Übertreiben unsere Bauern, oder haben sie Recht?
Zur Zeit hört und liest man immer wieder, dass die Bauern Protestieren und sich für bessere Bedingungen bzw. angemessenere Bezahlung für ihre Produkte einsetzen. Grund dafür sind die Preiskämpfe der großen Discounter. So ist die rede davon, dass grade REWE, Aldi und Lidl schon mal ganz gerne an der Preisschraube zu drehen versuchen, um damit auch den Kampf um die Kunden gewinnen zu können. Grade Milch ist immer wieder in der Diskussion, dass sie viel zu günstig in den Märkten angeboten wird. Mir persönlich wäre das Egal, ob ich dann etwas mehr für die Milch bezahlen müsste, das würde mich nicht davon abhalten weiterhin dieselbe Menge zu kaufen.
Aber ich muss auch sagen, dass ich mehr und mehr Verständnis für unsere Landwirte habe. Seit einiger Zeit arbeite ich bei einem Bauer und erweitere und bessere die Elektrik in seinem Betrieb etwas aus (Dank Corona und Kurzarbeit). Hier und da habe ich dann auch schon mal mich mit dem Bauern und seinem Vater über gewisse Dinge zu unterhalten und man erhält dann schon eine etwas andere Sicht auf die Dinge. Am meisten schlagen sich die Bauern mit irgendwelchen EU-Richtlinien herum, die teilweise alles andere als nachvollziehbar sind. Auch die Bürokratie ist inzwischen so massiv geworden, dass Bauern ab einer gewissen Größe schon gezwungen sind eine Bürokraft anzustellen, um den ganzen Papierkram noch bewältigen zu können. Das man als Bauer nicht auf der faulen Haut liegt, sondern immer was zu tun ist und es dann auch völlig egal ist, ob es dann ein Feiertag oder Sonntag ist, muss man nicht erwähnen.
Man schimpft auch immer viel über die Bauern, sie würden zu viel Düngen, sie würden zu spritzen und damit die Umwelt übermäßig stark belasten. Andererseits werden die Bauern aber auch durch die EU-Richtlinien dazu gezwungen. So ist mir erklärt worden, dass es bis vor ein paar Jahren eine Weizensorte gab, die durch eine Genbehandlung so verbessert wurde, dass man diese nahezu gar nicht mehr spritzen musste, was aber von der EU untersagt wurde, weil diese Veränderung nicht gut für die Bienen sei. Da Weizen aber keine Blüten trägt, werden sich auch keine Bienen daran zu schaffen machen. Das was die Bauern spritzen dürfen, wo es anscheinend auch kein allzu großes Limit für zu geben scheint, hat allerdings den Nachteil, dass es nach jedem Regen wieder von den Pflanzen gewaschen wird, weswegen die Bauern dann nach jedem Regen wieder erneut ihre Pflanzen schützen müssen, ergo wieder spritzen. Ob das besser für die Umwelt ist, mag fraglich sein, aber wenn die Bauern ihre Ernte verlieren oder zumindest der Ertrag verschlechtert wird, ist auch keinem geholfen.
So gibt es eine ganze Liste an Richtlinien, die den Bauern das Leben und das Erhalten ihres Hofes alles andere als leicht machen. Wenn dann auch noch anfangen die ganzen Discounter noch mehr an der Preisschraube von Eiern und Milch zu drehen, dann kann ich mir gut vorstellen, dass das alles andere als Fair ist. Ich weiß dass vielen großen Firmen alles mögliche in den Hintern geschoben wird, damit sie ja am Standort bleiben, natürlich werden auch die Bauern subventioniert, aber ich denke auch, dass es an der Zeit ist, wieder ein Stück auf unsere Bauern zu zugehen. Schließlich sorgen sie zum Teil für unsere Energieversorgung und dass es noch frische Ware auf den Tisch gibt.
Genau aus diesen Gründen gibt es Crowdfarming. Da können dann Landwirte ihre Produkte zu fairen Preisen anbieten, auch Kaufnekuh und solche Seiten sind auf Seite der Bauern. Ich finde Bauern haben, wenn sie überleben wollen, kaum noch die Möglichkeit ordentlich zu produzieren und das Ganze kann man sich ja auch mal selber überlegen, wenn man sich mal die Preise ansieht, die da so im Supermarkt gezahlt werden und dennoch muss es diese Produkte auch geben, da nicht jeder das Geld hat und dennoch etwas zum Essen gekauft werden muss.
Ich finde es wirklich traurig, dass Menschen sich Gedanken machen und versuchen alles richtig zu machen und dann am Minimum herum straucheln, obwohl sie den ganzen Tag arbeiten. So etwas tut mir in der Seele weh. Bauern haben jedes Recht der Welt sich zu beschweren.
Ich sehe es genauso wie du, die Sorgen der Bauern hier in Deutschland sollten Ernst genommen werden. Klar auf der einen Seite ist es als Konsument geil, dass alles zu niedrigen Preisen erhältlich ist. Aber wenn man wie du die Umstände der Bauern aus der Nähe betrachtet, dann ist das schon sehr ernüchternd.
Man soll zu Weltmarktpreisen produzieren, hat aber dank der Gesetzgebung eine ganz andere Grundlage als Feedlots in Argentinien oder den USA. Diese subventionierten Großbetriebe werden ja auch nicht mehr von Bauernfamilien geführt. Dahinter sitzen irgendwelche Konzerne und Investoren.
Mein Mann arbeitet in der Landwirtschaft und ich sitze da quasi an der Quelle, was die Probleme angeht. Die EU ist dabei die Landwirtschaft durch ihre Richtlinien kaputt zu machen. Auf der einen Seite wird gefordert man soll mehr für die Insekten tun. Machen es die Bauern und lassen Feldränder einfach unbearbeitet, dann gibt es da auch wieder von der EU Ärger.
Aber auch das Untereinander ist nicht ohne. Wenn sich einige Betriebe darauf einigen den Milchkuhbestand zu reduzieren, um eben damit auch einen stabilen Milchpreis zu bekommen, dann hat man immer ein paar Quertreiber, die dann ihren Tierbestand aufstocken.
Würden die deutschen Landwirte ihr Schlachtvieh reduzieren, dann holen die großen Schlachtbetriebe die Schweine und Rinder eben aus dem Ausland. Dem deutschen Bauern ist damit also wieder nicht geholfen, obwohl das Volk nach mehr Tierwohl schreit. Nur ist eben das auch gemeine Volk hier in der Verantwortung und muss sein Kaufverhalten anpassen.
Auch wenn dann wieder damit argumentiert wird, dass es dann mehr kostet, wenn man das Fleisch oder die Wurst direkt beim Bauern kauft, sollte man mal genauer hinschauen. Es ist kaum kostenintensiver, weil eben massig Zwischenhändler wegfallen, die alle daran verdienen wollen.
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