Umso mehr bewundern wenn jemand etwas kann und ihr nicht?

Heute war ich mit meinem Freund in der Kirche, als er an der Orgel üben war. Dabei ist mir mal wieder aufgefallen, wie sehr ich ihn dafür bewundere, dass er das kann. Es fängt schon bei so scheinbar primitiven Dingen wie Noten lesen an, wo ich schon verzweifle. In der fünften Klasse hatte ich das zwar mal im Musikunterricht in der Schule, aber schon damals habe ich in dem Test dazu eine Vier geschrieben. Nun weiß ich, dass viele andere Menschen auf der Welt Noten lesen können und trotzdem bewundere ich jeden einzelnen dafür, weil ich selbst eben absolut kein Talent dafür habe. Dass mein Freund dann auch noch Orgel spielt, was ja ein sehr komplexes Instrument ist, ist natürlich noch Bewundernswerter für mich.

Andersherum erlebe ich es auch manchmal, dass mich jemand dafür bewundert, ein Problem am Computer zu lösen oder ein Programm zu programmieren, dabei fällt mir das eben sehr leicht, weil ich es nun schon viele Jahr über lerne und noch immer studiere. Trotzdem bewundern mich immer wieder Leute dafür, weil es in ihren Augen eben total schwierig ist, Programmieren zu lernen oder sich am Computer auszukennen.

Geht es euch auch so, dass ihr Dinge, die ihr selbst nicht könnt, bei anderen Personen, die es beherrschen, dann umso mehr bewundert? Oder seht ihr es immer relativ dazu, wie viele andere Menschen das noch können?

Mir geht es wirklich ähnlich. Bei mir war es schon seit ich denken kann so, dass Menschen, die besser zeichnen konnten, wie ich es konnte, von mir bewundert wurden. Es ist immer noch so, dass ich unglaublich gerne dabei zusehe und ganz fasziniert davon bin, wenn jemand gut zeichnen kann, weil es einfach etwas ist, was ich noch nie konnte und auch nicht weiß, wie es jemand anderes so gut schaffen kann.

Gleichermaßen werde ich zum Beispiel dafür bewundert, dass ich so schnell beim Computer tippen kann. Ebenfalls bin ich sehr musikalisch und manche Menschen bekommen vom Zuhören ganz ein angenehmes Gefühl, wenn ich singe und Gitarre spiele. Das bewundern auch sehr viele an mir. Gedichte schreiben ist zum Beispiel auch meine Stärke. Also alles, was was mit Worte und Rhythmus zu tun hat, kann ich ziemlich gut und da bewundern mich andere.

Alles, was hingegen mit handwerklichem Geschick zu tun hat, da stelle ich mich ziemlich tollpatschig an. Ich bewundere Menschen, die ständig mit einem spitzen Bleistift arbeiten und alles auf ein Zehntel Millimeter genau ausmessen können. Ich hatte sogar in Geometrischem Zeichnen immer eine Vier, obwohl ich eine gute Schülerin war. Auch kann ich absolut nicht regelmäßig häkeln, stricken oder andere Dinge, die Ausdauer und Genauigkeit erfordern. Menschen die das können, bewundere ich ebenfalls.

Es ist wirklich so, dass man Menschen bewundert, die etwas können, was man selber nicht kann. Und die Menschen, die es nicht zugeben, tun es wahrscheinlich auch, nur sagen sie es eben nicht laut.

Bei mir ist das etwas differenzierter. Natürlich kann ich nicht alles - aber ich möchte auch nicht alles können. Ich bin beispielsweise kein Handwerker. Grundsätzlich aber, weil ich da im Leben keinen wirklichen Zugang zu erhalten habe. Bei meinem Vater durfte ich immer nur daneben stehen, das war mir zu langweilig, und so was wie Werken gab es in meiner Schullaufbahn nicht.

Ich bin da nicht ganz unbegabt, aber mir fehlen die Grundlagen. Auf der anderen Seite habe ich aber auch keine Lust in der Hinsicht was zu lernen. Gerade wenn die Arbeiten Dreck machen, bezahle ich da lieber für. Aber ich finde es schön, wenn Leute handwerklich was können. Bewunderung wäre ein falsches Wort. Ähnliches gilt für Sport oder Akrobatik. Kann ich nicht, können andere. Schön für die, mir egal.

Bewunderung habe ich eher für Dinge, die andere besser können als ich selbst. Oder auch für Dinge, die ich selbst gern können würde oder wo ich selbst dran Spaß hätte, die ich aber selbst aus irgendwelchen Gründen eben nicht kann.

Mit dem Noten lesen geht es mir genauso wie dir. Ich muss gestehen, dass ich bis heute keine Noten lesen kann. Ich habe keinen blassen Schimmer, wie das geht. Ich hatte das zwar mal in der Schule gehabt, aber verstanden habe ich das nie. Musik habe ich als Schulfach auch schnellstmöglich abgewählt, wobei ich aber auch nie ein Instrument gelernt habe. Ich bin in dieser Hinsicht völlig unbegabt, wobei ich es mittlerweile aber auch aufgegeben habe. Ich bewundere es aber schön, wenn andere Leute Gitarre oder Klavier spielen können und würde das auch gerne können.

Genauso bewundere ich es, wenn andere Menschen gut singen können, da ich in dieser Hinsicht ebenfalls kein Talent habe. Ich treffe nicht einen einzigen Ton. Ich bin eben wirklich völlig unmusikalisch, wobei das sich wohl auch nicht in Zukunft ändern wird. Ich finde es jedoch toll, wenn andere Leute singen können.

Ich denke mir aber immer, dass ich ja auch einige Sachen gut kann, für die andere mich bewundern. Ich kann unwahrscheinlich schnell am Computer tippen und ewig lange Texte schreiben, ohne zwischendurch absetzen zu müssen. Meine Gedanken fließen immer, wobei mir das hier gerade im Forum sehr hilft, aber auch bei Hausarbeiten und bei Aufsätzen früher in der Schule. Dabei kann ich genauso schnell lesen, was auch oft sehr praktisch ist.

Ich war letztes Jahr von der Uni aus in Brüssel auf einer Exkursion, wobei ich dann auch mit einigen Kommilitoninnen "China Town" besichtigt habe. Wir haben auch in einem chinesischen Lokal etwas zu Mittag gegessen, denn es hieß, dass das Essen dort am ehesten dem chinesischen Original entspricht und überhaupt nicht dem europäischen Geschmack angepasst sei.

Die Dame in dem Lokal hat auch viel Chinesisch gesprochen und eine Kommilitonin von mir hatte zuvor einen A1-Kurs in Chinesisch besucht. Sie konnte sich problemlos mit der chinesischen Dame unterhalten und die Dame soll sie sogar wegen der Aussprache gelobt haben und sie hat sich sehr darüber gefreut, dass sich "Wessis" für die chinesische Kultur interessieren und sich sogar die Mühe machen, die Sprache zu lernen.

Gerade im Chinesischen kommt es ja sehr auf die Betonung an und die Chinesin soll wohl auch gesagt haben, dass sich gerade westliche Menschen sehr schwer tun würden mit der richtigen Aussprache, wobei meine Kommilitonin das aber sehr gut gemacht haben soll. Es hörte sich für mich als Laien auf jeden Fall total Klasse an!

Ich bewundere Menschen, die innerhalb von nur einem Semester Sprachunterricht, die Betonung und alles so gut hinkriegen, dass sie sich problemlos und ohne Missverständnisse mit den jeweiligen Muttersprachlern unterhalten können. Gerade im Chinesischen hätte ich das bestimmt nicht hinbekommen.

Ich denke, dass das eigentlich normal ist. Dinge, die man selber nicht kann oder nicht so gut kann empfindet man ja als schwer und deswegen wird man Menschen, die das dann können immer ein bisschen mehr bewundern. Ich habe beispielsweise einen Kumpel, der extrem gut ist beim Billard. Da kann ich immer nur staunen, was er noch so unter bekommt und wie schlecht das im Vergleich bei mir funktioniert. Es gibt aber immer wieder Dinge, die ich bei anderen Menschen bewundere, weil ich sie schlechter oder gar nicht kann.

Ich respektiere grundsätzlich alle Menschen unabhängig vom Alter und vom Stand. Ich habe aber großen Respekt vor Menschen, die etwas können und mit einer Leichtigkeit beherrschen, in dem ich absolut schlecht bin und was ich nicht hinkriegen würden. Chemie beispielsweise - ich werde sie nie kapieren, daher habe ich großen Respekt davor, wenn Menschen so etwas auf dem Ärmel schütteln als wäre das nichts.