Von Körperbewegungen oder Gestik anderer gestresst sein?
Viele haben sicher schon von der Misophonie gehört, bei der Betroffene durch meist von anderen Menschen verursachte Geräusche unter extremen Stress geraten. So führt zum Beispiel ein kauendes Familienmitglied zu messbar starken Ausschlägen auf allen Ebenen der Stressausschüttung beim Menschen. Diese Phänomen sind verifizierbar, keine Spinnerei oder Wichtigtuerei und meiner Auffassung nach häufiger als man denkt.
Über Misophonie gab es hier schon das ein- oder andere Thema. Was aber ist mit einem starken Reagieren auf Körperbewegungen, Mimik oder Gestiken anderer Menschen? Fällt das tatsächlich noch in den Bereich der Misophonie oder ist das ein anderes, eigenständiges Syndrom? Wann hat euch das physische Verhalten, eine Körperbewegung, eine Marotte oder ein Anblick anderer schon mal an den Rand der inneren Unbeherrschtheit gebracht?
Dass das nicht unter Misophonie fällt, sagt ja schon der Begriff Hassen von Geräuschen. Was du meinst, nennt sich Misokinesie, also Hassen von Bewegungen. Allerdings ist das Phänomen kaum untersucht. Eine Studie mit rund 4.000 Studierenden ergab: Fast 40 Prozent fühlen sich von Zappeln gestört, fast ein Drittel auch von Geräuschen. Selten ist das nicht. Mich nerven auffällige Geräusche und Zappeln auch enorm. Wobei ich Hibbeln besser ausblenden kann als beispielsweise Schmatzen.
Ich bin recht schnell genervt von den Lebensäußerungen anderer, aber ich bin skeptisch, wo man hier die Grenze zu Miso-irgendwas ziehen soll. Ich habe auch schon davon gehört, dass manche Leute innerlich schier durchdrehen, wenn jemand laut atmet, aber wer hört anderen Leuten schon gerne beim Schmatzen zu? Ab wann ist es sozusagen "extremer Stress" und wo hört das genervte "Bitte denke an deine gute Kinderstube" auf?
Ich würde mich in dieser Hinsicht nicht mit einer psychischen Störung diagnostizieren, bin aber sicher, dass ich auch schon "messbar" genervt war, wenn jemand schmatzt, laut tippt oder alle drei Sekunden die Nase hochzieht. Und ähnlich geht es mir auch mit sinnfreien, repetitiven Bewegungen in meinem Blickfeld, weil mein Hirn wie das aller Primaten auf Bewegung reagiert und ich so unwillkürlich abgelenkt werde. Und ich halte es zu einem gewissen Grad auch für ganz normal, wenn andere Menschen so offensichtlich Nervosität durch ihre Körpersprache vermitteln, selber auch nervös zu werden.
Bei mir hängt es davon ab, wie ich mich grade fühle. Wenn ich ausgeglichen bin und mich an dem Tag nichts stört und ich keinen Stress habe, dann reagiere ich auf so was nicht und dann sollen die anderen Leute doch machen, was sie wollen. Mir ist es egal, wenn jemand die ganze Zeit neben mir von A nach B zappelt, sofern er oder sie mich da nicht aktiv reinzieht, ist es mir relativ egal. Man kann niemandem verbieten sich auf eine gewisse Art zu bewegen oder eben eine bestimmte Gestik an den Tag zu legen. Dabei muss man auch daran denken, dass es Menschen gibt, die das Ganze nicht steuern können und solche Sachen nicht machen um einen bewusst auf die Palme zu bringen.
Wenn ich jedoch sowieso schon sehr stark gestresst bin, dann kann es durchaus vorkommen, dass ich mich dadurch beeinflussen lasse. Wenn ich selbst schon einen Moment habe, wo ich sehr gestresst und sehr hektisch bin, dann kann ich es nicht gebrauchen, wenn die Person neben mir sich genau so verhält und auch übertriebene und schnelle Bewegungen vollführt, dass führt dann dazu, dass ich mich ebenso schneller bewege und noch hektischer werde, was wiederum die andere Person beeinflussen kann. Alles in Allem ist es also ein Teufelskreis.
Ich habe schon öfter von der Misophonie gehört und kenne auch einige Leute, die davon betroffen sind. Aber ich denke, dass ein starkes Reagieren auf Körperbewegungen, Mimik oder Gestiken eher in einen anderen Bereich fällt. Es könnte zum Beispiel im Bereich der Empathie liegen, wenn man sehr empfindsam auf die Emotionen anderer reagiert und dadurch auch auf deren Körperbewegungen oder Mimik stark reagiert.
Ich persönlich habe auch schon Situationen erlebt, in denen ich durch das Verhalten anderer an den Rand der inneren Unbeherrschtheit gebracht wurde. Das kann zum Beispiel passieren, wenn jemand sehr laut atmet oder ständig mit den Fingern trommelt. Besonders schlimm finde ich es, wenn jemand ständig seine Fingernägel kaut oder mit einem Kugelschreiber auf einem Tisch rumtrommelt. In diesen Momenten kann ich mich nur schwer konzentrieren und bin extrem abgelenkt.
Allerdings versuche ich in solchen Situationen immer ruhig zu bleiben und mich nicht davon unterkriegen zu lassen. Ich weiß, dass es für die meisten Menschen nur kleine Marotten sind, die sie vielleicht gar nicht bemerken, aber für mich kann es sehr belastend sein. Deshalb versuche ich, mich auf andere Dinge zu konzentrieren oder wenn möglich, den Raum zu verlassen, um mich zu beruhigen.
Ich denke, dass es wichtig ist, dass man mit anderen Menschen darüber spricht und versucht, gemeinsam eine Lösung zu finden. Denn oft sind sich die anderen Menschen gar nicht bewusst, dass ihr Verhalten so belastend ist. Es ist wichtig, respektvoll miteinander umzugehen und auch auf die Bedürfnisse anderer Rücksicht zu nehmen.
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