Wann ist übersteigertes Geltungsbedürfnis krankhaft?

Es gibt Menschen, die haben einfach ein übersteigertes Geltungsbedürfnis und müssen immer und überall im Mittelpunkt stehen. sind sie mal nicht im Mittelpunkt, dann reagieren sie ziemlich sauer und drängen sich schnell wieder in den Mittelpunkt. Ich denke, dass jeder in seinem Leben einem Menschen begegnet, der so ist und manchmal fragt man sich, ob es schon krankhaft ist.

Wann würdet ihr ein Geltungsbedürfnis als schon krankhaft bezeichnen und wann denkt ihr, ist es noch völlig normal? Kennt ihr solche Menschen und kommt ihr mit solchen Menschen klar? Wie geht ihr mit solchen Menschen um?

Ich habe mit solchen Menschen, die gern im Mittelpunkt stehen eigentlich so gar keine Probleme. Warum denn auch? Jeder Jeck ist anders, wie der Kölner sagt. Und wenn es doch sonst ein liebenswerter Mensch ist, ist doch alles gut. Meistens sind solche Menschen ganz tolle Unterhalter. Alles was sie zum Beispiel am Wochenende erlebt haben, wird in Geschichten verpackt. Und es macht doch richtig Spaß, denen zuzuhören.

Ich kenne auch eine Kollegin, die ein hohes Mitteilungsbedürfnis hat und daher auch recht laut spricht. Alle lauschen ihr gebannt und lachen hin und wieder. Warum denn auch nicht, wenn man selbst nicht so spannend und mitreißend erzählen kann, lauscht man halt mal ergeben. Meistens liegt es auch in der Erziehung des Menschen, dass er ständig auf sich aufmerksam machen muss.

Ich kenne da eine junge Frau schon seit Babyzeiten. Sie war in der Kinderkrippe und im Kindergarten immer bei den Erziehern anzutreffen. Auf Klassenfotos stand sie immer neben der Lehrerin. Als wir Kindergeburtstag feierten, kam sie als Gast und zwar erst einmal weinend und schluchzend. Der Papa erzählte, dass ihr Onkel heute wieder abreiste und sie daher sehr traurig war. Was also passierte erst einmal? Wir nahmen sie erst einmal in die Mitte und trösteten sie. Irgendwann war es dann aber auch wieder gut, zum Glück. Da konnte man doch ganz gut erkennen, wer so ein Verhalten förderte. In dem Fall war es der Papa, der uns das traurige Kind übergab und mit wichtiger Miene die Gründe aufzeigte.

Ich denke einfach, dass solche Menschen etwas unsicherer sind als andere, die auch mal getrost am Rande stehen können. Haben sie nicht ständig Input und Feedback sind sie sich ihrer selbst einfach nicht sicher. Krankhaft kann ein so ein Verhalten natürlich auch sein. Man spricht ja auch von Geltungssucht. In dem Fall ist der Mensch vielleicht manisch oder hat eine andere psychische Störung. Dann hilft es ja nichts, dann muss man ihn halt machen lassen, er hat es ja nicht im Griff. Hält man es nicht mehr aus, geht man eben aus der Situation heraus.

Ich bin wahrscheinlich nicht qualifiziert, allgemein sagen zu können, wo "Macke" aufhört und "psychische Krankheit" anfängt. Nur weil mich jemand bis aufs Blut nervt, heißt es ja noch lange nicht, dass die Arroganz, Taktlosigkeit oder eben auch das Aufmerksamkeitsbedürfnis der entsprechenden Person "krankhaft" ist, oder ob der Mensch einfach nur von Natur aus nervt. Oft sind es ja auch rein subjektive Kriterien: Was für den einen laut und aufdringlich ist, interpretiert jemand anders als freundlich und gesellig und käme gar nicht auf die Idee, hier etwas Krankhaftes zu sehen.

Meines Wissens muss in jedem Fall so etwas wie Leidensdruck im Spiel sein, damit eine Macke im Verhalten oder Charakter als krankhaft definiert werden kann. Sprich, wenn sich die betreffende Person für eigentlich ganz nett und völlig normal hält und gar nicht merkt, dass andere Leute ein negatives Urteil über sie fällen, gibt es nur in seltenen Fällen etwas zu diagnostizieren bzw. zu behandeln. Ich kenne ein paar Zeitgenossen, die sich quasi schon ihr ganzes Leben lang fragen, wieso es niemand lange mit ihnen aushält und warum immer alle so gemein zu ihnen sind. Dass es sich dabei um unerträgliche Wichtigtuer handelt, ist ihnen selber absolut nicht bewusst. Und ich weiß auch nicht, ob das schon krankhaft ist oder einfach nur von einer legendären Unfähigkeit zur Selbstreflexion zeugt.