Wann empfindet ihr einen Satz als zu lang?

vom 24.10.2014, 22:03 Uhr

Ich bin nebenberuflich als Autorin für ein Onlinemagazin tätig. Eine Kollegin bei diesem Onlinemagazin hat neulich von einer Leserin das Feedback bekommen, dass ihre Sätze zu lange sind. In dem Beispiel, das sie genannt hat, ging der Satz über ganze fünfzehn Zeilen. Das lag aber vor allem daran, dass neben dem Satz noch ein Bild positioniert war und somit früher als normalerweise Zeilenumbrüche zustande gekommen sind. Meine Kollegin hat dann geantwortet, dass der Satz bei normaler Schriftgröße in Word nur über sieben Zeilen geht und es ihrer Meinung nach eigentlich noch im Rahmen ist.

Ich verschachtele meine Sätze auch gerne, wodurch sie sich manchmal über mehrere Zeilen erstrecken. Sieben Zeilen finde aber auch ich etwas heftig. Wenn man so einen langen Satz zu Ende gelesen hat, dann kann man sich ja kaum mehr daran erinnern, womit er denn nun eigentlich angefangen hat. Ich muss aber dazu sagen, dass meine Kollegin einen sehr guten Schreibstil hat und es mich bei ihr noch nie gestört hat, dass die Sätze so lange sind, weil sie trotzdem leicht verständlich sind.

Wo liegt bei euch die Schmerzensgrenze? Wie lang darf ein Satz für euch sein, dass ihr noch Lust habt, ihn zu lesen? Oder gibt es für euch da keine Grenze und die Sätze können von euch aus beliebig lang sein? Verschachtelt ihr selber gerne Sätze oder formuliert ihr sie lieber immer knapp?

» *sophie » Beiträge: 3506 » Talkpoints: 1,38 » Auszeichnung für 3000 Beiträge



Ich empfinde mich durchaus als Freund langer und verschachtelter Sätze, wobei ich auch schon, besonders in der Schulzeit, durch diverse mehr oder minder freundliche Hinweise von Lehrkräften, die Erfahrung machen musste, dass diese Leidenschaft -obschon ich mir doch immer Mühe gab und gebe, meine Sätze halbwegs verständlich zu gestalten- von nur wenigen Menschen geteilt wird, so dass ich mir letzten Endes mal vorgenommen hatte, kürzere Sätze zu verfassen und meinen Lesern das Verstehen meiner Texte leichter zu machen, was mir jedoch nie so recht gelang, da ich immer das Gefühl habe, kurze Sätze klingen irgendwie "dümmlich" und weil ich ohnehin der Ansicht bin, dass es letztlich doch immer nur eine Frage der Konzentration ist, solche Sätze nachvollziehen und verstehen zu können, auch wenn man sie eventuell mehrmals lesen muss -was als Schreiber ja durchaus mein Ziel ist, denn je anstrengender der Satz zu lesen war, desto besser bleibt er dann hängen, weil er nicht einfach "quergelesen" werden kann-, habe ich den Vorsatz der knapperen Sätze inzwischen wieder fallen lassen, so dass ich persönlich auch keine wirkliche Schmerzgrenze bei langen Sätzen habe, sondern ich empfinde sie auch als Leser als eine nette Herausforderung für mein beim stumpfen Lesen oft unterfordertes Gehirn, wenngleich ich natürlich das Problem sehe, dass bei solchen Sätzen doch oft mehr Worte als tatsächlicher Inhalt existieren. :D

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» CCB86 » Beiträge: 2025 » Talkpoints: 2,88 » Auszeichnung für 2000 Beiträge


Der Beitrag von CCB86 ist ja wunderbar! Da hätte jeder andere natürlich einen ganzen Haufen Punkte gesetzt und so den Text in mehrere Sätze aufgeteilt. Es ist zwar jedes Komma richtig gesetzt, aber man kann sehr viele davon eben durch Punkte ersetzen. Und das ist der Knackpunkt an der Sache. Der Beispielsatz von CCB86 ist nicht als Ganzes verschachtelt. Was verschachtelt ist, sind mal hier und mal dort drei Nebensätze untereinander. So wie die mit den Gedankenstrichen eingefügten. Aber es bezieht sich eben beispielsweise nicht der erste Nebensatz auf einen Teil, der erst nach mehreren eingefügten Nebensätzen endlich folgt.

"Der alte Mann ging an seinem 90 Geburtstag, der an einem wunderschönen Sommernachmittag im Juni des gleichen Jahres stattfand, in dem der Präsident einem Attentat zum Opfer fiel, das die Nation erschütterte, in einen Blumenladen."

Hierbei gehören die ersten paar Wörter zu den letzten paar Wörtern des Satzes. Ein Punkt anstelle eines der Kommata zu setzen, wäre falsch. Man müsste den Satz schon umstellen und dann erst trennen. Und erst wenn lange Sätze so konstruiert sind, sind sie verwirrend und man vergisst während der langen Mitte den Anfang und kann daher mit dem Ende nichts anfangen.

Mein Beispielsatz ist dabei noch kurz genug, um ihn ohne Weiteres zu verstehen. Aber bei solchen Sätzen ist halt schon recht schnell die Schmerzgrenze erreicht. Und dann ist es auch nicht mehr sinnvoll. Man will seine Leser ja nicht verwirren, sondern unterhalten oder informieren.

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» Bienenkönigin » Beiträge: 9448 » Talkpoints: 19,93 » Auszeichnung für 9000 Beiträge



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