Von Besucher Geld für Mittagessen verlangen?
Ich muss auch sagen, dass ich die beschriebene Situation reichlich merkwürdig finde. Wenn die Eltern des Freundes sich das Essen für eine zusätzliche Person nur schwer leisten können, dann müssen sie es aber doch vorher wenigstens sagen, dass ein Besucher das Essen dann mit fünf Euro selber bezahlen muss, wenn derjenige eben etwas essen möchte. Das wird dann wohl in den meisten Fällen dazu führen, dass der Besuch darauf verzichtet, da etwas zu essen, aber dann kann man wenigstens entscheiden, was man macht.
Aber wenn einem dann nach dem Essen quasi die Rechnung präsentiert wird mit der man nicht gerechnet hat, dann geht das für mich gar nicht und das würde auch bei mir nicht dazu führen, dass die Eltern des Freundes mir sonderlich sympathisch wären. Und die Begründung der Eltern finde ich auch ziemlich komisch. Sicher gelten bei der festen Freundin des Sohnes vielleicht andere Regeln, aber wenn die dann öfter da isst, dann würde ich es noch eher verstehen, wenn die Eltern sagen, dass sie sich das nicht leisten können oder so.
Aber gerade dann, wenn es vielleicht nur einmal oder doch selten vorkommt, dass diese Jugendliche bei der Familie etwas isst, finde ich die Begründung deutlich unangemessen. Oft ist es bei Freunden doch auch so, dass es sich dann ausgleicht, weil jeder auch mal bei der Familie des anderen mit essen darf. Wenn sich dann alle immer gegenseitig die Rechnung präsentieren, wäre das schon ein wenig lustig und interessant.
Ich würde das generell niemals verlangen. Wenn ich jemanden zum Essen einlade oder auch mal so spontan bei mir essen lasse, verlange ich nie Geld dafür. Auch wenn es nur eine einmalige Sache ist und ich weiß, dass ich bei der Person nicht essen werde, mache ich das nicht. Es ist ja nur ein Essen und solange man nicht gerade Hummer, Kaviar und Champagner auftischt, wird man ja nicht arm davon. Und auch wenn - wenn man meint, so etwas servieren zu müssen, ist man ja auch selbst schuld dran.
Ich habe öfter mal Freunde zum Essen da, würde aber nie Geld von ihnen verlangen. Eigentlich ist es ja ein Geben und Nehmen und bei Freundschaften gleicht sich das ja immer irgendwie aus. Aber auch wenn nicht - so ein Verhalten finde ich einfach unverschämt und ich finde, dass das auch gar nicht geht. Vor allem finde ich fünf Euro absolut übertrieben. Das steht ja in keinem Verhältnis.
Anders ist es, wenn man gemeinsam kocht. Ich finde schon, dass man da erwarten kann, dass sich der Gast an den Zutaten beteiligt oder es zumindest anbietet oder ein Getränk anbietet oder dergleichen. Da bringe ich auch oft etwas mit oder frage zumindest, ob ich irgendwas von den Zutaten beisteuern kann.
Das ist ja wohl der Gipfel der Frechheit, für ein kostenlos angebotenes Mittagessen im Nachhinein noch Geld zu verlangen. Im Imbisslokal bekomme ich für fünf Euro ein vollwertiges Essen bestehend aus zum Beispiel Schnitzel mit Pommes und Salatbeilage. Dann muss ich nicht einmal in die dämlichen Gesichter der doofen Eltern des beschränkten Freundes gucken. Vielleicht hat sie sich auch noch artig bedankt, bevor ihr die Rechnung präsentiert wurde. Aber das ist ja auch alles völlig irreal.
Denn zuerst muss ein Vertrag zu Stande kommen, bevor Geld abkassiert wird. Es muss also ein Angebot und eine Nachfrage existieren. Die Eltern müssen das Mittagessen also als etwas präsentieren, was nicht gratis zu haben ist. Sie müssen dann einen Preis dafür ausloben. Erst wenn das wirklich geschieht, kann die Freundin annehmen oder, was ich getan hätte, pikiert ablehnen. Als meine Tante einmal ins Krankenhaus musste, aßen meine Cousine und ihr Bruder bei uns zu Abend.
Mein Vater war ein wahrer Spaßvogel und scherzte sehr gern. So fragte er nach dem Essen die beiden etwas schüchternen Kinder nach Geld. Was waren die Kleinen verlegen. Aber der Scherz wurde schnell aufgelöst und meine Cousine und mein Cousin waren sehr erleichtert. Und genau dafür würde ich das halten, wenn mich jemand, was ich für Gastfreundschaft hielt, abkassieren wollte. Einfach nur für einen blöden Scherz.
Also ich käme nie auf die Idee von Gästen, welche bei uns mitessen, etwas für das Essen zu verlangen. Wo bleibt denn da die Gastfreundschaft? Natürlich kenne ich die Vorgeschichte nicht und kann nicht beurteilen wie es um die finanzielle Lage der Familie und die Ausgangssituation bestellt war.
Wenn das Mädchen jeden zweiten Tag ungefragt zum Essen vorbei käme oder wenn die Familie selbst zum Beispiel an der Armutsgrenze lebt und der Sohn eigentlich wusste, dass das Essen sehr knapp ist dann lässt es sich vielleicht noch nachvollziehen, dass die Eltern wenig begeistert über den Essensgast waren. Aber ich kann mir trotzdem nicht vorstellen, dass das Mädchen sich einfach einen Teller aus dem Schrank geholt und an den Töpfen bedient hat. Ich hätte in diesem Fall den Sohn im Nachhinein gebeten zukünftig vorher zu fragen, ob sein Gast mitessen darf und hätte nicht einfach Geld von dem Mädchen verlangt. Peinlicher und unhöflicher geht es ja schon gar nicht mehr.
Abgesehen davon finde ich 5 Euro für eine Portion auch ganz schön frech. Die Eltern haben ja mit Sicherheit kein 5-Gänge-Menü in Sternekategorie zubereitet. So viel kostet ja nicht mal ein Kantinenmenü mit 3 Gängen bei uns in der Arbeit.
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