Vereinsamt man durch Selbstbedienungskassen?
In unseren Supermärkten werden immer mehr Kassen durch Selbstbedienungskassen ersetzt. Gerade alte Leute, die sonst niemanden mehr zu Hause haben, sprechen sich mal gerne bei einer Kassiererin im Supermarkt aus. Dies geht aber nicht mehr bei den Selbstbedienungskassen.
Vereinsamt man durch Selbstbedienungskassen oder ist das ein Mythos? Wird so der Besuch im Supermarkt so nur mehr zu einer Begegnung mit einem Computer und geht so das Zwischenmenschliche gänzlich verloren?
In den meisten Supermärkten gibt es doch beides, Selbstbedienung und normale Kassen. Da können die älteren Leute also durchaus noch mit den Kassierern reden, so sie denn diesen Wunsch verspüren. Ansonsten sind meist noch Arbeiter anwesend, falls ein Kunde Probleme mit der Kasse hat, die ebenfalls gerufen werden können.
Bei den meisten Menschen dürfte es aber wohl zu keiner Vereinsamung führen. Ich kann mich nicht erinnern, jemals ein längeres Gespräch an der Kasse geführt zu haben. Eher liefen sie alle auf etwa diese Weise ab: "Haben sie die Deutschlandcard?" - "Ja" - "In Ordnung, es kostet ____. Schönen Tag noch." - "Danke, Ihnen auch." Wenn ich die Deutschlandcard schon draußen hatte, fiel der erste Teil natürlich weg. Die größte Abwandlung war vielleicht mal ein mitfühlender Blick seitens der Kassiererin, als ich Binden und Schokolade zusammen gekauft habe.
Den Mythos hast wohl eher du wenn du der Meinung bist, dass in einem Supermarkt, der groß genug ist damit sich eine Selbstbedienungskasse zu leisten, die Kassiererin Zeit hat, damit man sich bei ihr aussprechen kann.
In der Realität sieht das doch so aus, dass die Kassiererin nicht an der Kasse hockt und Däumchen dreht wenn nichts los ist und dann kommt Oma Ilse und erzählt ihr erst mal ihre Lebensgeschichte. Wenn nicht genug Kunden da sind werden Kassen geschlossen und die Angestellten werden anderswo im Supermarkt eingesetzt. Ich bin öfter mal später Abends noch bei Real und da ist teilweise sogar nur eine Kassen offen und an der bildet sich eine Schlage, deren Unmut sich Ilse mit ihrer Lebensgeschichte zuziehen würde.
Ich erlebe nun wirklich keine Zwischenmenschlichkeit in Supermärkten. Ich wechsle schon mal einen Satz mehr als nötig wenn es sich ergibt, weil ich es teilweise schon befremdlich finde, wenn die Kassiererinnen völlig ignoriert werden, aber das hat doch mit sozialen Kontakten nichts zu tun. Ich bin einfach nur höflich.
Bei uns beim MERKUR wird schon oft gesprochen, wenn die Waren über den Scanner gezogen werden. Da kommt auch Oma zu Wort. Dazwischen dreht man aber selten die Daumen, weil die Kassiererinnen dazwischen die Regale zu betreuen haben. Auch dort kann sie Oma ansprechen und aus dem Nähkästchen plaudern.
Ich wüsste nun nicht wie eine ältere Person oder sonst irgendwer an der Kasse ein langes Gespräch führen soll. Da wird man doch meistens nur noch gefragt ob man bestimmte Punktesammelkarten hat und dann bekommt man noch einen schönen Tag gewünscht, am Anfang vielleicht noch eine Begrüßung, mehr ergibt sich doch nicht.
Ich denke, dass man sich auch im Alter Hobbys suchen kann und der Kontakt zu Menschen sicherlich nicht nur aus dem Personal an der Kasse bestehen sollte, es gibt viele Möglichkeiten und deswegen muss man auch nicht vereinsamen, weil die Kassen umgestellt werden. Außerdem gibt es doch in den meisten Supermärkten noch beides.
Ich kenne das überhaupt nicht so, dass man an Kassen großartig quatscht. In der Apotheke vielleicht, wenn man sich beraten lassen möchte über Wirkungsweise, Nebenwirkungen und den zu behandelnden Symptomen. Ich könnte mir vorstellen, dass eine einsame Oma in einer Apotheke sehr viel Gesprächsbedarf ausleben könnte. Das ist aber im normalen Supermarkt gar nicht möglich, selbst an der Frischtheke nicht. Man sagt nur was man will und zahlt, von den gängigen Höflichkeitsformeln wie Begrüßung, Danke und Bitte mal abgesehen. Daher erschließt sich mir nicht so wirklich, warum man durch Selbstbedienungskassen vereinsamen sollte.
Mir persönlich geht da sicher nichts verloren. Ich wohne in einer großen Stadt und bin regelmäßig in anderen Supermärkten. Ich kann mich nicht daran erinnern, ein Gesicht an der Kasse schon zweimal gesehen zu haben und zu den Zeiten, in denen ich einkaufen gehe, ist immer viel los. Die Bedienung ist meistens freundlich, aber es kommt kein Plausch auf, entweder weil die Schlange lang ist oder man sich eben überhaupt nicht kennt.
Ich denke, in meiner alten Heimat würde sich das deutlicher bemerkbar machen, sollten dort irgendwann mal die Kassierer durch Maschinen ersetzt werden. Die meisten arbeiten seit vielen Jahren dort und unterhalten sich durchaus regelmäßig mit den Kunden. Dass man ohne diese Interaktionen vereinsamt, halte ich für übertrieben, zumindest für das Gros der Masse, aber es würde schon deutlicher stiller ohne diese Kassierer zugehen.
Allerdings habe ich auch hier noch keinen Supermarkt gesehen, der ausschließlich Selbstbedienungskassen zur Verfügung stellt. In der Regel ist bei uns beides vorhanden. Darüber hinaus stehen auch bei den Selbstbedienungskassen noch ein, zwei Kassiererinnen, die bei Schwierigkeiten helfen.
Selbstbedienungskassen sind im ländlichen Alpenvorland wohl noch nicht so verbreitet, jedenfalls habe ich noch keine gesehen. Generell bin ich persönlich nicht glücklich damit, wenn an den Endkunden immer mehr Arbeit abgewälzt wird, damit irgendwelche Unternehmen Personal und damit Geld sparen können, ohne dass derjenige, der seine Möbel selber baut und sein Müsli selber scannt, einen positiven Unterschied in der Preisgestaltung bemerkt.
Aber ganz davon abgesehen halte ich es für ein realitätsfremdes Klischee, dass gerade die alten Muttchen durch die Bank so einsam sind, dass sie die Kassiererin in der Kassenschlange vollquatschen müssen. Die wirklich einsamen Senioren schaffen es wahrscheinlich nicht mal mehr in den Supermarkt, und die rüstigen Alten, die mir so auf der Straße begegnen, haben durch die Bank mehr private Sozialkontakte als ich in meinen Dreißigern. Das örtliche Seniorenheim hält nicht weniger als drei Cafés über Wasser, und man trifft an jeder Straßenecke ältere Leute, die spazierengehen und sich nett unterhalten.
Auch meine fast 90-jährige Nachbarin macht Ausflüge, lässt sich die Dauerwelle regelmäßig nachspannen, besucht Freunde und geht wählen. Wenn man dieser Rentnerschaft erzählen würde, dass sie es bestimmt vermissen würden, wenn die Kassiererin im Supermarkt mitleidshalber ein paar Worte mit ihnen wechselt, würden diese wahrscheinlich schallend loslachen. Und wenn man tatsächlich dagegen vorgehen möchte, dass Menschen einsam zu Hause sitzen, kann man ja schlecht ausgerechnet in den Supermärkten damit anfangen.
In meiner Region gibt es in den Supermärkten noch keine Selbstbedienungskassen, aber auch wenn es diese mal flächendeckend gibt kann ich es mir nicht vorstellen, dass die Menschen deswegen vereinsamen. Ich kenne es nun auch so, dass man an der Kasse nicht wirklich viel spricht. Wenn mal jemand da ist, der einen erhöhten Gesprächsbedarf zu haben scheint, dann wird doch von hinten schon wieder gedrängelt.
Darum würde ich auch einfach sagen, dass nicht so viel an zwischenmenschlichen Gesprächen durch diese Kassen wegfällt, dass die Menschen dadurch vereinsamen, weil sie keine Kassierer mehr haben, mit denen sie reden können. Wenn das tatsächlich so sein sollte, dann würde ich auch spätestens schauen, dass ich mir ein Hobby oder eine andere Beschäftigung suche, bei der ich in Kontakt mit anderen Menschen komme. Das kann eine Kassiererin doch sowieso niemals ersetzen.
Ich habe auch noch keinen Supermarkt gesehen, in dem es ausschließlich Selbstbedienungs-Kassen gibt. Von daher denke ich, stehen wir noch nicht so wirklich vor dieser Frage. Ich frage mich vielmehr was das für Läden sind, in denen man noch die Möglichkeit hat der Kassiererin seinen Lebensweg ausführlich darzulegen.
Wenn ich zum Beispiel an den ALDI Supermarkt denke, da werden die Kassiererinnen und Kassierer ja nach Leistung bezahlt, also versuchen die schnell alles über die Kasse zu ziehen. Das sieht man ja schon, weil es im Kassenbereich keine Auslauffläche gibt. Das zeigt auch, dass die gar keine Zeit haben großartig mit jemandem zu quatschen und dem zuzuhören, da ist dann direkt der nächste Kunde dran. Man könnte also auch fragen, ob man im ALDI vereinsamt. Und das denke ich doch eher wohl nicht.
Und wie bereits geschrieben wurde gibt es ja auch genügend andere Anlaufstellen, an denen man sich mit anderen Leuten unterhalten und austauschen kann. Ich denke da ist der Supermarkt weder die einzige Anlaufstelle noch der große Beitrag zur Vereinsamung betagter Mitmenschen.
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