mehr getan zu Hause, stritt nur noch mit mir und saß nur noch vorm PC rum. Selbst in dieser Zeit habe ich an meiner Entscheidung festgehalten. Vor gut 2 Jahren habe ich es aber dann geschafft mich von dieser Entscheidung frei zu machen.
Das zweite Beispiel gibt mein Vater dazu. Er war damals sehr lange als Vorarbeiter auf der Zeche. Nach der Schließung bekam er eine gute Abfindung womit er beschloss ein Restaurant aufzumachen. Er kocht sehr gerne und auch verdammt gut. Aber der Zeitpunkt und die Lage seines Restaurant waren mehr als Bescheiden. Alle haben ihm dazu abgeraten oder zumindest kein Restaurant zu betreiben, sondern eher eine Kneipe. Ein paar Spielautomaten rein und ansonsten Kneipe. Wer dann trotzdem was essen will hätte es dann ja trotzdem tun können. Er das lange ignoriert und hielt an seiner Entscheidung fest. Als er sich dann doch eines Besseren belehren lassen musste und anfing aus dem Restaurant eine Kneipe zu machen, war es aber dann schon zu spät. Somit musste er seinen Traum dann doch aufgeben. Gut war, dass er es noch rechtzeitig erkannt hatte, bevor er halt in Schulden gesteckt hätte, wo er nicht mehr raus kam.
Ich denken dass man recht oft an Entscheidungen festhält, manchmal vielleicht sogar ohne es bewusst zu merken. Man will eben die Entscheidung die man getroffen hat, nicht so leichtfertig aufgeben, zumal es ja auch einen Grund für diese Entscheidung gegeben hat oder man zumindest überzeugt davon war, dass es richtig ist.
In meinem Fall würde ich meine Berufswahl als so eine falsche Entscheidung bezeichnen, an der ich wider besserer Erfahrungen immer noch festhalte. Obwohl der Beruf eigentlich nie zu mir gepasst hat, weil er weder zu meinen Interessen noch zu meinen Talenten passt, wurstele ich mich Jahr für Jahr weiter durch. Woran das genau liegt, kann ich nur zum Teil sagen. Vernunftgründe (im Sinne von "wer weiß, ob anschließend etwas Besseres käme"), Verantwortungsgefühle gegenüber meiner greisen Mutter, die sich mit Händen und Füßen an diese Berufstätigkeit ihres Sohnes klammert, sowie eine gewisse Gewohnheit.
Da gibt es sicher viele mehr oder weniger gute Gründe. Die wenigsten Menschen handeln immer (oder auch nur teilweise) strikt rational und logisch, auch wenn es sich viele einreden. Und dazu kommt noch die generelle Ungewissheit des Lebens, wie das schon erwähnte "Wer weiß, ob ich etwas Besseres finde" oder Geschichten von Leuten, die die gleiche Entscheidung getroffen haben und damit top glücklich sind oder bei denen sich doch alles zum Besten gewendet hat.
Außerdem gilt es ja als erstrebenswerte Eigenschaft, nicht immer gleich "aufzugeben", sodass bestimmt auch viele Leute in falschen Beziehungen oder Jobs ausharren, weil sie der Meinung sind, mit genügend Geduld und Beharrungsvermögen würde sich schon irgend etwas ändern oder weil sie sich nicht nachsagen lassen wollen, sie hätten "hingeschmissen" oder "versagt".
Dieser soziale Druck ist auch nicht zu unterschätzen. Natürlich kann man theoretisch jederzeit sein Leben auf den Kopf stellen, aber was macht man, wenn Familie und Freunde sich dann von einem abwenden, wenn sie der Meinung sind, dass man besser in einer lieblosen Ehe ausharren oder sich ohne Dank und Anerkennung für andere aufopfern soll, damit ihnen die Arbeit erspart bleibt? Nicht jeder hat die Courage oder auch den Dickschädel, völlig ohne Unterstützung bis hin zu massivem Widerstand von Leuten, die man eigentlich mag, seine Entscheidungen zu korrigieren.
Ich kann nicht mit einem Beispiel aus meinem eigenen Leben dienen, aber die psychologischen Gründe, die es für dieses Verhalten gibt kann ich schon nachvollziehen. Kurz gesagt - die Menschen, die an falschen Entscheidungen festhalten haben schon einiges in diese falschen Entscheidungen investiert und würden praktische diese Investitionen verlieren wenn sie sich nun plötzlich anders entscheiden würden.
Im Prinzip funktioniert das wie am Aktienmarkt. Du hast einiges an Geld in bestimmte Aktien investiert, der Kurs fällt und wenn du die Aktien dann verkaufen würdest, weil du merkst, dass der Kauf doch keine so gute Idee war, würdest du Geld verlieren. Also behältst du diese Aktien und hoffst auf steigende Kurse.
Gerbera hat geschrieben:Außerdem gilt es ja als erstrebenswerte Eigenschaft, nicht immer gleich "aufzugeben"
Oh ja, das stimmt. Ich erinnere mich noch daran, dass ich eigentlich zu Studienzeiten mein damals schon wenig geliebtes Studienfach aufgeben und einen Fachwechsel vornehmen wollte. Aber meine Eltern kamen dann regelmäßig mit dem "man darf nicht immer gleich aufgeben und muss auch einmal durchhalten"-Mantra. Generell galt in meiner Familie das "Durchbeißen" und "Zähne-Zusammenbeißen" als erstrebenswerte Tugend. Hätte ich damals zu einem anderen Studienfach gewechselt, dann hätte man das als Aufgeben bzw. Schwäche gewertet.
Oft ist es Gewohnheit, die Angst vor der Veränderung, die Angst in Not zu geraten oder schlichtweg Faulheit. Bei mir ist es die Angst an Veränderung, die mich jahrelang den gleichen Beruf ausüben ließ. Außerdem hatte ich Angst, mich mit den Behörden auseinanderzusetzen und in finanzielle Not zu geraten. Diese Angst verschwindet und ich werde langsam bereit für die Veränderung, auch wenn ich noch etwas Zeit benötige.
Es gibt viele Entscheidungen, die falsch sind, und an denen man festhalten muss, obwohl man weiß, dass sie falsch sind. Man kann dann nur das Beste daraus machen. Ein extremes Beispiel ist die Entscheidung für ein Kind. Die kann sich durchaus als falsch herausstellen, aber man trägt ja dann die Verantwortung dafür und kann sein Kind nicht einfach weggeben. Auch als Mann kann man die Entscheidung, etwa Geschlechtsverkehr ohne Kondom auszuüben, auch nicht einfach rückgängig machen. Man muss dann für sein Kind mindestens zwei Jahrzehnte zahlen und eventuell auf einiges verzichten.
Auch der Hauskauf ist vielleicht nicht ein so gutes Beispiel. Vielleicht ist der Verlust insgesamt größer, wenn man das Haus verkauft, als wenn man es behält. Meine falsche Entscheidung war auch die Berufswahl. Ich hätte mein Studium abbrechen sollen und eine Ausbildung, etwa als Schuhfachverkäuferin machen sollen. Ich hätte zwar weniger Geld, aber dafür viel weniger Verantwortung und Stress gehabt - sage ich jetzt mal so ganz naiv. Aber damals erschien es undenkbar, das Studium einfach aufzugeben und meine Eltern zu enttäuschen. Und später kamen die Kinder und die Verantwortung ihnen gegenüber. Der Beruf hat mir zwar keinen Spaß gemacht, aber er war die einzige Möglichkeit, genügend Geld zu verdienen, um die Kinder auch ohne Vater durchzubringen.
Ich war im Laufe der Zeit sehr unglücklich in meinen letzten Beziehungen, wobei es wirklich lange gedauert hat, bis ich es geschafft habe, mich zu trennen. Ich hatte einfach große Angst vor diesem Schritt und hatte befürchtet, diesen bereuen zu können. Von daher hatte ich lange Zeit so weitergemacht, zumal ich auch gehofft habe, dass es irgendwann wieder besser laufen könnte.
Auch als ich dann die Hoffnung aufgegeben habe und mir sicher war, dass sich nichts mehr zum Positiven hin an der Beziehung ändern würde, habe ich mich erst einmal nicht geraut, mich zu trennen, obwohl ich wusste, dass es falsch war, es nicht zu tun. Ich hatte aber Angst vor den Konsequenzen - alleine zu sein nach so vielen Jahren und möglicherweise niemanden mehr zu finden, der ähnlich gut zu mir passen würde.
Im Nachhinein weiß ich nun natürlich, dass das Quatsch ist. Allerdings denken ja leider viele Leute ähnlich. Oft hat man nun einmal Angst vor Veränderungen, vor allem dann, wenn diese groß sind. Und das ist ja bei einer Trennung durchaus der Fall, vor allem dann, wenn man viele Jahre zusammen ist.
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