Vor dem Essen innehalten, um genießen zu können?
Meiner Oma war es immer sehr wichtig, dass wir nicht direkt mit dem Essen begonnen haben, wenn wir uns als Familie zum Essen getroffen hatten. Auch als die Teller vor uns standen, wollte sie immer, dass wir erst einen Moment innehielten und uns bewusst machten, dass es nicht selbstverständlich ist, jederzeit ein warmes Essen vor sich haben zu können.
Bei kleinen Snacks hatte sie das nun selbst nicht so gehandhabt, aber gerade dann, wenn sie Hunger hatte, hat sie gerne noch einige Sekunden mit dem Essen gewartet, auch wenn sie es vor sich hatte, um auf diese Weise auch Dankbarkeit dafür zulassen zu können.
Ich kann den Gedankengang auf jeden Fall gut verstehen und mache das auch oft automatisch so, dass ich nicht direkt loslege, wenn ich mit anderen esse, sondern dass ich beispielsweise erst einmal einen guten Appetit wünsche und etwas zum Essen sage, anstatt direkt und ohne Umschweife loszulegen. Allerdings mache ich das aber doch oft, wenn ich alleine bin. Wie handhabt ihr das?
Bewusst innehalten und damit Dankbarkeit für mein Essen zeigen tue ich persönlich eher nicht, aber ich stürze mich jetzt auch nicht innerhalb von Millisekunden auf meinen Teller, als hätte ich drei Tage lang nichts essbares bekommen. Gerade, wenn ich auswärts essen oder bei Freunden und Bekannten eingeladen bin, nehme ich mir vor dem ersten Bissen gerne die Zeit, die Anrichtung meiner Speise auf dem Teller zu betrachten und ein Kompliment abzugeben, dass es wirklich lecker aussieht. Erst dann beginne ich mit dem Essen.
Wenn ich ein tolles Essen so richtig genießen will, dann mache ich das eher dadurch, dass ich sehr langsam esse, alle Komponenten sowohl für sich als auch in Kombination probiere und hin und wieder eine kleine Pause einlege, um ein paar Worte zu wechseln, etwas zu trinken oder einfach die bisherige Portion sacken zu lassen. Schlingen und hetzen kann ich beim gemütlichen Essen überhaupt nicht leiden und lasse mich dazu auch nicht verleiten, selbst wenn ich noch die halbe Portion vor mir habe, wenn alle anderen schon fertig sind. Ich sehe dann zwar schon zu, nicht in Zeitlupe zu verfallen, aber ich zwinge mich auch nicht zu einem Tempo, das mir unangenehm ist.
Ich kenne das eher aus religiösen Familien so, dass man da vor dem Essen innehält und Gott für die Speisen und Getränke dankt. Man sieht in Gott eben den Versorger, der für das Essen gesorgt hat und dem man dankbar sein muss und nutzt die Gelegenheit eben, innerlich vor dem Essen Gott zu danken. Von nicht-religiösen Menschen kenne ich so ein Verhalten überhaupt nicht.
Ich kenne das auch nur so, dass dies innehalten vor dem Essen in Form eines Gebetes erfolgt, wenn die Familie denn religiös ist. Bei meiner Oma war das auch immer so. Aber das man einfach ein paar Minuten vor dem Essen verharrt und daran denkt, dass dieses Essen nicht selbstverständlich ist, kenne ich so nicht.
Ich denke aber auch, dass dies eine andere Art der Dankbarkeit ist, als wenn man vorher eben ein Gebet spricht. Allerdings habe ich dies noch nie bei einer Familie so erlebt. Aber den Gedanken an sich finde ich dennoch ganz schön.
Das war meiner Oma auch immer sehr wichtig, dass man sich immer erst einmal gegenseitig einen guten Appetit gewünscht und dann eben auch mal einen Moment innegehalten hat, bevor man mit dem Essen angefangen hat. Wenn ich in einer Gemeinschaft bin, dann halte ich mich noch immer daran, weil ich es dann auch einfach besser finde, als wenn man sich direkt auf sein Essen stürzt. Wenn ich aber alleine etwas esse, dann denke ich nicht daran und esse mein Essen einfach, wenn ich es auf dem Tisch habe.
Von meinen Großeltern kenne ich das ebenfalls so, und man hat eigentlich erwarten, dass man in diesem Moment des Innehaltens sich bei Gott für die Gaben bedankt und eine Art stilles Gebet spricht. Nachdem aber nicht alle aus der Familie dem gleichen Glauben angehört haben, damit man auch offen beten konnte, wurde das eingeführt und jeder konnte das auf seine Weise machen. Manch einer hat nichts gedacht, andere ob es bald vorbei ist und manche ihr Gebet gedanklich abgesetzt.
Dennoch finde ich es eine nette Geste, so hat jeder die Möglichkeit auch ein Gebet für sich zu sprechen, sich darauf vorzubereiten noch vom Ereignis vorher abzuschalten und setzt sich nicht einfach nur beiläufig an den Tisch und schaufelt das Essen in sich hinein um dann direkt aufzuspringen und weiter zu machen. Aber auf diese Weise wird man auch nicht dazu genötigt bei einem Tischgebet mitzumachen, wenn man darauf keinen Wert legt und damit nichts anfangen kann.
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