Wann distanziert ihr euch bewusst langsam von jemandem?

vom 10.11.2019, 17:51 Uhr

Wenn man sich vom Partner trennt oder eine Freundschaft beendet, dann bricht man damit ja auch oft den Kontakt komplett ab. Viele machen dann einfach kurzen Prozess und wollen dann nichts mehr mit der entsprechenden Person zu tun haben. Manche entscheiden sich ja aber eher dazu, sich bewusst langsam von jemandem zu distanzieren.

Habt ihr euch schon bewusst langsam von jemandem distanziert, anstatt den Kontakt quasi von Heute auf Morgen einfach komplett abzubrechen? Wie kam es zu der Entscheidung und um welche Personen handelte es sich dabei? Wieso wolltet ihr keinen schnellen Schlussstrich ziehen?

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» Prinzessin_90 » Beiträge: 35273 » Talkpoints: -0,01 » Auszeichnung für 35000 Beiträge



Eigentlich bin ich auch ein Mensch der einen klaren Cut macht wenn es einfach nicht mehr passt.

Ich hatte diesen - von dir beschriebenen - langsamen Distanzierungsprozess erst einmal. Dabei ging es um die Patentante von meiner Tochter. Irgendwie hatten wir keine gemeinsamen Interessen und Gesprächsthemen mehr - abgesehen von meiner Tochter. Da sie ja die Patentante von meiner Tochter ist und meine Tochter sie auch total "liebt", wollte ich diesen Kontakt aber nicht einfach so abhaken. Also gab es einfach immer längere Kontaktpausen.

Dieser sporadische Kontakt hielt sich über mehrere Jahre so. Inzwischen ist sie selbst dreifache Mama und wir haben wieder mehrere Berührungspunkte und schreiben uns wieder öfter. Es hat sich - im Nachhinein gesehen - also gelohnt, den Kontakt nicht ganz abzubrechen.

» EngelmitHerz » Beiträge: 3943 » Talkpoints: 17,03 » Auszeichnung für 3000 Beiträge


Ich kenne beide Varianten, sich von jemandem zu distanzieren. Sofortige Schlussstriche waren dabei, aber meistens mache ich das auch eher langsam. Spontan fallen mir da einige Leute aus meinem Arbeitsumfeld ein, denn da habe ich schon einige Male die Kommunikation mit einigen nahezu auf Null heruntergefahren und die spüren dann schon, dass ich mit denen nichts anfangen kann und auch nicht möchte. Die Gründe hierfür sind mannigfaltig, aber manchmal ist es wirklich besser so, wenn Menschen einen nur noch runterziehen.

» A. Brunner » Beiträge: 148 » Talkpoints: 21,16 » Auszeichnung für 100 Beiträge



Wenn ich es mir so recht überlege, habe ich zu kaum jemandem in meinem Leben jemals bewusst und von heute auf morgen den Kontakt abgebrochen, nicht einmal zu Ex-Beziehungen. Einmal hatte ich eine etwas unrühmliche und komische Beziehungskiste, Affäre oder wie immer man das auch nennen wollte, zu dem ich insofern den Kontakt abgebrochen hatte, indem ich ihm einen Handywechsel nicht mehr mitteilte und er mich nicht erreichen konnte. Das war aber das einzige Mal, wo ich einen Menschen in meinem Leben bewusst komplett ausgesperrt hatte.

Ansonsten sind viele Kontakte oder Freundschaften über längere Zeiträume einfach ausgelaufen oder eingeschlafen. Manchmal weil es keine Berührungspunkte mehr gegeben hat, manchmal weil man sich nicht mehr so richtig beim anderen melden wollte und umgekehrt. Aber das Beispiel aus dem zweiten Posting zeigt, wie sinnvoll es sein kann, keine abrupten und harten Brüche durchzuführen, wenn nicht etwas Gravierendes vorgefallen ist. Man weiß nie, ob und wann man sich wieder annähert. Mir selbst ist es auch schon passiert, dass mich ein Kontakt so belastet hat, dass ich ihn am liebsten eingestellt hätte, aber nach einiger Zeit hat es sich wieder beruhigt.

Wenn man dann immer gleich die Flinte ins Korn wirft und jemanden vor den Kopf stößt, indem man der Person die Tür vor der Nase zuknallt, gibt es kaum noch ein Zurück und man wird nie erfahren, ob die Situation sich nicht hätte bessern oder ändern können.

» Verbena » Beiträge: 4938 » Talkpoints: 0,60 » Auszeichnung für 4000 Beiträge



Ja, ich habe mich schon bewusst langsam von einigen Personen distanziert, anstatt den Kontakt abrupt abzubrechen. Es handelte sich dabei meist um Personen aus meinem engeren sozialen Umfeld wie Arbeitskollegen oder Bekannte, mit denen ich mich in der Vergangenheit gut verstanden habe, aber aus verschiedenen Gründen kein weiteres Interesse an einer engen Beziehung hatte.

Ich habe mich für eine langsame Distanzierung entschieden, weil ich es als respektvoller empfand, als einfach den Kontakt abzubrechen und die Person ohne Erklärung oder Begründung im Stich zu lassen. Außerdem wollte ich sicherstellen, dass ich die Person nicht verletze oder ihr das Gefühl gebe, dass ich sie ablehne oder nicht mehr mag.

In der Regel habe ich mich bei einer langsamen Distanzierung einfach weniger Zeit für die Person genommen, mich weniger oft mit ihr getroffen oder weniger Kontakt aufrechterhalten. Ich habe versucht, die Person nicht zu ignorieren oder zu vernachlässigen, aber ich habe mich auch nicht bemüht, die Beziehung aufrechtzuerhalten oder zu vertiefen.

Ich denke, eine langsame Distanzierung ist eine gute Option, wenn man keine Lust oder kein Interesse mehr an einer Beziehung hat, aber dennoch Respekt für die andere Person empfindet und ihre Gefühle nicht verletzen möchte. Es ist auch eine Möglichkeit, eine Beziehung auf natürliche Weise auslaufen zu lassen, ohne dass es zu einem plötzlichen Bruch oder einer schmerzhaften Konfrontation kommen muss.

» Aguti » Beiträge: 3109 » Talkpoints: 27,91 » Auszeichnung für 3000 Beiträge


Ich habe es mal bei einer Nachbarin gemacht. Anfangs funktionierte es recht gut. Ich hab ihr eine Menge geholfen, denn sie war körperlich einfach zu vielem nicht in der Lage. Schon der Gang zu den Mülltonnen war für sie so anstrengend wie für mich ein Marathon.

Wäre es nur um sie gegangen, hätten wir wahrscheinlich trotzdem nicht so viel Kontakt gehabt. Aber sie hatte einen schwerstbehinderten Sohn A. A konnte wirklich gar nichts, schon im Rollstuhl sitzen war schwer für ihn und sein verkrümmter Rücken ließ ihn schief sitzen. Er war fast blind, schwerst geistig behindert, hatte einen Wortschatz von vielleicht 100 Wörtern und einigen Standard-Sätzen. Aber er hatte immer gute Laune, war höflich, einfach ein Sonnenschein. Ich mochte A wirklich sehr.

Aber diese Nachbarin war dann zum einen recht vereinnahmend. Wann immer ich mit den Einkäufen vorbei kam oder ihr ein Paket brachte, was während ihrer Abwesenheit bei uns abgegeben worden war, wollte sie, dass man sich hinsetzte und erst mal eine Runde quatschte, wobei vor allem sie quatschte und zwar über die bösen anderen Menschen, die sie alle schlecht behandelten. Niemand nähme Rücksicht auf sie, alle forderten nur Unmögliches von ihr. Und sie redete und redete, völlig egal, wenn ich sagte, dass ich keine Zeit hätte.

Und so nach und nach fiel mir auf, dass die Geschichten fast immer dieselben waren. Mit der Zeit wusste ich aber dann auch, warum angeblich alle sie schlecht behandeln würden, denn ab und zu hakte ich mal nach. Und dann kam heraus, dass sie etwa jede Frist, die ihr von behördlicher Seite oder der Krankenkasse gesetzt wurde zum Einreichen von Unterlagen, verstreichen ließ. Sie hielt sich wirklich an keine einzige. Mindestens einen Tag zu spät war sie immer. Und das hatte natürlich Folgen, indem ihr Unterstützung etc. gestrichen wurde. Deshalb waren dann alle diese Sachbearbeiter etc. angeblich böse, denn sie hätten ja auf sie Rücksicht zu nehmen.

Wann immer sie Hilfe bekam, wollte sie aber auch ganz genau bestimmen und stellte Forderungen. Wenn sie mal Widerworte bekam, wurde dieser Mensch gleich als böse abgestempelt und tauchte in den oben genannten Beschwerden auf. Als ich das durchschaut hatte und auch selbst gemerkt hatte, dass sie sich selbst ihre "böse und rücksichtslose" Welt erschuf mit ihrer Art, fing ich an mich zu distanzieren.

Ich brach den Kontakt nicht ganz ab wegen A. Er hatte einen Narren an mir und unserem Hund gefressen und ich wollte ihm die Freude nicht nehmen. Und damit es ihm einigermaßen gut ging, half ich auch immer mal wieder ein bisschen etwa mit dem Einkaufen. Ich wollte ja A nicht schaden und er sollte zumindest ordentlich versorgt werden.

Der Kontakt brach dann fast ganz ab, als sie Mitte 2019 umzog. Seitdem telefonieren wir nur, hauptsächlich wegen A, der Telefonate liebt. Immer noch sind angeblich alle Menschen böse zu ihr. Sie ist inzwischen noch einmal umgezogen und sucht aktuell schon wieder eine neue Wohnung, weil aktuell angeblich ihr Vermieter so böse zu ihr ist. Mir ist es egal, aber ich freue mich immer, wenn ich A am Telefon habe und er sich wie Bolle freut, mich zu hören. Dann hab ich auch gute Laune und bei dem Gespräch mit der Mutter stelle ich auf Durchzug und passe kaum auf, wenn sie über die ganzen Schlechtigkeiten berichtet, die ihr passieren.

» SonjaB » Beiträge: 2698 » Talkpoints: 0,98 » Auszeichnung für 2000 Beiträge


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