Unbezahlte Fortbildung der Kompetenz in der Freizeit
Bis vor wenigen Minuten saß ich noch an diesem Rechner und habe mich aus Interesse mit einem Programm beschäftigt, welches die Arbeit die ich ausführe erleichtern könnte. Ohne wirklich darüber nachzudenken habe ich mich damit vertraut gemacht und im Hinterkopf schon den Entschluss gefasst, dies morgen früh, jetzt wo ich die ersten Schritte verinnerlicht habe, auf Arbeit auszuprobieren.
Da es nicht das erste Mal ist, dass es mir so geht frage ich mich ob es sinnvoll ist, diese Recherche in der Freizeit durchzuführen. Jedoch war zu Beginn der Suche nicht klar, ob es wirklich einen Mehrwert durch dieses Programm für meine Tätigkeit/ meinen Arbeitgeber geben würde.
Einen Proof of Concept auf Arbeit genehmigt zu bekommen dauert mir persönlich zu lange und auf diese Weise bin ich flexibler in dem was ich tue und womit ich mich beschäftige, jedoch merke ich von Zeit zu Zeit, dass meine Freizeit darunter doch etwas leidet. Dies hängt zwar auch davon ab wie sehr ich persönlich an dem Thema interessiert bin, jedoch bin ich etwas verunsichert.
Wie geht ihr vor nutzt ihr auch oft eure Freizeit um euch mit Dingen zu beschäftigen, die euch eventuell im Arbeitsleben weiter helfen könnten, ihr jedoch für die Recherche während der Arbeitszeit zu wenig Zeit habt. Oder trennt ihr an der Stelle privates und berufliches strikt und gönnt euch den wohlverdienten Feierabend?
Ich nutze meine Freizeit in starkem Maße für Fortbildungen und Kompetenzerweiterung, allerdings nicht mit speziellem Fokus auf meine Arbeit. Mir geht es da eher um Themen, die mich persönlich interessieren oder ich gern privat verbessern oder lernen möchte. Dazu zähle ich beispielsweise Sprachkurse, den Themenbereich Interkulturalität, aber auch Fitnesskurse, um meine Gesundheit zu verbessern. Manches davon wirkt sich vielleicht indirekt positiv auf meinen Beruf aus, anderes nicht.
Ich trenne Beruf und Privatleben strikt. Erstens kann ich es mir leisten, weil ich in meiner speziellen Nische sowieso keine Gewinne erwirtschaften kann und weder menschliche Schicksale noch nennenswerte materielle Werte daran hängen, ob ich abends und am Wochenende gratis arbeite. Zweitens bin ich auch von meiner Lebenseinstellung her schon lange aus dem Hamsterrad ausgestiegen und sehe Arbeit nicht als Lebenszweck, sondern als notwendiges Übel für minimale gesellschaftliche Teilhabe.
Selbst wenn ich unbezahlte Zusatzleistungen und Überstunden schiebe ohne Ende, ich werde trotzdem finanziell gesehen immer maximal Unterkante Mittelschicht bleiben und was bis zur Rente sein wird, steht in den Sternen. Vermutlich kein Wohnmobil und Überwintern auf der eigenen spanischen Finca. Und zwar nicht, weil ich faul oder dumm bin, sondern weil Wirtschaft und Gesellschaft darauf ausgelegt sind, dass manche Leute einfach weniger verdienen als andere.
Ich sehe es einfach nicht als meine Aufgabe an, "Mehrwert für meinen Arbeitgeber" zu generieren. Das bedeutet für gewöhnlich nur, dass das Engagement durch noch mehr Arbeit belohnt wird. Wenn man weiß, Frau Gerbera erledigt XY in der Freizeit klaglos, kompetent und unentgeltlich, braucht sich Frau Gerbera nicht zu wundern, wenn sie doppelt so viel Arbeit bekommt wie Frau Ranunkel, die seit 20 Jahren exakt Dienst nach Vorschrift macht und sofort Fehler in die Exceltabellen einbaut, wenn man nur andeutet, dass eventuell mal was voran gehen könnte. Für das gleiche Gehalt natürlich.
Ich bilde mich tatsächlich relativ viel in meiner "privaten" Freizeit fort. Manchmal sind das freiwillige Angebote, die ich wahrnehme, weil ich mich wirklich dafür interessiere oder weil ich aus intrinsischer Motivation heraus meine Kompetenzen erweitern will, um meine beruflichen Aufstiegschancen zu erhöhen. Manchmal habe ich aber auch keine andere Wahl und muss gezwungenermaßen die Vorbereitung für Fachvorträge, Recherchen für bestimmte Situationen oder auch die Erledigung von Pflichtfortbildungen innerhalb meiner Freizeit legen, weil ich das in meiner Arbeitszeit ohne Überstunden nie und nimmer schaffen würde. Bevor ich dann stundenlang nach Feierabend noch im Büro hocke, nehme ich mir den Kram also lieber nach Hause mit, wo ich zumindest in einer angenehmeren Umgebung arbeiten kann.
Ich weiß, dass Kollegen es teilweise anders angehen, ihren Beruf und ihr Privatleben strikt trennen und dann auch mal knallhart Grenzen ziehen, wenn sie gewisse Dinge nicht in der Regelarbeitszeit schaffen, aber ich war schon immer eine sehr akribische Person, die das schwer mit ihrem Gewissen vereinbaren konnte. Dass das nicht unbedingt gesund ist und dass es mir vermutlich niemand dankt oder durch einen äquivalenten Freizeitausgleich kompensiert, ist mir bewusst. Ich bemühe mich auch schon, Abstriche zu machen, um nicht völlig in Arbeit zu ertrinken, aber manchmal kann ich Aufgaben leider einfach nicht völlig ignorieren.
Ich bin in meinem Berufsleben schon immer der Gefahr unterlegen, mich auch privat mit dem Beruf zu beschäftigen. Das ist aber nicht gut und richtig, denn es beeinflusst das Privatleben negativ. Ich war und bin sehr pflichtbewusst und meinte, immer alles zum Termin erledigen zu müssen und keine Schwächen zeigen zu dürfen. Wenn ich die Zeit zurückdrehen könnte, würde ich das trennen und mich so verhalten wie andere Kollegen auch, die einfach gesagt haben, dass das zu viel und in der Zeit gar nicht zu schaffen ist.
Etwas anderes ist es, wenn einem das Spaß macht, also Beruf gleichzeitig Hobby ist. Aber auch dann ist die Gefahr groß, dass man sich unbemerkt übernimmt und andere Dinge zu kurz kommen, wie etwa Partner oder Kinder oder der Blick über den beruflichen Tellerrand hinaus. Auch Kollegen finden es nicht immer toll, wenn man nur deswegen Erfolge hat, weil man sich in seiner Freizeit damit beschäftigt.
Also sollte man immer hinterfragen, warum man sich in seiner Freizeit mit der Arbeit beschäftigt und ob irgendetwas oder irgendwer darunter leidet. Es kommt natürlich auch auf den Beruf an. Ein Lehrer beschäftigt sich natürlich in seiner Freizeit auch damit, dass er sich durch Lesen weiterbildet und sich Gedanken über seine Schüler macht. Aber auch in diesem Fall sollte er sich überlegen, ob ein ein Zuviel ist.
Auch kommt es darauf an, wie lange man schon arbeitet. Am Anfang ist es bei geistigen Berufen wahrscheinlich immer so, dass das auch private Zeit beansprucht, aber das sollte kein Dauerzustand sein. Ich habe es leider nie geschafft, das richtig zu trennen. Andererseits habe ich meine Arbeitszeit reduziert und habe auch immer ausgeschlagen, AT, also außertariflich zu arbeiten, obwohl das mehr Geld bedeutete.
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