Urlaubstage spenden - würdet ihr es machen?
Arbeitskollegen eines Vaters einer krebskranken Tochter haben 262 Urlaubstage gespendet, damit der Vater bei seiner kranken Tochter sein kann. Hier ist der Artikel dazu. Ich habe das schon vor ein paar Jahren gehört, dass Arbeitskollegen noch mehr Urlaubstage gespendet haben, als der Sohn eines Mitarbeiters einen Unfall hatte und im Koma lag.
Ich habe mich mit einer Bekannten unterhalten, weil ich das toll finde und ich auch direkt spenden würde. Aber meine Bekannte meinte, dass es bestimmt nicht rechtlich in Ordnung wäre und sie sich das überlegen würde. Denn es wäre ja für den Arbeitgeber auch Verlust, wenn jemand mit wenig Einkommen im gleichen Betrieb einem mit viel Einkommen den Urlaub spendet. Außerdem muss der Chef ja auch zustimmen und das würden wohl die wenigsten Chefs machen.
Würdet ihr euren Urlaub spenden, wenn es darum geht, dass ein Vater oder eine Mutter bei einem kranken Kind sein kann? Welche Nachteile hätte das für den Betrieb oder für die anderen Mitarbeiter? Würde das in Deutschland überhaupt möglich sein? Der Fall war ja in Frankreich und der Fall vor ein paar Jahren in den USA.
Auf jeden Fall würde ich das machen. Man selber kann denke ich ganz gut nachvollziehen, dass man frei braucht, wenn so ein Schicksalsschlag besteht und deswegen würde ich meine Urlaubstage spenden, wenn auch nicht komplett. Immerhin könnte man ja auch mal in so eine Lage kommen und dann würde man sich freuen, wenn man nicht zur Arbeit muss, sondern zu Hause bleiben kann. Wobei das ja in Deutschland eh alles ein bisschen anders sein dürfte. Urlaub spenden dürfte hier nicht so leicht gehen.
Bei uns in der Firma haben wir mehr Urlaub, als es die gesetzliche Regelung vorsieht. Von daher dürfte es sicherlich rein rechtlich in Ordnung sein, wenn man einen Urlaubstag abgibt, meinetwegen auch mehrere, solange man nicht seinen Mindesturlaub unterschreitet.
Wenn der Arbeitgeber dabei also mitspielt, sollte es bei uns im Unternehmen also durchaus möglich sein, Urlaubstage zu spenden. Ich selber würde es wohl auch machen. Da wir über 6000 Mitarbeiter sind, reicht es ja, wenn ein kleiner Teil der Kollegen so denkt, zumal es auch Kollegen gibt, die über ein Gleitzeitkonto noch zusätzliche freie Tage erwirtschaften können.
Ob das in Deutschland möglich wäre, weiß ich so aus dem Stegreif auch nicht, glaube aber nicht, dass das einfach so möglich ist. Aber ehrlich gesagt finde ich die aktuellen deutschen Regelungen, was Krankheiten und sonstige Freistellungsgründe bei Lohnfortzahlung angeht, eigentlich ausreichend. Natürlich gibt es immer tragische Schicksalsfälle, und gerade bei krebskranken Kindern schießt die Hilfsbereitschaft immer durch die Decke. Was ich den Betroffenen natürlich auch von Herzen gönne.
Aber meine zynische Seite fragt sich dann sowieso immer, ob die Person auch dann von einer Welle der Hilfsbereitschaft überrollt worden wäre, wenn es sich beispielsweise um eine Freistellung für einen Alkoholentzug oder etwas ähnlich "Unappetitliches" handeln würde. Und wer bin ich zu entscheiden, dass Person X eher "wert" ist, eine Sonderbehandlung einzufahren als die vielleicht weniger niedliche Person Y?
Ich bin daher eher froh, in einem Land zu leben und zu arbeiten, in dem man im Krankheitsfall nicht auf die Wohltätigkeit seiner Mitbürger angewiesen ist, sondern Rechte hat, die man auch einfordern kann. In den USA sieht es ja vollkommen anders aus. Von daher empfinde ich es eher als Armutszeugnis für das Rechtssystem eines Landes denn als herzerwärmende Story über Nächstenliebe, wenn jemand, wie in den USA oft der Fall, gar keine Möglichkeit hat, zu Hause zu bleiben, weil man selber oder ein Familienmitglied krank ist. Es müsste also schon ein Extremfall (und in Deutschland eine Gesetzesänderung zum Schlechteren) eintreten, damit ich einen meiner mir gesetzlich zugestandenen Urlaubstage spende.
Auch auf die Gefahr hin, dass ich gleich einen Shitstorm provoziere oder als "asozial" abgestempelt werde: ich würde meine Urlaubstage und auch meine Überstunden definitiv nicht spenden. Denn meine Gesundheit geht für mich auch vor und ich bin nicht bereit, mich da für andere Menschen aufzuopfern, auch wenn es definitiv Schicksalsschläge gibt, für die Menschen nichts können wie wenn beispielsweise der Sohn ins Koma fällt oder die Tochter Krebs bekommt oder was auch immer.
Wenn ich nicht meine Urlaubstage hätte oder meine Überstunden, die ich in Freizeit umwandeln kann, hätte ich das Risiko auszubrennen und an einem Burnout zu erkranken und wer hilft mir dann? Wahrscheinlich niemand, weil ein Burnout nicht so tragisch ist wie ein krebskrankes Kind. Leider muss man heutzutage darauf achten, dass man selbst nicht zu kurz kommt, sonst wird man von allen Seiten ausgenutzt. Ich bin froh, dass es in Deutschland gesetzlich nicht möglich ist, Urlaubstage und dergleichen zu übertragen.
Täubchen, wie kommst du darauf, dass in Deutschland Urlaubstage nicht auf andere übertragen werden dürfen? Wer mehr Urlaub hat, als gesetzlich vorgeschrieben, der darf natürlich mit Zustimmung des Chefs Tage abtreten. Und wer behauptet, dass er bei mehr Urlaub als gesetzlich vorgeschrieben sofort einen Burnout erleidet, wenn er ein oder zwei Tage im Jahr abgibt, der sollte seinen Lebensstil dringend überdenken. Und wenn man bedenkt, dass jeder Arbeitnehmer pro Jahr rein statistisch gut zwei Tage Urlaub gar nicht nimmt, fällt bei vielen eine Spende gar nicht auf.
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