Von Musterung des Pickguards auf Gitarrenqualität schließen?

vom 08.02.2015, 21:54 Uhr

Ich habe mir am Wochenende sehr günstig über das Internet eine elektrische Gitarre erworben. Für mich als Neueinsteiger ist die Qualität des Instruments erst einmal zweitrangig, denn wie ich mich kenne ist die Wahrscheinlichkeit, dass ich nur selten spielen werde, groß. Ich habe also das erstbeste Instrument gekauft, welches ich zu meiner Preisvorstellung bekommen konnte und das mir optisch gefiel. Es hat einen Pickguard, also einen Schlagschutz, der glitzert und in weißer Schildpatt-Optik gehalten ist.

Genau dieser glitzernde Schlagschutz ist für eine Bekannte von mir ein Indiz dafür, dass die Qualität des Instruments nicht besonders schlecht sein kann. Sie meint nämlich, dass man bei den ganz schlechten, billigen Instrumenten nur einen dünnen einfachen Schlagschutz anbringt und nicht einen mit Schildpatt- oder Perlmutt-Effekt, wie es bei meinem der Fall ist.

Der Grund dafür sei, dass diese Effekte zusätzliche Kosten mit sich bringen. Und zwar so viel, dass es sich nicht lohnen würde, derartige Pickguards an den billigen Gitarren zu verbauen. Sei es im Bereich der elektrischen Gitarren oder auch in dem der Westerngitarren. Dort hätten die billigen Gitarren, die von geringer Qualität sind, meistens gar keinen oder einen dünnen, schlichten Schlagschutz.

So ganz überzeugt bin ich von dieser Theorie nicht, auch wenn ich bei der Recherche nach Rohlingen für diese Pickguards schon einen Unterschied zwischen den einfarbigen und den Materialien mit Effekt finden konnte, bezogen auf den Preis. Trotzdem ist auch mir schon aufgefallen, dass die Instrumente, welche für Einsteiger angepriesen werden und im Preis sehr günstig sind, häufig eben eine ganz einfache Platte für den Schlagschutz haben.

Wie ist eure Meinung dazu? Seit ihr auch der Meinung, dass es einen Zusammenhang zwischen dem Material des Pickguards und der Qualität des Instruments gibt? Wenigstens im unteren Preissegment? Denn nach oben hin ist natürlich alles offen und es gibt ganz klar auch viele sehr gute Instrumente, die einen schlichten Pickguard haben. Ich möchte aber viel mehr wissen, ob man wirklich pauschalisieren kann, dass billige, qualitativ schlechte Gitarren keinen Pickguard mit Effekt haben.

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» olisykes91 » Beiträge: 5370 » Talkpoints: 24,75 » Auszeichnung für 5000 Beiträge



Nachdem in den letzten 25 Jahren eine Menge Gitarren aller Preisklassen durch meine Hände gegangen sind, bezweifel ich diese These massivst. Aber die Logik, die die Gedankengänge Deiner Freundin folgten, ist durchaus nachvollziehbar. Dennoch würde kein erfahrener Gitarrist auf die Idee kommen, die Qualität der Gitarre nach diesem Kriterium einzuschätzen; was aus der Ferne ohnehin nicht machbar ist. Man könnte aber auch die Gegentheorie entwerfen, dass ein Hersteller, der preisgünstig optisch besonders ansprechende Gitarren anbietet, wiederum bei anderen, wesentlich wichtigeren Faktoren aus Kostengründen Abstriche machen musste - in der Tat gibt es hier viele unspielbare "Blender", die Gleichung edle Optik = gute Qualität funktioniert einfach nicht.

Nun scheitert die Theorie auch bereits daran, dass auch die preisgünstigsten Modelle mit unterschiedlichsten Pickguards von ganz schlichtem schwarz und weiß bis hin zu Perlmutt-, oder Schildpatt-Optik angeboten werden - meist, ohne das irgendein Preisunterschied besteht, allenfalls ist er marginal. Und hier rede ich von Gitarren im Bereich von knapp über 100 Euro. Selbst Custom-Shop-Modelle namhafter Hersteller in Preisregionen eines Gebrauchtwagens, werden umgekehrt ja auch mit einfachen Pickguards angeboten, manche Gitarristen mögen eben auch bei einem mehrere tausend Euro teuren Instrument einfach keine "Bling-Bling"-Aufmachung. Es geht eher darum, möglichst viele Geschmäcker zu bedienen.

Auch habe ich mal für ein Projekt in der sozialen Einrichtung, in der ich arbeite, eine Westerngitarre für einen lediglich zweistelligen Neupreis erworben. Da wurden gleich 2 Schlagbretter separat beigelegt, eines in schwarz, das andere in edler Schildpatt-Optik. Man konnte sich dann entscheiden, welches man anklebt, es ist also nicht gerade der gewichtigste Kostenfaktor im Gitarrenbau.

Entscheidend für die Qualität einer Gitarre, ist die Basis, also die verarbeiteten Hölzer des Korpus und sehr viel mehr noch die Verarbeitung des Halses. Wurden die Bünde nur reingepfuscht, sodass das Instrument nur bei abenteuerlichen Saitenlagen und schauderhafter Intonation spielbar ist, nützt schließlich die schönste Optik nichts; so etwas endet dann meist als Wandschmuck. Natürlich spielen auch Tonabnehmer und Hardware eine Rolle, aber bei einem gut verarbeiteten Instrument wird der ambitionierte Gitarrist ohnehin irgendwann den Wunsch entwickeln, das alles auszutauschen, wenn die Basis für kleines Geld stimmt. Ein Satz guter, stimmstabiler Mechaniken kostet ja schon mehr, als so manche neue No-Name-E-Gitarre.

Besonders in den unteren Preisklassen, kann die Qualität bei ein und demselben Modell so oder so enorm schwanken, was den Kauf im Netz besonders bei solchen Instrumenten zum Glücksspiel macht. Dies liegt daran, dass aus Kostengründen Verarbeitung und Endkontrolle logischerweise keinen übermäßigen Zeitaufwand erfahren können; welches Pickguard da nun am Fließband montiert wird, hat darauf keinen Einfluss. Nichtsdestotrotz gibt es erstaunlich gut spielbare Gitarren von manchen preisgünstigen Herstellern, das war vor 20 Jahren noch ganz anders.

» Paulie » Beiträge: 554 » Talkpoints: 0,24 » Auszeichnung für 500 Beiträge


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