Vom Abitur zum Studium - großer Sprung?
Ich stehe kurz vor meinem Studium und mir wird oft gesagt, dass das Studium ein ganz anderes Niveau ist, als das Abitur auf dem Gymnasium, nämlich unheimlich viel schwieriger.
Ich bin halt so einer, der seit der 6, Klasse absolut gar nichts mehr für die Schule gemacht hat, und damit meine ich wirklich überhaupt nichts. Trotzdem hatte ich immer gute Noten, nicht weil ich beliebt bei den Lehrern war (im Gegenteil), sondern weil ich das nicht wirklich schwer fand. Mein schlechtester Schnitt war 2,6 und das lässt sich dafür, das ich nichts dafür getan habe recht gut sehen.
Die frage ist, schaff ich das im Studium auch. Klar ist, mit nichts werde ich das nicht schaffen. Ich werde schon mir mühe geben, das werde ich ernst nehmen. Nur, ist der Sprung wirklich sehr groß, so dass ich trotz viel lernen, es schwer haben werde im 2er Bereich zu bleiben oder ist der Unterschied überschaubar, sodass ich sogar mit etwas Mühe und lernen besser abschneide?
So pauschal kann man das nicht beantworten. Das kommt in meinen Augen zum Großteil darauf an, was du studierst und wie gut dir das Ganze liegt. Wenn du zu den Leuten gehörst, die nach einer Vorlesung alles verstanden und abgespeichert haben, dann kannst du durchaus auch ohne viel Lernerei gute Noten im Studium erreichen.
Ich kann dir nur von mir selbst berichten, ohne mich als potentielles Vorbild darzustellen - im Gegenteil, ich rate dringend vom Nachmachen ab, weil ich bis heute glaube, dass ich verdammt Glück hatte, mit meiner Einstellung so weit zu kommen.
Ich habe in der achten Klasse aufgehört, etwas für die Schule zu machen. Keine Hausaufgaben, keine Mitarbeit im Unterricht, viele Fehlstunden. Selbst zum Abitur habe ich keinen Finger krumm gemacht und bin ohne jede Vorbereitung in die Prüfungen gegangen. Hat geklappt.
Ich habe mich dann zum Jurastudium in der Uni eingeschrieben. Das wurde uns von Anfang an als eines der lernintensivsten Fächer vorgestellt und ich nahm mir natürlich vor, fleißiger zu sein. Was soll ich sagen, ich bin eine faule Socke. Anfangs ging ich noch brav in die Vorlesungen, für Klausuren hab ich trotzdem nicht gelernt. Bis auf eine Hausarbeit hatte ich aber alles bestanden -trotz hoher Durchfallquoten.
Die letzten zwei Jahre des Studiums war ich praktisch nie anwesend, so dass ich tatsächlich ganze vier Semester einfach gar nichts fürs Studium gemacht habe, außer zwei Klausuren und zwei Hausarbeiten zu schreiben.
Während meine Kommilitonen sich ein halbes bis ein Jahr auf das Staatsexamen vorbereitet hatten, fing ich exakt drei Wochen vorher an, mir endlich mal den Stoff aus den letzten vier Semestern anzugucken. Keineswegs ganztags, vielleicht vier bis fünf Stunden am Tag. Tja, hat gereicht. Knapp 50% im ganzen Bundesland waren durchgefallen, ich hatte überm Durchschnitt bestanden.
Ich denke, du wirst recht schnell merken, ob du mit deinem Lernverhalten etwas erreichst oder nicht. Wie du siehst, kann es ja gut gehen, auch wenn man gar nichts für das Studium macht. Ich kann dir aber nur dazu raten, möglichst früh dein Lernverhalten zu ändern, denn je länger man der Faulheit frönt, desto schwerer wird es irgendwann.
Zuletzt kommt es auch ganz stark darauf an, die wie Notenvergabe in deinem Studienfach ist. Einige Fächer mögen da der Schule gleichen. Ich kann nur von Jura reden und da ist selbst das "befriedigend" (so ab 9 von 18 Punkten) schon eine Seltenheit. Der Durchschnitt liegt deutlich darunter. Die Lehramtsstudenten die ich kenne, fanden 9 oder 10 Punkte an ihrem Fach gemessen immer verdammt wenig.
Ich kann meinem Vorredner da nur zustimmen, pauschalisieren kann man den voraussichtlichen Lernaufwand im Studium nicht.
Auch wenn mich dafür so mancher Geisteswissenschaftler hassen wird: wie viel du lernen musst, hängt meinen Beobachtungen nach stark vom Studiengang ab. Während die Philosophen und Soziologen beispielsweise gefühlt überhaupt nichts tun müssen und sich die Nächte um die Ohren schlagen, sitzt der ambitionierte Mediziner oder MINTler auch nachts um halb zwölf noch am Schreibtisch und arbeitet.
Zudem ist wohl dein Interesse am Fach mit den Erfolgsaussichten des Studiums streng korreliert. Natürlich steht dir frei, dich für ein Studium zu entscheiden, welches dich eigentlich überhaupt nicht interessiert - ob du dieses dann aber (erfolgreich) zu Ende bringen kannst und wirst, ist fraglich. Je mehr Interesse du jedoch am jeweiligen Fach hast, desto leichter wird es dir auch fallen, dich zum Lernen zu motivieren, vielleicht sogar mehr zu tun als nötig.
Wichtig schien mir zudem auch immer, welcher "Lerntyp" man ist. Jeder kennt aus seiner Schulzeit die Leute, die einfach alles auswendig lernen und damit ihre Einsen einfahren. Das funktioniert in den Natur- und Ingenieurswissenschaften nicht mehr oder nur noch sehr eingeschränkt, hier muss man sich vieles selbst erarbeiten (z.B. Beweise).
Diese Leute können ihr Talent dann aber vielleicht in den Geisteswissenschaften nutzen und werden hervorragende Juristen, die jeden Paragraphen bis ins kleinste Detail kennen. Die Logiker hingegen sind wahrscheinlich in den meisten Geisteswissenschaften aufgeschmissen und können in den MINT-Fächern ihr Potential voll ausschöpfen, wenn es darum geht, Beweise zu führen oder Lösungen zu gegeben Problemstellungen zu erarbeiten.
Ich persönlich finde mich in deinem Post sehr gut wieder. Ich habe damals in der Schule auch überhaupt nichts gemacht, häufig kam es mir ungerecht vor, dass andere, die viel mehr gelernt hatten, schlechtere Noten kassiert haben. An der Universität war es für mich erstmal eine Art Schock, nicht mehr zu den Besten zu gehören, sondern im Mittelfeld rumzudümpeln.
Das hat mich irgendwann so sehr gewurmt, dass ich mich immer mehr reingehangen habe, bis ich irgendwann wieder ziemlich weit oben mit dabei war. Allerdings musste ich zugleich auch akzeptieren, dass es immer Leute gibt, die alles noch ein Bisschen besser können, denen das Können scheinbar "zufliegt". Sehr geholfen hat mir auch mein Freundeskreis, wir spornen uns mit unseren Leistungen gegenseitig an und meist kommt ein recht großer Anteil der besten Klausuren aus unseren Reihen.
Ich finde, dass meine Vorredner das sehr gut zusammengefasst haben, aber ein Punkt wurde noch nicht erwähnt und zwar, wie viel Zeit man überhaupt für das Studium haben wird und wie die Klausuren gestellt werden.
So müssen manche Studenten ja auch neben dem Studium arbeiten, weil sie kein Bafög bekommen oder die Eltern sich den Unterhalt nicht leisten können. Ein Student darf laut Krankenversicherung bis zu 20 Stunden pro Woche arbeiten und wenn diese Zeit voll ausgeschöpft wird, dann fehlt diese Zeit einfach zum Lernen. Ich habe beispielsweise zwei Jobs neben dem Studium, weil ich mir sonst mein ganzes Leben gar nicht leisten kann und arbeite dann 18 Stunden pro Woche, früher 19 Stunden. Wenn man dann teilweise von der Arbeit nach Hause kommt ist man kaputt und so fertig, dass man auf gar nichts mehr Lust hat und nur eine Pause braucht.
Auch hängt es davon ab, wie du sozial bei den Kommilitonen integriert bist. Denn dann bekommst du Tipps wie Lernhinweise, Atlklausuren etc. schneller und kannst entsprechend reagieren. Erfahrungsgemäß schneiden Studenten, die eher isoliert leben und keinen Kontakt zu den Kommilitonen desselben Jahrgangs haben, tendenziell schlechter ab, zumindest bei uns in den MINT-Fächern, wie das bei anderen Fächern ist kann ich nicht sagen.
Ein weiterer Punkt, den man nicht beeinflussen kann ist wie der Dozent die Klausurfragen stellt. So musste ich die Uni wechseln, weil wir einen über ambitionierten Dozenten hatten, der die Klausur so gestellt hat, dass über 83% durchgefallen sind. Die Klausur war so gemacht, dass man das von der Zeit und dem Aufwand her gar nicht geschafft hat. Statt kurze Antworten zu geben, musste man pro Frage mindestens einen einseitigen Aufsatz schreiben und das ist eben zeitaufwendig.
Dann gibt es auch Klausuren, die man mit Multiple Choice lösen muss oder wo Definitionen und Fakten abgefragt werden, aber auch wo man ausführliche Aufsätze oder Essays schreiben muss. Je nachdem welche Methode dir am meisten liegt, musst du dafür nicht so viel lernen, aber wenn du viel lernst und es kommen Klausuraufgaben, die dir überhaupt nicht liegen und mit denen du Probleme hast, dann hast du Pech.
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