Wann ist Vermenschlichung des Haustiers krankhaft?

vom 22.05.2017, 12:40 Uhr

Ich höre, sehe und erlebe immer wieder mit, wie Menschen ihre Haustiere vermenschlichen. Da werden dann eigene Bedürfnisse auf den Hund projiziert und nur weil man selbst Vegetarier ist, will der Hund das auf einmal auch und fühlt sich "unwohl", wenn der Hund dann eben Fleisch essen soll. Oder man setzt der Katze Katzenwein vor, weil sie sich ohne nicht amüsieren kann. Oder man behandelt sein Haustier wie eine Art Ersatz für das eigene Kind, bemuttert es und verhält sich überfürsorglich.

Ich finde es grundsätzlich unnormal, wenn Tiere vermenschlicht werden. Ein Mensch kann doch gar nicht aus eigener Erfahrung wissen, welche Bedürfnisse und Wünsche ein Tier hat. Aus eigener Erfahrung wird ein Mensch das nie sagen können. Deswegen aber anzunehmen, dass ein Tier die Wünsche und Bedürfnisse hat, die ein Mensch gerne sehen würde finde ich nicht richtig und schon fast krankhaft.

Wo ist für euch persönlich die Grenze? Wann findet ihr die Vermenschlichung des Haustieres unnormal und krankhaft und würdet eine Therapie empfehlen? Oder findet ihr eine Vermenschlichung gar nicht schlimm, solange niemand dabei zu Schaden kommt? Entsteht beim Tier nicht irgendwo auch ein psychischer Schaden, wenn man das Tier so vermenschlicht? Gerade bei dem Beispiel mit der vegetarischen Ernährung beim Hund sind die gesundheitlichen Folgen nicht zu unterschätzen finde ich.

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» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge



Ich sehe das ganz ähnlich wie du und denke auch, dass es wirklich kritisch wird, wenn die Gesundheit und das Wohl des Tieres unter der Vermenschlichung leidet. Es ist einfach nicht gesund für einen Fleischfresser, wenn dieser eben vegetarisch ernährt wird. Wobei man bei einem Hund sicher bald schon von einem Allesfresser sprechen kann.

Ich denke einfach, dass das Tier noch ein Leben haben sollte, dass tiergerecht und lebenswert für es ist. Ein Hund muss sich auch mal schmutzig machen dürfen und eben Hund sein. Genauso wie eine Katze auch manche Bedürfnisse hat. Wenn ich da sehe, dass Hunde gefärbtes Fell haben, Kleidchen tragen und lackierte Nägel haben und dann noch ständig herum getragen werden, würde ich den Besitzern doch wirklich gerne eine Therapie empfehlen.

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» Nelchen » Beiträge: 32238 » Talkpoints: -0,25 » Auszeichnung für 32000 Beiträge


Ich würde Nelchen da zustimmen, Vermenschlichung ist dann ein Problem, wenn sie einen Schaden verursacht. Es wird meine Degus nicht stören, falls ich mich mal scherzhaft als ihre "Mama" bezeichne, genauso hatten meine Gasthunde sicher kein Problem damit, dass ich auf die Frage, ob ich denn Gastgeschwister hatte, immer mit "Ich hatte Hunde" geantwortet habe. Das war zwar ohnehin nur im Scherz gesagt, aber andere können ja nun meine Gedanken auch nicht lesen.

Wenn jemand dagegen behauptet, eine Katze wolle nun Veganer sein, ist das ein viel größeres Problem. Katzen sind Fleischfresser, die wollen auch Fleisch haben und sich nicht von Gemüse ernähren. Ebenso wird ein Meerschweinchen sicher nicht im Auto zu einem Meerschweinchentreffen fahren wollen, um Kontakte zu knüpfen, wie ein Mensch das vielleicht machen würde, sondern wäre im Gegenteil nur sehr gestresst davon.

Mit anderen Vermenschlichungen sehe ich dagegen weniger Probleme. Solange die Farbe ungiftig ist und es den Hund nicht stört, können die Leute von mir aus auch ihre Pudel pink färben. Genauso Kleidung, solange die Tiere damit kein Problem haben, ist es in Ordnung. Natürlich wird es das Tier in den allermeisten Fällen auch nicht stören, wenn es nicht gefärbt und "nackig" ist, aber solange man ein Tier, dem die Sache unangenehm ist, nicht dazu zwingt, soll es mir egal sein.

» Kalu-chan » Beiträge: 718 » Talkpoints: 11,85 » Auszeichnung für 500 Beiträge



Ich ziehe die Grenze da schon eher und wenn jemand den Hund als sein Kind ansieht und sich diesen als "Mama" vorstellt, dann haben die Leute doch schon ein Rad ab und das ganze soweit vermenschlicht. Der Rest kommt dann doch ganz von alleine mit dem Futter welches Bello futtern muss damit er Happy ist, die lackierten Krallen, die Kleidchen und Co.

Wenn man nun sagt, dass ein Hund doch keinen Schaden nimmt wenn er bunt gefärbt durch die Welt rennt oder dauerhaft an ihm gezuppelt wird und es nur schlimm ist wenn er nur noch Gurke in den Napf bekommt, der irrt. Auch ein Hund hat kein Bedarf daran in Kleidchen gesteckt zu werden, denn damit kann er auch seine natürliche Temperaturregelung nicht mehr betreiben bzw. ist diese bereits eingeschränkt. Er muss nicht direkt tot umfallen deswegen, aber toll und angenehm ist es alles andere auch wenn er nicht beißt und sitzen bleibt wie man es ihm beigebracht hat.

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» Sorae » Beiträge: 19435 » Talkpoints: 1,29 » Auszeichnung für 19000 Beiträge



Ich finde so etwas geht ganz schnell, wenn man das Tier nicht mehr als Tier sieht, sondern als Kinderersatz oder was auch immer. Ein Tier sollte ein Tier bleiben und keine extra lieb gemeinte Menschennahrung bekommen, einen extra Platz im Bett oder was auch immer. Teilweise ist das ja auch sehr gesundheitsgefährdend für das Tier, wenn es alles mitessen darf und da gar kein normales Futter mehr bekommt.

Auch Tiere, die nicht mehr selber laufen dürfen, die besonders verkleidet werden und so weiter fallen für mich darunter. Ein Hund beispielsweise will sich ja bewegen, wenn er nicht gerade Einschränkungen hat.

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge


Ehrlich gesagt habe ich eine grenzwertige Vermenschlichung eines Haustieres bei meiner Mutter beobachtet, wobei das zum Glück schon lange her ist. Als ich Student war, besaßen meine Eltern eine Katze, und irgendwie tendierte meine Mutter dazu, die Katze wie eine Art Kleinkind oder Enkelersatz zu behandeln.

Das Tier wurde massiv verwöhnt, gehätschelt und nahezu bei jedem Mauzen gefüttert, was zu Verhaltensstörungen und starker Gewichtszunahme geführt hatte. Im Lauf der Zeit entwickelte sich die Katze zu einem fast tyrannischen Tier, das einen auch nachts nicht schlafen ließ, wenn sie nicht sofort gefüttert wurde. Sie warf sich lautstark gegen Türen, selbst wenn sie abgeschlossen waren und randalierte regelrecht, wenn sie keine Aufmerksamkeit bekam. Meine Mutter verhielt sich im Umgang mit der Katze immer auffällig kindisch und sprach mit dem Tier in einer Dutzidutzi-Sprache.

Obwohl die Katze jetzt schon seit etwa 20 Jahren tot ist, steht immer noch ein Porträt von ihr im Wohnzimmerschrank, fast so, als ob es ein Familienmitglied gewesen wäre.

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» lascar » Beiträge: 4482 » Talkpoints: 792,20 » Auszeichnung für 4000 Beiträge


Ich bin mit dem Urteil "krankhaft" generell nicht schnell bei der Hand. Nur weil mir eine Marotte oder ein Hobby nicht gefällt oder ich gewisse Verhaltensweisen anderer Primaten nicht nachvollziehen kann, heißt das ja noch lange nicht, dass es sich um "krankhaftes" Verhalten handelt. Es gibt viele harmlose, wenn auch leicht exzentrische Spleens und Interessen, und umgekehrt wäre ich auch nicht begeistert, wenn jemand meine Vorliebe für True Crime Podcasts oder die Tatsache, dass ich mit meinen Zimmerpflanzen rede, als "krankhaft" bezeichnet.

Dass Haustiere als Kindersatz und Gesellschaft herhalten müssen, ist ja auch wahrhaftig nichts Neues und solange die Viecher bei guter Gesundheit bleiben, sehe ich kein großes Problem darin. Natürlich nervt es mich auch, wenn ich irgendwo zu Gast bin, und alles ist voller Katzenhaare, Miezi darf auf dem Tisch rumlaufen und Wauzi die Krümel vom Boden auflecken und überall rumschleimen. Aber das ist bisher nur extrem selten vorgekommen, und bei Licht besehen geht es mich auch herzlich wenig an, welche Marotten meine Mitmenschen im Privatleben pflegen. So lange - wie gesagt - sich das Leiden in Grenzen hält.

» Gerbera » Beiträge: 11332 » Talkpoints: 52,90 » Auszeichnung für 11000 Beiträge



ich denke halt, dass das eine oder andere vermenschlichende Verhalten im Umgang mit Haustieren den Bedürfnissen der Tieren nicht gerecht wird, und sie vielleicht eher darunter leiden. Wenn das Tier kugelrund gefüttert oder in unbequeme Klamotten gesteckt wird, dann würde ich vermuten, dass das Tier sich eher nicht so wohl fühlt, und dann hat die "Marotte" halt auch Auswirkungen auf das Tier selbst.

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» lascar » Beiträge: 4482 » Talkpoints: 792,20 » Auszeichnung für 4000 Beiträge


lascar hat geschrieben: Wenn das Tier kugelrund gefüttert oder in unbequeme Klamotten gesteckt wird, dann würde ich vermuten, dass das Tier sich eher nicht so wohl fühlt, und dann hat die "Marotte" halt auch Auswirkungen auf das Tier selbst.

Zweifelsohne, und natürlich heiße ich eine nicht wenigstens halbwegs artgerechte Haustierhaltung auch nicht gut. Aber hier geht es ja um "krankhafte Vermenschlichung" eines nicht-menschlichen Lebewesens. Ich finde, "nur" weil man beispielsweise ein Tier viel zu fett füttert und auf dem Küchentisch herumtanzen lässt, handelt es sich nicht zwangsläufig um "Vermenschlichung".

Dagegen sehe ich es eher als Vermenschlichung an, wenn man einem simpel gestrickten Geschöpf wie einer Hauskatze "tyrannisches" oder sonst wie manipulatives Verhalten unterstellt. Klar nervt ein schlecht erzogenes Lebewesen, aber eine Katze hat beispielsweise gar nicht die Denkkapazität, jemanden zu "tyrannisieren", sondern verhält sich eben so, wie sie es durch positive Verstärkung gelernt hat.

Und umgekehrt finde ich es zwar manchmal etwas befremdlich, aber nicht unbedingt "krankhaft", wenn jemand seine Tiere zwar fachkundig hält, aber ihnen spaßeshalber menschliche Züge andichtet und beispielsweise ihren Geburtstag als Anlass für geselliges Beisammensein nimmt oder ihnen, obwohl garantiert nicht christlich, ein Weihnachtsgeschenk kauft und einpackt. Da entsteht in meinen Augen nun wirklich kein Schaden.

Und es ist ja nicht so, dass jeder degenerierte Wohnzimmerfiffi die unverfälschten Bedürfnisse eines Wolfs hat, was Auslauf, Jagdinstinkt und Rudelverhalten angeht. Viele Haushunderassen sind ja von Vornherein als Kindersatz und Familienmitglied gezüchtet, frieren im Winter ohne Mäntelchen und fühlen sich auf dem Sofa erheblich wohler als im Wald oder beim Schafehüten.

» Gerbera » Beiträge: 11332 » Talkpoints: 52,90 » Auszeichnung für 11000 Beiträge


Gerbera hat geschrieben:Dagegen sehe ich es eher als Vermenschlichung an, wenn man einem simpel gestrickten Geschöpf wie einer Hauskatze "tyrannisches" oder sonst wie manipulatives Verhalten unterstellt.

Sollte sich das auf meinen Satz von "fast tyrannischen" Verhaltensweisen der Katze beziehen? Es war nicht so gemeint, dass der Katze tyrannisches oder gar manipulatives Verhalten im engeren Sinne eines menschlichen Charakterzugs andichten wollte.

Es sollte einfach nur beschreiben, dass die Katze im Lauf der Jahre Gewohnheiten entwickelt hatte, die eine leicht "tyrannische" Wirkung auf die Hausbewohner hatten (z.B. häufiges, lautstarkes Mauzen und Herumhüpfen, gegen Türen springen, auf Türklinken springen und Türen öffnen, schlafenden Personen auf den Körper und aufs Gesicht steigen). Ich hoffe, es konnte geklärt werden, dass ich nicht die Absicht oder Ansicht hatte, der Katze menschliche Charakterzüge anzudichten.

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» lascar » Beiträge: 4482 » Talkpoints: 792,20 » Auszeichnung für 4000 Beiträge


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