Wann Kinder bei der Erziehung auf den Tod vorbereiten?

vom 31.12.2016, 07:22 Uhr

Mein Arbeitskollege hatte vor einigen Monaten seine Frau verloren, die an Krebs verstorben ist. Er schien den Todesfall ziemlich schnell verarbeitet und weggesteckt zu haben, wobei ich mich damals natürlich erkundigt habe, wie es denn den beiden Kindern geht und ob diese den Todesfall gut verkraftet haben.

Daraufhin meinte mein Arbeitskollege, dass seine Kinder sehr gut damit klarkommen würden. Denn er und seine Frau hätten den Kindern von klein auf beigebracht, dass das Leben teilweise sehr gemein und unvorhersehbar sein kann und dass man jederzeit mit einem Todesfall (auch der Eltern) rechnen müsste. Daher wären die Kinder schon vorher darauf vorbereitet worden und der Schock war eben nicht so groß.

Ich kenne das eher so, dass Eltern ihre Kinder auf den Tod vorbereiten bzw. mit ihnen darüber sprechen, wenn es dafür auch einen Anlass gibt. Beispielsweise wenn der Hund gestorben ist oder das Meerschweinchen. Aber so ganz ohne jede Form von Konfrontation (die gab es nicht, ich habe ihn gefragt) finde ich das doch eher ungewöhnlich. Wie seht ihr das? Würdet ihr euren Nachwuchs nur dann auf den Tod vorbereiten, wenn es einen konkreten Anlass gibt? Oder würdet ihr das so machen wie mein Kollege bei seinen Kindern? Was findet ihr besser und warum?

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» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge



Ich bin als Kind durch den Tod meiner Haustiere damit konfrontiert worden und fand das auch in Ordnung so. Natürlich würde ich auch Fragen meiner Kinder dies bezüglich beantworten, wenn sie denn eben welche stellen würden. Ansonsten würde ich es auch darauf ankommen lassen und vielleicht erst mit ihnen darüber sprechen, wenn es jemanden in der Familie gibt, der schwer krank ist oder es zu einem Todesfall gekommen ist.

In Falle deines Kollegen könnte ich mir auch durchaus vorstellen, dass man so die Angst der Kinder schürt, dass sie ihre Eltern plötzlich jeder Zeit verlieren könnten. Denn du schreibst ja, dass der Kollege seinen Kindern früh schon erklärt hat, dass sie auch plötzlich ihre Eltern verlieren könnten. Das finde ich nun eher nicht so geschickt und würde das sicherlich nicht so machen.

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» Nelchen » Beiträge: 32238 » Talkpoints: -0,25 » Auszeichnung für 32000 Beiträge


Nur weil jemand den Eindruck erweckt, dass er den Tod der Frau und Mutter seiner Kinder (oder sonst einer nahestehenden Person) "schnell weggesteckt" hat, muss das noch lange nicht den Tatsachen entsprechen. Äußerlich hat man mir auch nach einer Woche schon nichts mehr angemerkt, und auch während der Krankheit und des langen Sterbens meiner Mutter wussten nur ganz wenige Leute davon, wie es in mir aussieht. Nicht jeder trägt seine Gefühle auf dem Revers, aber das heißt nicht, dass man alles verarbeitet und verkraftet und weggesteckt hat, nur weil man seiner Arbeitskollegin nichts vorweint.

Aber davon abgesehen bin ich skeptisch, ob es eine gute Idee ist, wirklich kleinen Kindern, die noch voll von ihren Eltern abhängig sind, an ihnen hängen und im Idealfall in einer halbwegs heilen Welt leben, quasi prophylaktisch schon zeitnah einzureden, dass Mama und Papa jederzeit den Löffel abgeben können und dass sie dann im Waisenhaus landen oder bei der ungeliebten Tante Edith. Ein gewisses Grundvertrauen und zumindest die vorübergehende Gewissheit, dass die Eltern auf einen aufpassen und immer für einen da sind, während sich die Erfahrung von Tod und Vergänglichkeit allmählich über unterschiedliche Erfahrungen in die Psyche schleicht, erscheint mir sinnvoller und besser für die Entwicklung einer gesunden Persönlichkeit, als quasi schon im Kindergarten mit der Tür ins Haus zu fallen.

Schließlich ist es normalerweise nicht übermäßig wahrscheinlich, dass Eltern sterben, während die Kinder noch klein sind, auch wenn es vorkommt. Aber wenn man alle Eventualitäten immer einbezieht, müsste man seinen Kindern auch einreden, dass auch sie Krebs kriegen und niemals auch nur in die Pubertät kommen könnten, oder morgen schon von einem Auto überfahren oder im Gartenteich ertrinken können, und das macht natürlich auch nicht jeder. Hoffe ich zumindest, obwohl das etliche psychische Störungen erklären könnte.

Anders sieht es natürlich aus, wenn ein Elternteil lange krank ist und zumindest die Möglichkeit im Raum steht, dass die Krankheit nicht heilbar ist. Gerade mit Krebs kann man sich über viele Jahre herumschlagen, bis es endgültig nicht mehr geht. Gerade kleinere Kinder kennen es dann oft nicht anders, als dass Mama und Papa behandelt werden müssen und oft nicht fit sind. In diesen Fällen sehe ich es schon als sinnvoll an, dass man über diese Situation spricht und auch Fragen beantwortet.

Aber bei kerngesunden Leuten in den Zwanzigern oder Dreißigern erscheint es mir persönlich übertrieben, dem Nachwuchs schon im Grundschulalter zu vermitteln, dass er oder sie prinzipiell Gefahr läuft, Mama oder Papa zu verlieren, auch wenn es gar keine Anzeichen dafür gibt.

» Gerbera » Beiträge: 11335 » Talkpoints: 53,75 » Auszeichnung für 11000 Beiträge



Kinder können dies doch recht besser wegstecken als Erwachsene. Das habe ich im letzten Jahr schon an meinem Neffen gemerkt, der mit 6 Jahren seinen Vater verloren hat. Während die Erwachsenen doch recht lange an diesem Schicksalsschlag zu knabbern hatten, hat der Kleine es doch sehr gut weggesteckt, auch wenn ihm der Vater sicherlich auch fehlt. Wenn man den Kindern dies gut erklärt, kommen sie mit so einem Todesfall bestimmt recht schnell klar. Aber ein großer Verlust ist es trotzdem. Der Vater war gerade mal 42 Jahre alt und wurde von heute auf morgen einfach aus dem Leben gerissen.

» kowalski6 » Beiträge: 3399 » Talkpoints: 154,43 » Auszeichnung für 3000 Beiträge



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