Verdoppelung der Chefgehälter gerechtfertigt?
Ich habe hier einen etwas älteren Bericht von 2012 ausgegraben, wonach sich die Chefgehälter von 2003 an verdoppelt hätten. Dies wäre eine Steigerung von 10 Prozent im Jahr. Wäre HARTZ IV im selben Zeitraum entsprechend gestiegen, müssten wir jetzt einen Regelsatz von 690 Euro haben. Aktuell liegt er bei 399 Euro.
Findet ihr die Verdoppelung der Chefgehälter gerechtfertigt? Wie stark haben sich eure Löhne, Gehälter oder Renten in diesem Zeitraum verändert?
Natürlich sind diese Gehälter absolut gerechtfertigt. Das Geld kommt nicht vom Staat und nicht von den Hartz-IV-Empfängern, sondern von den Eigentümern der Firma. Die Aktionäre müssen den Gehältern zustimmen, weil es ihr Geld ist. Kein anderer Mensch und keine Institution hat da das Recht, sich einzumischen oder darüber zu urteilen, ob das Gehalt gerechtfertigt ist.
Die Studie hat sich offensichtlich den Tiefpunkt des DAX nach dem Crash des neuen Marktes heraus gesucht. Damals waren die Gehälter wahrscheinlich auch ungewöhnlich niedrig, weil sie ja auch teilweise abhängig vom Aktienkurs sind. Die Studie ist also nur darauf ausgelegt, möglichst hohe Zahlen zu liefern um eine Schlagzeile produzieren zu können. Fakt ist, dass sich der DAX seit 2003 mehr als vervierfacht hat. Die Vorstandsgehälter sind also nicht so stark gewachsen wie der Börsenwert der Unternehmen.
Ein Vergleich mit Hartz-IV-Sätzen, die vom Staat festgelegt werden, ist völliger Unsinn. Die Kriterien zur Festlegung der Bezahlung sind einfach völlig verschieden.
Wer sich über Vorstandsgehälter beschweren will, kann nur eines machen: Aktien kaufen, zur Hauptversammlung gehen und dort seine Argumente anbringen. Ansonsten hat man da kein Wort mitzureden.
@Weasel_: Mit dem was du schreibst machst du es dir ein wenig zu einfach, denn so stimmt das natürlich nicht, wenn wir annehmen, dass das Gerede von "sozialer Marktwirtschaft", "Verantwortung von Eigentum", "Getragener Verantwortung" ernst gemeint ist.
Ebenso wenn die Tatsache, dass marktwirtschaftlich handelnde Unternehmen wie die "Deutsche Bahn", "Bundesdruckerei", "Energiewerke Nord", "Deutsche Post", "Deutsche Telekom", "Commerzbank" und "Flughafen München" (um mal ein paar Große zu nennen) immer noch zu großen Teilen dem Staat gehören (und hier war die Entwicklung der Gehälter in den Chefetagen ja ähnlich!), anerkannt wird und der Staat hier eben Einfluss nehmen könnte.
Das Beispiel mit der Steigerung von Hartz IV sollte ja nur illustrieren, was die Gehaltsentwicklung angeht. Man könnte aber auch einfach die Entwicklung der untersten Gehaltsstufen in den Unternehmen nehmen und sehen, wie diese sich im Verhältnis zur Chefetage verändert hat. Wobei der Hartz IV Betrag sich als "Null-Linie" gut eignet und damit einfach die Geschwindigkeit darstellt, mit der wir das Gefälle zwischen "Oben und Unten" vergrößern lassen.
Und da stellt sich wirklich die Frage, wie viel Einfluss der Chef (bzw. die Vorstände) auf die "positive" Entwicklung haben oder aber ob diese Personen nicht schlicht austauschbar wären. Dann könnte tatsächlich deren Gehalt in Frage gestellt werden. Ebenso muss man auch anerkennen, dass große Teile der Konzerngewinne durch Lohndrückerei (bei eigenen Angestellten aber auch indirekt durch massives Auspressen von Lieferanten) gewonnen werden.
Auf der anderen Seite steht immer wieder die öffentliche Hand bereit, wenn es um die Beauftragung von Mega-Projekten geht - wovon in erster Linie die Konzerne profitieren (sei es im Baugewerbe oder beim Maschinenbau oder auch bei Dienstleistungen). Es ist leider nicht so, dass hier schlicht der Markt alles "richtig" regelt. Die Verteilung ist praktisch willkürlich geworden und spiegelt weder die "Leistung" noch die "Verantwortung" wieder, welche Vorstände angeblich tragen.
Aber vielleicht noch wichtig zu wissen: ich wüsste auch keine "Lösung" des Problems weil es sicher keine Formel für eine faire Bezahlung gibt. Für mich ist es nur klar, dass eine einzelne Person zu keinem Zeitpunkt der Geschichte für sich in Anspruch nehmen kann, einen Bezug von mehreren Millionen pro Jahr "verdient" zu haben. Übrigens meine ich das nicht "moralisch" sondern wirklich "ökonomisch".
Was aber die Leistung Einzelner angeht, hat Brecht schon so schön gefragt: "Cäsar schlug die Gallier. Hatte er nicht wenigstens einen Koch bei sich?".
Und da stellt sich wirklich die Frage, wie viel Einfluss der Chef (bzw. die Vorstände) auf die "positive" Entwicklung haben oder aber ob diese Personen nicht schlicht austauschbar wären. Dann könnte tatsächlich deren Gehalt in Frage gestellt werden.
Natürlich darf man diese Frage stellen. Aber nur, wenn man Aktionär ist, darf man auch darauf aktiv Einfluss nehmen. Ja, der Staat ist auch Aktionär bei manchen Unternehmen. Dort könnte er etwas tun. Wieso er das nicht tut, musst du die zuständigen Beamten und Politiker fragen. Du könntest auch eine Petition einreichen, um zu fordern, dass sich der Staat für geringere Vorstandsgehälter bei Unternehmen, an denen er beteiligt ist, einsetzt. Dieses Vorgehen halte ich für durchaus legitim.
Wobei der Hartz IV Betrag sich als "Null-Linie" gut eignet und damit einfach die Geschwindigkeit darstellt, mit der wir das Gefälle zwischen "Oben und Unten" vergrößern lassen.
Die Vorstandsgehälter haben überhaupt nichts mit dem Gefälle von arm und reich zu tun. Die paar Millionen, die an eine Hand voll Vorstände gehen, spielen überhaupt keine Rolle gegenüber den Milliardengewinnen, die die Unternehmen machen. Wer das Gefälle bremsen will, muss sich an diesen Gewinnen beteiligen und sich nicht auf irrelevante Themen wie Vorstandsgehälter stürzen.
Ebenso muss man auch anerkennen, dass große Teile der Konzerngewinne durch Lohndrückerei (bei eigenen Angestellten aber auch indirekt durch massives Auspressen von Lieferanten) gewonnen werden.
Bei den eigenen Angestellten wohl kaum, die sind nach Tarif bezahlt und da bleibt kein Spielraum. Bei Lieferanten ist das so, das hat aber überhaupt nichts mit den Chefgehältern zu tun. Selbst wenn der Chef nur 1 Euro bekommen würde, würde weder die Belegschaft noch die Lieferanten auch nur einen Cent vom gesparten Gehalt sehen. Das Geld würde nur an die Aktionäre oder in das Wachstum des Unternehmens fließen.
Auf der anderen Seite steht immer wieder die öffentliche Hand bereit, wenn es um die Beauftragung von Mega-Projekten geht - wovon in erster Linie die Konzerne profitieren (sei es im Baugewerbe oder beim Maschinenbau oder auch bei Dienstleistungen).
Um Megaprojekte stemmen zu können, braucht man eine gewisse Infrastruktur und vor allem Kapital. Das können Kleinunternehmen und Mittelständler kaum leisten. Außerdem hat das Thema überhaupt nichts mit Vorstandsgehältern zu tun.
Es ist leider nicht so, dass hier schlicht der Markt alles "richtig" regelt. Die Verteilung ist praktisch willkürlich geworden und spiegelt weder die "Leistung" noch die "Verantwortung" wieder, welche Vorstände angeblich tragen.
Es gibt auch keinen Grund, dass es das tun muss. Das Gehalt der Vorstände spiegelt nur das wider, was ihr Brötchengeber ihnen zugesteht. Das unterscheidet sich überhaupt nicht von jedem anderen Job. Eine Bezahlung nach Leistung oder Verantwortung ist eine Illusion, die es in der realen Welt kaum gibt.
Aber vielleicht noch wichtig zu wissen: ich wüsste auch keine "Lösung" des Problems weil es sicher keine Formel für eine faire Bezahlung gibt. Für mich ist es nur klar, dass eine einzelne Person zu keinem Zeitpunkt der Geschichte für sich in Anspruch nehmen kann, einen Bezug von mehreren Millionen pro Jahr "verdient" zu haben. Übrigens meine ich das nicht "moralisch" sondern wirklich "ökonomisch".
Willkommen im Kapitalismus.
Ich empfinde die Verdoppelung der Chefgehälter als Schlag ins Gesicht der Leute, welche gerade mal für den Mindestlohn arbeiten. Die Schere in Deutschland geht immer weiter auseinander. Die Reichen bekommen immer mehr, und die Armen immer weniger. Und bezahlt wird das alles von der sogenannten Mittelschicht.
Wer die Verdoppelung der Chefgehälter befürwortet, sollte einmal in die Welt dieser sogenannten Führungspersönlichkeiten eintauchen und sich anschauen, was die wirklich leisten. Oftmals rein gar nichts, außer irgendwie präsent zu sein und seltsame Dinge zu erzählen, die Alles oder auch Nichts bedeuten mögen.
Bei den eigenen Angestellten wohl kaum, die sind nach Tarif bezahlt und da bleibt kein Spielraum. Bei Lieferanten ist das so, das hat aber überhaupt nichts mit den Chefgehältern zu tun. Selbst wenn der Chef nur 1 Euro bekommen würde, würde weder die Belegschaft noch die Lieferanten auch nur einen Cent vom gesparten Gehalt sehen. Das Geld würde nur an die Aktionäre oder in das Wachstum des Unternehmens fließen.
Ich finde, du fokussierst oft zu stark auf gewisse Fälle, die sich vielleicht in deiner Umgebung abspielen, die aber nicht allgemeingültig sind. Ich habe beispielsweise noch nie in einem Unternehmen gearbeitet, in dem ein Tarif gilt. In meinem gesamten Heimatlandkreis gibt es nur ein tarifgebundenes Unternehmen. Und Aktionäre spielen nur da eine Rolle, wo es solche auch gibt. Das würde ich bei Konzernen vermuten. Die Mehrheit der Firmen ist aber Kleinunternehmerschaft oder Mittelstand bis 250 Angestellte. Da gibt es häufig gar keine Aktionäre.
Es gibt Firmen mit so einem Aufbau und Aktionären, wie du es beschreibst, aber die meisten Menschen arbeiten in kleinen bis mittleren Unternehmen, die nicht börsennotiert sind und tariflich gebundene Löhne gibt es nur da, wo auch Tarifverträge gelten.
Solche Führungskräfte, um die es hier geht, stellen ja auch eine kleine elitäre Minderheit dar. Der kleine Kfz-Meister in seinem Betrieb mit wenigen Angestellten, die Handwerksfirma oder die Werbeagentur um die Ecke, die Arztpraxis oder die Kanzlei sind von solchen Szenarien ja weit entfernt. Da werden auch die Chefs mehr verdienen als die Angestellten, aber keine Millionenbeträge.
Ich finde es auch schwer zu akzeptieren, wenn andere sehr viel mehr Gehalt bekommen als ich. Ich denke, das geht jedem so. Man findet das dann ungerecht. Also ich würde mir da auch etwas mehr staatliche Lenkung wünschen und ein Weg vom Kapitalismus an manchen Stellen, aber das wird vermutlich nicht passieren. Was aber stimmt, ist, dass jeder auch daran arbeiten kann, seine eigene Position zu verbessern.
Damit meine ich nun nicht, dass jeder ein Millionengehalt bekommen kann. Das halte ich wirklich für unrealistisch und ich denke auch, dass diejenigen Wenigen, die das erreichen, vermutlich eine Mischung aus guter Herkunft, Glück und glückliche Fügung, hohes Anfangskapital und Zugehörigkeit zu einflussreichen Kreisen hatten. Das hast du ja als 08/15 Bürger eher nicht.
Aber man kann überlegen, wie man noch zusätzlich Geld einnehmen kann, in meinem Fall habe ich dann angefangen noch selbstständig was nebenbei zu machen und zu vermieten und das lohnt sich im Kleinen auch. Inzwischen ist es sogar so, dass ich ohne meinen Hauptjob nur von der selbstständigen Tätigkeit und der Vermietung leben könnte - also wenn ich irgendwann mal die Nase total voll von meiner Arbeit habe, kann ich sie hinschmeißen.
Mir wäre es natürlich auch lieber, wenn ich pro Jahr mehrere Millionen verdienen würde. Dann würde ich den Job ein paar Jahre machen und mich dann zur Ruhe setzen. Aber leider habe ich eben diese Möglichkeit nicht.
Juri1877 hat geschrieben:Ich habe hier einen etwas älteren Bericht von 2012 ausgegraben, wonach sich die Chefgehälter von 2003 an verdoppelt hätten. Dies wäre eine Steigerung von 10 Prozent im Jahr. Wäre HARTZ IV im selben Zeitraum entsprechend gestiegen, müssten wir jetzt einen Regelsatz von 690 Euro haben. Aktuell liegt er bei 399 Euro.
Findet ihr die Verdoppelung der Chefgehälter gerechtfertigt?
Manchmal frage ich mich, ob man hier bei einer Erstellung eines Threads nicht nachdenkt. Hauptsache man hat einen Vergleich, egal wie absurd dieser ist. Und damit ist deine Ausgangsfrage ein Paradebeispiel dafür, welche absolut sinnlosen Vergleiche man in der aktuellen Welt ziehen kann. Was hat denn das Gehalt eines Vorstands zum Beispiel mit dem HartzIV Satz gemeinsam?
Genau, eben rein gar nichts. Hartz IV ist eine staatliche Entscheidung und ein Vorstandschef bezahlt sich nicht durch Steuergelder. Ich kann auch absolut nicht verstehen, warum so dermaßen öffentlich zum Beispiel die Gehälter von Volkswagen diskutiert werden. Vor allem von jenen Personen, die nicht einmal Aktien besitzen und evtl. mitreden könnten. Hauptsache man hat etwas zu meckern und zu parallelisieren, was für logisch denkenden Menschen nicht in Frage kommt zu kritisieren.
In der heutigen Zeit sind wahnwitzige Gehälter eben möglich. Dafür fahren viele Firmen eben Milliardengewinne ein und diese werden halt verteilt. Wo ist denn bitte das Problem? Wenn ein Vorstand im Jahr 12 Millionen Euro oder noch viel mehr verdient, dann ist es so. Und da gibt es auch nichts zu diskutieren. Wenn sich 1.000 neue Volkswagen Golf Besitzer sich darüber beschweren, wie ein Vorstand solche Unsummen verdienen kann, muss man echt an der Logik des Menschen appellieren.
Dass der Hartz IV Satz eben aktuell bei 404 Euro liegt, ist auch gut so. Das gesamte System ist auch Steuergeldern finanziert und ich würde mich schon arg verarscht vorkommen, wenn der Satz in hohem Maße steigen würde und ich als Vollzeitmitarbeiter nach Abzug der Miete etc. weniger Geld zur Verfügung hätte, als jemand, der sich seinen Arsch den ganzen Tag platt sitzt und keine Lust auf Arbeiten hat. Schließlich muss jeder Steuerzahler dafür aufkommen und Unsummen an Steuern zahlen, was ich ebenfalls für völlig unfair ansehe. Hartz IV dient lediglich zur lebensnotwendigen Absicherung und man sollte froh sein, dass wir überhaupt solch ein System haben.
Ich finde jegliche Chefgehälter völlig legitim, sofern diese nicht auf Kosten der Steuerzahler ausgetragen werden und irgendwelche absurden Höhen erreichen. Als Beispiel kann man die aktuellen Gehälter des Vorstandes der Bundesagentur für Arbeit im Internet nachlesen. Diese Gehälter sind zwar relativ hoch. Im Vergleich zu Weltkonzernen sehr niedrig und völlig in Ordnung. In solch einer Position trinkt man nicht den ganzen Tag Kaffee. Sondern man ärgert sich 24 Stunden am Tag und 7 Tage die Woche mit der Politik und Wirtschaft des Landes herum.
Ein solcher Job ist kein Kinderspiel und bedarf hoher intellektueller Fähigkeit, diesen überhaupt anmessend ausüben zu können. Von den notwendigen Kompetenzen, die man sich aneignen muss mal ganz abgesehen. Wir reden da nicht von einem gymnasialen Abschluss mit Ausbildung. Die Vorbildung vieler hochrangiger Chefs umfasst teilweise Seiten. Um an einen solch hohen Posten zu kommen, muss man schon einiges im Leben erreicht haben und das sollte dementsprechend auch so entlohnt werden.
Meckern ist ziemlich einfach. Aber mal alle Strukturen und Entwicklungen zu hinterfragen ist eben nicht einfach, weil man viel Verständnis für Politik und Wirtschaft aufbringen muss.
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