Wann unangebracht, Mitgefühl zu fühlen oder zu zeigen?
Es kommt ja durchaus vor, dass man mit seinen Mitmenschen mitfühlt und das Mitgefühl vielleicht auch zeigt. In welchen Situationen wäre das aber in euren Augen absolut kontraproduktiv und daher gar nicht angebracht? In welchen Situationen habt ihr schon euren Mitmenschen Mitgefühl gezeigt, wobei sich das als Fehler herausgestellt hat? Oder meint ihr, dass Mitgefühl zu zeigen niemals ein Fehler sein kann?
Es spielt sicherlich eine Rolle, ob man Mitgefühl zeigt oder Mitleid. Viele Menschen finde es ja schlimm, wenn sie bemitleidet werden. Das würde ich dann auch berücksichtigen. Etwas Mitgefühl ist sicherlich nicht schlimm und zeigt einem ja auch oft nur, dass man verstanden wird und eben nicht alleine ist. Es gibt sicherlich auch verschiedene Möglichkeiten um sein Mitgefühl zum Ausdruck zu bringen. Ich würde das zum einen von der Situation abhängig machen, aber auch von der Person, die es eben betrifft.
Ich finde, dass du grundsätzlich "fühlen" kannst, was du willst. Gefühle sind rein subjektiv und von so vielen Faktoren abhängig, dass es nur sehr begrenzt Sinn macht, diese reglementieren zu wollen. Ich bin sicher, jeder von uns hat zum Beispiels schon mal in ohnmächtigem Zorn die Fäuste geballt und wegen absoluter Nichtigkeiten Pest und Cholera auf irgendwelche Mitmenschen herab beschworen. Der Straßenverkehr liefert da zahllose Anlässe.
Aber den Umgang mit Gefühlen aller Art kann man sehr wohl regulieren, sprich unter anderem, ob man sie auslebt und das eigene Handeln danach ausrichtet oder nicht. In diesem Zusammenhang differenziere ich nach wie vor, wie schon oft erwähnt, zwischen Mitgefühl und Mitleid und finde generell, dass es im Alltag nur in Extremfällen angebracht ist, gegenüber anderen "Mitleid" zu zeigen. Vielleicht, wenn dein Kind sich das Knie aufgeschlagen hat, aber bei Erwachsenen?
Ich bin mir sicher, dass Menschen mit Behinderungen hier unzählige Anekdoten bringen könnten, wie oft man ihnen schon mitleidig den Kopf getätschelt oder ihnen "gut zugeredet" hat, oder den Kindern erzählt, wie arm der arme Mensch doch dran sei, weil er/sie "an den Rollstuhl gefesselt ist". Aber was bringt diese Form des "tätigen Mitleids" den Betroffenen? Gar nichts, außer Demütigung und der Erinnerung daran, dass sie in den Augen vieler armselige, defekte Würstchen sind.
Mitgefühl ist für mich dagegen eine Grundlage für sinnvolles Handeln. Wenn ich mich in einen Mitmenschen insofern hineinversetzen kann, dass ich mir vorstellen kann, dass derjenige vielleicht auch ins Rathaus oder in den Bus möchte, ohne dass ihn jemand hochhebt, setze ich mich vielleicht für Barrierefreiheit im öffentlichen Raum ein. Oder ich spende für Hilfsorganisationen. Aber auch hier finde ich nicht, dass man aller Welt zeigen muss, was für ein mitfühlender Mensch man doch sei, weil man für obdachlose Menschen Socken strickt oder was auch immer.
Ich denke Mitgefühl kann man so gut wie immer zeigen. Wie schon von den anderen hier gesagt, gibt es ja einen Unterschied zwischen Mitgefühl, also Empathie, und Mitleid. Mitgefühl kann man ja in nahezu jeder Situation haben, egal ob es sich um etwas Positives oder etwas Negatives handelt und Mitgefühl kann man auch mit Menschen haben die man gar nicht kennt. Zum Beispiel Mitgefühl mit Mensch die leiden oder die sich über etwas ganz besonders doll freuen.
Bei Mitgefühl gegenüber fremden Menschen kann man ja auch gut von Empathie sprechen, also der Fähigkeit sich in jemand anderen (auch jemand Fremden) hineinzuversetzen und das nachzuempfinden, was die Person fühlt. Bei Menschen die man persönlich kennt, ist die Empathie natürlich noch größer, weil man die Person besser kennt, ihr Leben besser kennt und sie wahrscheinlich auch gern hat. Das verstärkt das Mitgefühl natürlich.
Ich glaube Mitgefühl ist sehr selten unangebracht, vielleicht wenn man zu heftig reagiert oder die Situation gar nicht so viel Mitgefühl bedarf. Empathie ist, jedenfalls für mich, etwas, was den Menschen sehr menschlich macht. Empathie ist etwas sehr Positives und macht eine Person sehr sympathisch und liebenswert.
Ich glaube als aufmerksamer Mensch kann man sehr gut einschätzen, in welchen Situationen es wie viel und welche Art von Mitgefühl braucht. Da braucht man sich, denke ich, nicht zu viele Gedanken machen, dass man zu viel Empathie zeigen könnte. Wenn man doch mal nicht weiß, was in einer Situation angebracht ist, kann man ja auch einfach mit seinem Gegenüber drüber reden und fragen ob die eigene Reaktion zu heftig war oder zu schwach. Aber meistens merkt man das ja selbst!
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