Unterliegen Krankheiten einem gewissen Trend?

vom 30.10.2017, 07:36 Uhr

Ein Bekannter von mir musste neulich einen Vortrag halten, es ging um die räumliche Verteilung von psychischen Erkrankungen am Beispiel von Depressionen, wobei er diese Informationen im Rahmen seiner Promotion brauchte. Nun nannte er allerdings eine ziemlich unglückliche Formulierung und nannte Depressionen in bestimmten Gebieten als "hipp" und damit angesagt bzw. voll im Trend.

Ich denke, dass er eher aufgeregt gewesen ist und sich deswegen versprochen hat. Man könnte seine Aussage allerdings auch so interpretieren, dass bestimmte Diagnosen bevorzugt gemacht werden, warum auch immer. Man denke nur an ADHS, kaum ist der Begriff geprägt, soll gefühlt jedes zweite Kind daran erkrankt sein und dringend Hilfe benötigen. Wie seht ihr das? Unterliegen bestimmte Erkrankungen einem gewissen "Trend"? Oder kann man das so pauschal gar nicht sagen?

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» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge



Mit Sicherheit! Früher kannte man viele Erkrankungen auch gar nicht und dann war das mitunter gar keine Erkrankung, sondern Normalität. Wer hat sich denn früher über ADHS Gedanken gemacht? Niemand. Heute werden solche Diagnosen mitunter leichtfertig gestellt und auch Menschen behandelt, die an sich gar nichts haben.

Ich denke aber nicht, dass solche Trends unterschiedliche Ursachen haben. Manche Erkrankungen werden häufiger diagnostiziert, weil die Menschen gebildeter sind, man mehr über die Krankheit weiß und sie vielleicht sogar heilen kann. Es hätte also früher vielleicht gar nichts gebracht, eine solche Diagnose zu stellen. Bei anderen Krankheiten gab es früher keine Möglichkeit zur Diagnose. Erst durch den wissenschaftlichen Fortschritt ist heute vieles möglich und einfacher.

Dann wiederum gibt es sicherlich auch Krankheiten, die sich aufgrund unserer Gesellschaft so entwickeln, wie sie es tun. Heute ist Leistung sehr wichtig und es wird viel von den Menschen verlangt. Man arbeitet viel und hart und gönnt sich mitunter wenig, weil Erfolg und Karriere von der Gesellschaft honoriert wird. Das führt wiederum dazu, dass Menschen eher an Burnout oder Depressionen leiden.

Nicht zuletzt mag es aber sicherlich auch so sein, dass Menschen es sich heute eher erlauben können krank zu sein. Vor 100 Jahren hätte vermutlich keiner an einem Burnout leiden können. Die Person wäre arbeitslos auf der Straße gelandet und hätte keine Perspektive mehr gehabt. Heute kann man sich eine solche Diagnose eher erlauben, weil die entsprechende medizinische Versorgung gewährleistet ist und man von der Stütze leben kann, während man arbeitsunfähig ist.

Gewisse Krankheiten kann man sich also sicherlich eher erlauben, wenn die Gesellschaft diese auffängt und akzeptiert. Früher waren Depressionen verpönt und man wurde vermutlich eher als Weichei beschimpft und nicht ernst genommen. Heute ist das anders und man kann offener darüber reden. Das fördert sicherlich auch das Aufkommen gewisser Erkrankungen, da die Menschen sich eher zu erkennen geben.

» Crispin » Beiträge: 14916 » Talkpoints: -0,43 » Auszeichnung für 14000 Beiträge


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