Wann habt ihr Probleme von Du zu Sie zu wechseln?

Ich habe in meinem Berufsleben einige Arbeitgeber gehabt, die ich auch fast alle mit Sie angesprochen habe. In einem Fall kannte ich meine Chefin schon länger und habe sie mit Du kennen gelernt und wir sind, als sie mich anstellte, auch beim Du geblieben. In einem anderen Fall wurde mir nach Jahren das Du angeboten, da war allerdings noch nicht klar, dass ich wieder in dem Betrieb anfangen würde. Als ich dort wieder berufstätig wurde, bat mich meine Chefin, sie im Beisein von Kunden bitte mit Sie anzusprechen, weil sie fand das klingt besser. Was mir irgendwie damals sehr schwer fiel, von dem Du hinter den Kulissen auf ein Sie vor der Kundschaft zu wechseln.

Ich hatte eine Klassenkameradin, die mit mir die Fachoberschule besuchte. Wir hatten damals alle schon eine abgeschlossene Ausbildung und waren somit auch alle schon volljährig. Sie hat gelegentlich im Büro ihres Vaters ausgeholfen und unter anderem auch mal Kaffee serviert, wenn Geschäftskunden anwesend waren. Einer der Kunden hat sich daran gestört, dass sein Geschäftspartner, also der Vater meiner Klassenkameradin, seine Angestellte duzt und mit Vornamen anspricht. Seit dem hat der Vater sie im Beisein von Kunden mit Sie und ihrem Nachnamen angesprochen. Wobei meine Klassenkameradin das irgendwie ziemlich doof fand, aber ihr Vater sich wohl problemlos in die Rolle einfinden konnte.

Mir selbst fällt es schwer, jemand nur zu Siezen, weil man gerade beruflich miteinander zu tun hat. Wie eben in dem Beispiel mit meiner Chefin, die mich nach dem Angebot sie zu Duzen wieder einstellte und im beruflichen Rahmen das Sie einforderte. Auch wenn mich nun ein Freund oder jemand den ich schon ewig kenne und duze einstellen würde, würde es mir schwer fallen, den anderen nun mit Sie anzusprechen. Säße mir bei einer wichtigen Bankangelegenheit ein Klassenkamerad gegenüber, würde es mir auch schwer fallen, diesen nun mit Sie anzusprechen. Ich habe da echte Probleme mit, wenn ich jemand in manchen Situationen Siezen soll und ansonsten eben Du sagen darf oder soll.

Ich höre aber immer wieder, dass es viele Menschen gibt, die das eben machen. Sich privat duzen, aber sobald man geschäftlich miteinander zu tun hat, geht man zum förmlichen Sie über. Wobei ich mir aber sicherlich auch komisch vorkommen würde, wenn ich nun sagen wir als Bankangestellte hinter dem Schalter stehen würde und ein erwachsener Mann rein kommt, der mich kennenlernte als er ein Kind war und der mich früher duzte und der dann quer durch die Filiale Hallo LittleSister brüllen würde. Trotzdem könnte ich es natürlich verstehen, da es mir andersherum ja auch schwer fallen würde, da nun jemand zu Siezen, den ich ewig kenne und bisher geduzt habe, beziehungsweise in meinem bisherigen Leben immer geduzt habe.

In welchen Situationen habt ihr Probleme, von dem gewohnten Du zu dem distanzierten und förmlichen Sie zu wechseln? Oder könnt ihr da jederzeit switchen? Oder bleibt ihr generell bei der Anrede, die ihr bisher gewohnt wart, weil ihr es problematisch findet, ständig eine andere Anrede benutzen zu müssen?

Ich hatte noch nie das Problem, dass ich privat mit jemanden per Du war und öffentlich aber die förmliche Anrede genutzt wurde. Aber ich würde wahrscheinlich dann komplett zum Sie zurück kehren. Wobei es hier in der Gegend sowieso recht schnell zum Du kommt und man fast schon irritiert ist, wenn man doch mal mit Sie angesprochen wird. Von daher würde man sich auch kaum daran stören, wenn man als Chef quasi die Aushilfe mit Du anredet.

Ich kenne aber bei meinen Eltern die Situation, dass die Vorgesetzten bei Feierlichkeiten gern mal recht schnell mit dem Du um sich geworfen haben. Mein Vater blieb dann meist beim Du, aber meine Mutter hat dann am nächsten Tag wieder das Sie genutzt.

Ich stelle es mir schon recht schwierig vor, wenn man von einem Du zu einem Sie wechseln muss, nur weil des der Form halber so besser erscheint. Mir fällt es allgemein schon schwer, wenn mir von heute auf morgen ein Du angeboten wird und ich dieses dann auch nutzen soll. Auch wenn ich einen Menschen sehr lange kenne, aber eben nicht privat mit ihm zu tun habe, dann ist mir ein Du sehr unangenehm und ich versuche es dann auch irgendwie mit Hilfe geschickter Satzstellungen zu umgehen.

Wenn man sich nun aber schon ewig kennt, dann dürfte die umgekehrte Form ähnlich schwer und vielleicht auch unangenehm sein. Sobald allerdings der berufliche Teil des Tages um ist, würde ich dann auch schnell wieder zur gewohnten Form übergehen, weil es eben einfacher und angenehmer ist. Das funktioniert allerdings eben nur von Sie zu Du. Andersherum schließt sich das ja wohl aus.

Manchmal passt das du einfach nicht. Mein Mann hat zum Beispiel lange auf der Autobahn gearbeitet. Nun kannte er manche Polizisten persönlich, da sie bei uns im Ort wohnten. Auch mit ihnen war er privat und wenn keine Kunden dabei waren per Du. Doch sobald Kundschaft anwesend war, siezte er sie. Wie schaut das denn für einen Kunden aus, wenn ein Abschlepper einen Beamten, den er "zufällig" auf der Autobahn trifft einfach duzt?

Ich kenne diese Situation auch ganz gut. In dem Unternehmen in dem ich arbeite hat vor einiger Zeit auch die Tante einer sehr guten Freundin gearbeitet. Privat kenne ich diese schon sehr lange und wir haben uns immer geduzt. Im Büro allerdings hielt sie das Du für unangebracht, gerade weil ich neu war und sie sozusagen meine direkte Vorgesetzte war. Ich fand das immer etwas schwierig. An das "Sie" im Büro habe ich mich schnell gewöhnt, ich hatte dann allerdings im Privaten Schwierigkeiten sie zu duzen und bin irgendwann komplett zum Sie übergegangen.