"Vor Gott sind alle gleich" ein Widerspruch in sich?
Ich möchte niemanden in seinem Glauben stören oder gar kränken. Nur damit dies am Rande einmal gesagt ist, weil ich weiß, dass Diskussionen über derartige Themen sehr häufig in "Ärger" ausufern, weil sich jeder irgendwie auf dem Schlips getreten fühlt.
Es gibt das Buch "Römer", welches in verschiedene Sprachen übersetzt wurde und wie es meist der Fall ist, sind etliche Varianten möglich. So findet sich in Hoffnung für alle die Passage "Denn vor Gott sind alle gleich" wieder. Andere Passagen aus anderen Übersetzungen sind da etwas anders. Doch diese Floskel werfen auch sehr viele Pfarrer & Co immer mal umher und wirklich Gläubige auch.
Doch für mich ist dieser Satz "vor Gott sind alle gleich" ein Widerspruch in sich, weil es nicht stimmt. Das merkt man in Diskussionen mit gläubigen Menschen, hartnäckigen vor allem, schnell.
Wir hatten heute zwei Gläubige Menschen bei uns in den Reihen, die auch des Öfteren bei vielen Straftätern, wo andere mit dem Kopf schütteln würden meinten, dass vor Gott alle gleich sind, sie ihre Sünden bereuen werden und Gott sie mit offenen Armen empfangen wird. Okay, das ist deren Ansicht.
Als wir dann zum Beispiel auf Transvestiten, Homosexuelle und DragQueens zu sprechen kamen, dann wurde das vor Gott sind alle gleich auf einmal ganz anderes interpretiert. Auf einmal sind vor Gott auf einmal nicht alle gleich gewesen. Homosexualität ist abartig, das war eine der Meinungen und wäre von Gott nie gewollt. Transvestiten seien eine Ausgeburt des Bösen, um uns Menschen zu verwirren.
Das war jetzt nur zum Verständnis, wieso ich auf den Titelthread kam. Ich bin halt der Ansicht, dass wenn vor Gott alle Menschen gleich sind, dass es da einfach keine Ausnahmen geben darf oder wie seht Ihr das? Natürlich sahen beide Personen das komplett anders, was wir auch alle erwartet hatten.
Seid Ihr Gläubig und nimmt diese "Floskel", das vor Gott alle gleich sind wörtlich? Macht Ihr dort Ausnahmen oder nicht? Falls ihr nicht gläubig seid interessiert es mich dennoch, ob Ihr glaubt, dass es ein Widerspruch ist, wenn man sich die Kirche, die Aussagen einiger Anhänger & Co anhört.
Dabei spielt meine Fragestellung jetzt keine ausdrückliche Rolle, auf die von uns gewählten Themengebiete, sondern sollte es Euch nur verdeutlichen, was wir hier heute für Diskussionen führten, damit ihr in etwa wisst, worauf ich hinaus wollte. Wie beurteilt ihr das Ganze und stört es Euch, dass vor Gott offenbar nicht alle gleich sind, sondern nur all jene, die nach der Bibel leben etc?
Ich denke, diese Aussage bezieht sich eher auf menschliche Hierarchien. In unserer Gesellschaft gibt es ja bestimmte Vorstellungen davon, wer ein wertvoller Mensch ist und wer nicht, wer "etwas leistet", wer Anerkennung verdient usw. Viele sehen ja etwa den Arbeitslosen als Verlierer an oder bestimmte Berufe als schlecht und minderwertig an. Von solchen Vorstellungen bin ich auch nicht ganz frei. Man sieht auf zu denen, die "etwas erreicht" haben, viel verdienen oder sich irgendwie hervortun.
Wir teilen also Menschen ein in verschiedene Kategorien - gut, böse, faul, fleißig, wichtig, unwichtig, sympathisch, unsympathisch usw. Und ich glaube, dass diese Aussage, dass vor Gott alle gleich sind, meint, dass für Gott diese menschlichen Kategorien nicht zählen. Da ist der Reiche nicht besser als der Bettler usw. Da zählen die Dinge nicht, die bei uns in der Gesellschaft Ansehen bedeuten.
Homosexualität ist abartig, das war eine der Meinungen und wäre von Gott nie gewollt. Transvestiten seien eine Ausgeburt des Bösen, um uns Menschen zu verwirren.
Das ist so eine Aussage, die man halt ganz verschiedene interpretieren und sehen kann. In der Bibel steht nicht explizit drin, dass Transvestiten abartig seien. Es gibt Bibelstellen, da könnte man eine Haltung gegen Homosexualität herauslesen. Aber auch hier gibt es Interpretationsspielraum, weil es bei den Bibelstellen um Jungen (also Kindern) geht und um eine große sexuelle Freizügigkeit (ständige Partnerwechsel).
Und auch die Haltung der Kirche zu Homosexualität ist ja sehr unterschiedlich. Das reicht von Ablehnung bis hin zu Pfarrern, die schwule christliche Paare segnen. Also hier eine klare Aussage zu treffen, ist auch nicht leicht. Ich persönlich denke auch nicht, dass Homosexualität Sünde ist, das kann aber ein anderer Christ auch anders sehen.
Zudem finde ich den Aspekt wichtig, dass man nicht über andere richten soll. "Richte nicht, damit du nicht selbst gerichtet wirst". Also wir haben nicht darüber zu urteilen, wer sich sündhaft verhält oder nicht. Jeder Mensch hat gewissermaßen Dreck am Stecken, wenn man es so sehen will, niemand ist perfekt. Man darf andere Menschen doof finden oder den einen mögen und den anderen nicht, das ist auch menschlich, aber man sollte anderen nicht vorwerfen, dass sie etwas Sündiges machen, denn das hat man nicht zu beurteilen.
Ich glaube selber an keinen Gott. Das möchte ich nur mal erwähnen, weil man ja durchaus auch verschiedener Meinung sein kann und meine Ansichten sicherlich auch dadurch geprägt sind, dass ich an keinen Gott glaube. Meiner Meinung nach sollte man keine Unterschiede machen, dass man bestimmte Gruppen beispielsweise als schlechter ansieht und andere Gruppen als besser. So funktioniert das nicht.
Ich meine mich zu erinnern, dass es heißt, das Gott alle Menschen nach seinem Ebenbild erschaffen hat. So würde Gott sich selbst verleugnen, wenn er beispielsweise Homosexuelle nicht als gleich empfindet. Natürlich gibt es dann immer irgendwelche weltfremden Christen, die der Meinung sind, dass das schlimm ist und die Menschen schlechter sind, aber so sollte man es nicht sehen und sicherlich würde das ein Gott auch nicht so sehen.
Menschen sind sicherlich nicht gleich, aber man sollte sie alle mit Respekt und zwar auch mit dem selben Respekt behandeln und keine Unterschiede machen nur weil ein Mensch vielleicht schwul ist. Äußerlich sind wir sicherlich unterschiedlich, aber es geht darum, dass man sich jedem gegenüber erst mal nett benehmen sollte, so zumindest interpretiere ich das.
Eins vorweg: Ich habe Gott noch nicht getroffen, weswegen ich auch nicht beurteilen kann, ob vor Ihm (oder Ihr) wirklich alle Menschen gleich sind oder ob der Allmächtige doch vielleicht ältere weiße Männer bevorzugt, wie ich schon länger vermute.
Mit anderen Worten: Man sollte Gott (was immer der Einzelne darunter versteht) nicht mit Religion im Allgemeinen oder dem Christentum im Speziellen verwechseln. Letztere sind von Menschen gemacht, historischen Entwicklungen unterworfen und natürlich unvollkommen. Und Menschen haben Vorurteile, sind engstirnig und oft auch feindselig, oft und gerade die, die sich für besonders "christlich" halten. Was in der Bibel steht, spielt da oft gar keine Rolle, da man ja jederzeit ein Zitat aus dem Zusammenhang reißen kann oder im eigenen Sinne interpretieren. Die Bibel ist ein hochkomplexes Werk, welches nur zu oft als Steinbruch für die eigene Weltanschauung verwendet wird.
Tatsache ist jedenfalls, dass "hier unten" im Diesseits beileibe nicht alle Menschen gleich sind, und Ungerechtigkeiten und Vorurteile an allen Fronten blühen und gedeihen. Deswegen finden manche Menschen eben auch Trost und Lebensmut in der Idee, dass sie zwar in den Augen ihrer Mitmenschen minderwertiges Gesindel sind, aber vor Gott nicht weniger wert sind als die Reichen/Fruchtbaren/Nicht-Behinderten. Daher würde ich die Aussage "Vor Gott sind alle gleich" als die religiös verbrämte Version von Art. 1 des Grundgesetzes verstehen.
Manche Christen (von anderen Religionen kann ich es nicht beurteilen) fassen diese Aussage auch als Aufforderung auf, nicht auf das Jenseits zu warten, sondern schon zu Lebzeiten gegen Ungerechtigkeiten und Diskriminierung zu kämpfen und engagieren sich folgerichtig für humanitäre Projekte, auch und gerade für Randgruppen wie Kriminelle oder "Asoziale". Man sollte folglich nicht alle "Christen" als intolerant und engherzig abtun.
Um die Frage abschließend zu beantworten: Ich bin nicht besonders gläubig, aber ich sehe hier auch keinen Widerspruch, da ich Gott, Kirche und Religion nicht in einen Topf werfe, sondern unterschiedliche Maßstäbe ansetze. Die Aussage "Vor Gott sind alle gleich" kann als persönlicher Trost ebenso wie als Kampfansage gegen Diskriminierung verwendet werden und ist deshalb in meinen Augen für viele Leute hilfreich und daher grundsätzlich positiv zu werten.
Ich bin gläubig, jedoch stimme ich nicht immer mit der offiziellen Meinung und Interpretation der Kirche überein. Ich bin der Ansicht, dass alle Menschen vor Gott gleich(wertig) aber nicht gleich(artig) sind. Es ist doch positiv zu bewerten, wenn wir Menschen nicht alle gleich (langweilig) sind und eine große Diversität vorhanden ist. Ich finde es daher auch positiv, dass die Menschen so unterschiedlich wie vielzählig sind.
Meiner Ansicht nach ist das von Gott absichtlich so gewollt, damit wir Menschen Toleranz und Nächstenliebe lernen. Es ist leicht, seinen Nächsten zu lieben, wenn der Nächste eine Kopie von uns selbst ist. Es heißt ja nicht umsonst "Gleich und gleich gesellt sich gerne", so entstehen Freundschaften. Wenn jemand aber so ganz anders ist als wir und wir mit dieser Person anecken, dann wird es schon schwieriger, unvoreingenommen und mit positiven Gedanken auf diese Person zuzugehen.
Ich habe mal mit einer Freundin über das Thema Homosexualität diskutiert, wobei ich der festen Überzeugung bin, dass diese Menschen so geschaffen worden sind von Gott und sich ihre Sexualität nicht selbst aussuchen können. Das ist für mich eine Prüfung, um die anderen Toleranz und Nächstenliebe zu lehren, denn schließlich heißt es doch, dass Hochmut vor dem Fall kommt und warum sollte ich etwas besseres sein, nur weil ich eine "konservative" (hetero)sexuelle Orientierung habe?
Wenn man neugierig genug ist und sich die Mühe macht, das Thema Homosexualität in der Tierwelt zu recherchieren, dann stellt man fest, dass derartige Berichte gar nicht so selten sind und nahezu bei allen Tierarten vorkommen. So las ich schon von Störchen, Pinguinen, Fröschen und so weiter, wo dieses Phänomen beobachtet werden konnte. Außerdem heißt es doch immer, dass der Mensch einen freien Willen hat und die Tiere nicht. Warum sollte Gott also Homosexualität bei Tieren gezielt erschaffen und der Mensch entscheidet das selbst und ist per se schlecht wegen derartiger "sündiger" Gedanken? Das ergibt für mich keinen Sinn.
Es stimmt schon, dass man theoretisch jede Stelle aus der Bibel aus dem Kontext reißen, komplett um modellieren und anders interpretieren und zurechtbiegen kann, gerade so wie man es in dem Moment braucht. Daher versuche ich sie eben im Kontext zu interpretieren. Jesus ließ sich doch auch mit einer Hure zeigen und vergab ihr ihre Sünden. Er sagte doch "Wer von euch ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein auf sie". Ich bin der felsenfesten Überzeugung, dass Jesus, wenn er in der heutigen Zeit gelebt hätte, sich auch mit Transvestiten und Homosexuellen hätte blicken lassen. Denn für ihn sind alle gleich(wertig).
Ich bin bekennend ungläubig und nehme keine Rücksicht auf irgendwelche "religiösen Gefühle", ich trete durchaus Leuten auf den Schlips, teilweise auch ganz bewusst, weil die Religiösen ja auch keine Rücksicht nehmen.
Deshalb habe ich auch kein Problem damit das Kind beim Namen zu nennen - es ist 2016 und die Religiösen versuchen in Texten, die tausende von Jahren alt sind irgendeinen Sinn zu erkennen, der heute noch Relevanz hat. Die allermeisten arbeiten mit Übersetzungen und können die Originaltexte überhaupt nicht verstehen und wir wissen alle, wie genau oder ungenau Übersetzungen sind. Und dazu kommt natürlich, dass den meisten das Wissen um den historischen Kontext völlig fehlt und in wieweit man den heute überhaupt noch rekonstruieren kann weiß ich auch gar nicht.
Das führt dann zu völlig bizarren Situation, in denen ein Gläubiger zum Beispiel die Sklaverei in seinem heiligen Buch verteidigt, aber in der Lage ist zu verstehen, dass das Konzept von Sklaverei an sich menschenverachtend ist, weil die meisten Menschen ja zumindest in Ansätzen auch eine humanistische Erziehung genossen haben.
Und der von dir zitierte Spruch ist auch so ein Fall. Natürlich ist das widersprüchlich, weil man zum einen die Quelle und den Kontext nicht versteht, zum anderen aber so indoktriniert wurde, das man glaubt, dass die christliche Bibel heute noch irgendeine Relevanz hat für das eigene Leben. Aber das Konzept das christlichen Gottes an sich ist ja auch total widersprüchlich.
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