Wann bei Kindswohlgefährdung als Außenstehender eingreifen?

vom 22.03.2019, 19:08 Uhr

Hier Rauchverbot in Auto wenn Kinder oder Schwangere dabei sind ist ja eine Diskussion im Gange über das Rauchverbot im Auto wenn Kinder dabei sind. Und wenn ich das richtig gelesen habe, dann hat auch eine Userin zugeschaut, wie im Auto mit Kindern geraucht wird. Ich habe das zum Glück noch nicht beobachten können und wüsste dann auch nicht, ob ich mich da zurückhalten könnte. Steht es einem überhaupt zu, da was zu sagen? Schließlich geht es ja um die Gefährdung von Kindern.

Wenn ein Kind auf der Straße eine Ohrfeige bekommen würde, würden wohl einige Leute eingreifen und die Mutter oder den Vater zur Rede stellen oder gar mit dem Jugendamt drohen. Und sicher ist eine Ohrfeige auch schlimm. Aber ist das Rauchen im Beisein der Kinder auf kleinem Raum nicht noch schlimmer? Vor allem was die körperlichen Langzeitschäden angeht? Würdet ihr überhaupt eingreifen und was sagen, egal wie ein Kind gefährdet ist und wird?

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» Diamante » Beiträge: 41749 » Talkpoints: -4,74 » Auszeichnung für 41000 Beiträge



Wenn ich ehrlich bin, denke ich, dass niemand eingreifen würde, wenn ein Kind öffentlich von seiner Mutter eine Ohrfeige bekommt. Es wird ja nicht mal eingegriffen, wenn auf ein am Boden liegendes Kind von einem anderen Kind eingetreten wird! Und bei einem Unfall, wo es Verletzte und sogar eine gesetzliche Pflicht zur Hilfe gibt, wird nicht eingegriffen!

Und was willst Du denn tun, wenn Du siehst, dass jemand raucht und ein Kind in der Nähe steht? Die Polizei rufen? Das Jugendamt alarmieren? Was soll denn dann auch passieren? Soll das Kind den Eltern entzogen werden, weil sie es in einer gefährlichen Umgebung stehen lassen? Wenn man das ganze weiter spinnt, dann müssten Rauchern die Kinder eigentlich gleich weggenommen werden, denn die Kinder sind doch immer irgendwo Rauch ausgesetzt, und sei es nur, wenn der Vater nach dem Rauchen auf dem Balkon wieder hinein kommt.

Dann sollte man aber auch konsequent sein und etwa einschreiten, wenn ein Kind etwas Ungesundes isst! Übergewicht ist ein großes Thema und schädigt das Kind für sein ganzes Leben! Und dann bitte auch sicherstellen, dass es Vitamine genug bekommt und sich viel bewegt! Ach, eigentlich sollte man dann alle Kinder seinen Eltern wegnehmen, denn nur dann kann sichergestellt werden, dass das Kindeswohl nicht gefährdet wird durch Rauch, ungesundes Essen, Schläge etc.!

Es ist ein klein bisschen überspitzt formuliert, macht aber vielleicht klar, dass es irgendwo eine Grenze gibt! Und grundsätzlich ist es in Art. 6 des Grundgesetzes geregelt, dass Kinder den Eltern nur weggenommen werden können, wenn sie versagen oder das Kind zu verwahrlosen droht. Ich denke, davon sind die Kinder in den obigen Beispielen aber noch weit entfernt! Insofern wieder die Frage, wie Du denn eingreifen willst, wenn jemand in der Nähe eines Kindes raucht?

Da musst Du Dich auch vorsehen, dass Du Dich nicht strafbar machst, z.B. wegen Körperverletzung, Beleidigung oder Nötigung. Und kein Polizist oder Jugendamt wird sich darum kümmern, wenn Dein einziger Vorwurf an die Eltern ist, dass das Kind Rauch einatmet!

» SonjaB » Beiträge: 2698 » Talkpoints: 0,98 » Auszeichnung für 2000 Beiträge


Ich habe geschrieben, dass ich eine solche Szene beobachtet habe und tatsächlich habe ich mir auch überlegt, ob ich etwas sagen sollte oder nicht. Ich war aber wirklich in der Situation so geschockt, dass ich dies nicht gemacht habe. Letztendlich dauert das Anschnallen der Kinder und das eigene Einsteigen ja auch nicht ewig, wobei wir dazu kamen, als ein Kind schon angeschnallt und das andere gerade angeschnallt wurde, als ich selber einstieg, sah ich dann dass nicht nur der Vater rauchte, sondern auch die schwangere Mutter, die sich gerade eine angesteckt hat. Ich hätte ja schlecht die Tür aufreißen können und denen eine Ansage machen können.

Abgesehen davon würde ich sicherlich etwas sagen, wenn ich nochmal in so eine Situation komme und die Personen noch draußen sind. So etwas geht einfach gar nicht und das ist auch nicht besser als schlagen, wie du ja auch schon geschrieben hast. Dennoch ist die Zeitspanne beim Autorauchen einfach recht kurz und man muss den richtigen Moment erwischen.

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge



Ok, dann frage ich mal einfach in die Runde. Wann ist es für euch eine Kindswohlgefährdung, wo man auch eingreifen muss und nicht wegsehen darf? Wann würdet ihr hingehen und euch vor das Kind stellen? Wann würdet ihr das Jugendamt benachrichtigen? Wann denkt ihr ist ein Eingreifen notwendig? Wann würdet ihr dem Kind helfen und sagen, dass dies zu weit geht und dem Kind geholfen werden muss? Wenn es zu spät ist? Wenn das Kind blutig geschlagen wird und die Ohrfeige zur Tracht Prügel wird? Muss man ein Kind nicht schützen, wenn man als Außenstehender merkt, dass das die Eltern durch Überforderung Ohrfeigen verteilen?

Wie ist das Eingreifen richtig? Sollte man die Eltern zur Seite nehmen? Sollte man direkt mit den Behörden drohen oder sollte man da wirklich einfach wegsehen und nichts sagen und nichts unternehmen? Hätte man mit Eingreifen von Außen nicht schon einige Kinder retten können, die von den Eltern tot geprügelt wurden, geschüttelt wurden und schwerst behindert sind? Darf man überhaupt wegsehen oder darf man eingreifen?

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» Diamante » Beiträge: 41749 » Talkpoints: -4,74 » Auszeichnung für 41000 Beiträge



Die Frage an sich ist emotional extrem aufgeladen und suggestiv, weil sich wohl kaum ein denkender Mensch hinstellen würde und sagen: Mir doch egal, wenn so ein Kind tot geprügelt wird, es gibt sowieso zu viele davon! Und natürlich gefallen sich viele in der Vorstellung, sich mit geschwellter Brust dazwischen zu werfen, wenn Eltern ihre Kinder misshandeln und sich zum Retter der armen Kleinen aufzuschwingen.

Aber dann gibt es eben auch die Realität. Schließlich kann niemand von uns beurteilen, welche Grausamkeiten gegen Kinder (und Schwächere im Allgemeinen) hinter gutbürgerlichen Fassaden und geschlossenen Türen stattfinden. Und sie äußern sich ja nicht immer in Gebrüll und Schlägen, die bis in die Nachbarwohnung dringen (fürchterlich, so was), sondern auch in Vernachlässigung, emotionaler Grausamkeit, Schikane, materieller Not und so weiter. Da ist es leicht, "Außenstehenden" vorzuwerfen, dass sie nicht eingreifen.

Ich würde schätzen, dass die Ohrfeigen an der Straßenecke nur einen verschwindend geringen Bruchteil des ganzen Elends ausmachen. Und selbst da muss ich ehrlich zugeben, dass ich wohl kaum die Courage hätte, mich körperlich zwischen einen offensichtlich völlig enthemmt prügelnden Menschen und sein Opfer zu werfen. Die Polizei alarmieren würde ich natürlich, aber ich bilde mir nicht ein, damit irgendein Problem in dieser Hinsicht zu lösen. Schließlich haben Eltern kein Nummernschild, mit denen man sie identifizieren kann, und am Ende steht schlimmstenfalls Aussage gegen Aussage.

Von daher finde ich, dass vor allem Leute, die von Beruf oder Ehrenamt wegen mit Kindern und Jugendlichen zu tun haben, eher eine Handhabe und die entsprechenden Möglichkeiten haben, derlei Vorfälle ans Licht zu bringen, aber nicht unbedingt jeder unbeteiligte Passant. Schlimmstenfalls bekommst du da selber Schläge oder wirst verbal zur Sau gemacht, und das arme Kind kriegt es dann daheim doppelt und dreifach ab, wo du nichts mehr tun kannst.

» Gerbera » Beiträge: 11335 » Talkpoints: 53,75 » Auszeichnung für 11000 Beiträge


Ich bin ein Mensch, der zuerst eingreift und hilft und erst viel später nachdenkt. Werden Kinder in der Öffentlichkeit in meiner Anwesenheit geschlagen oder drangsaliert, greife ich stets ein. Dabei ist es mir egal, ob das gegen Kinder oder Erwachsene geschieht. In einem Geschäft war eine Frau mal kurz davor, das anwesende Kind zu schlagen.

Ich baute mich dann vor der Szenerie auf, im wahrsten Sinne des Wortes. Und wartete solange ab, bis die Frau quasi wieder runter kam. Das alles geschah wortlos, es brodelte aber auf beiden Seiten. Für das erste ging es gut für das Kind aus. Was später eventuell hinter verschlossenen Türen geschah, war außerhalb meines Einflussbereiches. Hier wohnt jemand der das Kind immer einschloss und wegging.

Es war dann schon mit vier Jahren sich selbst überlassen und hatte große Angst. Die Kleine bat uns einmal um Hilfe. Meine Tochter war sehr aufgeregt und verärgert, dass ein Vater sein Kind einfach so einschloss. Schon als junger Mensch war ihr bewusst, was alles passieren könnte, wenn das Kind ganz allein sei und noch dazu nicht in der Lage eventuell aus einer Gefahrensituation zu flüchten. Erst mal sprachen wir mit der Kleinen durch die Wohnungstür und versuchten, sie zu beruhigen.

In dem Fall war es so, dass der mit dem Aufpassen des Kindes betraute junge Mann auch einfach wegging und das. Er ließ bereits schon einmal sein Kind über Nacht allein, da waren noch zwei andere Kinder anwesend. Der Jüngste war noch nicht mal zwei Jahre alt. Morgens dann wollten die Kinder an einem Sonntag Süßigkeiten kaufen und liefen barfuß durch den weitläufigen, viel befahrenen Ort. Anwohner waren aufmerksam und riefen die Polizei.

Die brachte die Kinder dann hier her, wo doch niemand war. Ich nahm die Kleine dann kurz zu mir und ließ mir später die Handy-Nummer des Vaters geben. Als das Kind nun eingeschlossen war, riefen wir den Vater an, der irgendwann total wütend nach Hause kam, um sein verlassenes Kind anzuschreien. Ein anderes Mal wollte die Kleine aus dem Fenster klettern, weil sie wieder allein eingeschlossen war.

Ich verbrachte dann meinen Feierabend damit, im Hof zu stehen und ihr von unten aus gut zuzureden. Mein damaliger Partner rief die Polizei. Nach diesem Vorfall war der Nachbar für uns unten durch und umgekehrt eben auch. Das Kind durfte uns nicht mal mehr anschauen, geschweige denn grüßen. Dann ist es eben so. Heute ist die Kleine acht Jahre alt und wird immer noch allein gelassen. Kann man nichts mehr dagegen machen, so lange es gut ausgeht, bleibt das eben so.

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» Quasselfee » Beiträge: 2143 » Talkpoints: 30,45 » Auszeichnung für 2000 Beiträge


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