Über Scheidungswunsch total überrascht sein?
Eine Bekannte von mir hat sich von ihrem Mann scheiden lassen, da sie in einen anderen Mann verliebt ist. Ihr bald Ex-Ehemann kann das aber gar nicht nachvollziehen. Neulich habe ich diesen zufällig in der Stadt getroffen und wir haben kurz miteinander geredet. Er meinte, dass dies alles sehr überraschend für ihn wäre und er nicht damit gerechnet hätte, da doch alles in Ordnung war.
Für mich sah die Beziehung aber nicht in Ordnung aus, da die beiden sich sehr oft gestritten haben und nicht mehr viel Harmonie zwischen den beiden war. Eigentlich hätte er es kommen sehen können. Er behauptet aber dennoch nichts geahnt zu haben.
Kennt ihr auch Fälle wo der Scheidungswunsch eines Ehepartners den anderen komplett überrascht hat? War das wirklich überraschend oder gab es Anzeichen? Kann es tatsächlich sein, dass ein Partner die Beziehung als harmonisch empfindet, während der andere eine Scheidung will?
Mich wundert es ohnehin, wie es dazu kommen kann. Wenn ich mich mit jemandem streite und es immer wieder Konflikte gibt, dann heirate ich den doch gar nicht erst. Man muss doch vornweg jemanden erst einmal richtig, in allen Einzelheiten kennenlernen und wenn sich da größere Konfliktfelder andeuten, dann sollte man nicht heiraten. Wer dann dennoch heiratet, der ist an seinem Unglück auch irgendwie selbst schuld.
@Zitronengras: Dann stell dir mal die Situation vor, dass sich ein Partner erst einige Monate nach der Hochzeit langsam, aber doch recht extrem verändert. Das habe ich mit meinem Ex-Mann durch und wir waren vorher 12 Jahre zusammen. Da würde man nie erwarten, dass sich ein Mensch dann so verändert. Und auch mein Ex-Mann hat alle Warnsignale geflissentlich ignoriert. Selbst die direkte Aussage, dass ich das was sich damals ständig abgespielt hat, nicht mein Leben lang mitmache, hat er nicht begriffen.
Als ich dann weg war, fiel er aus allen Wolken und es kam für ihn auch überraschend. Auch mein Mann hat schon eine Ehe hinter sich und hat damals die Warnsignale nicht wahrgenommen. Männer sind da irgendwie recht resistent bei dem Thema. Und dann kommt eben die große Überraschung.
Außer Krankheiten und vielleicht Alkoholismus oder Drogeneinfluss würde ich aber nichts als wirklich persönlichkeitsverändernd ansehen. Da war das, was später auffällt, vielleicht schon immer Teil eines Menschen und ist nur nicht aufgefallen.
Ich denke, dass das schon vorkommen kann, dass man sich Dinge zu schön redet und man dann einfach aneinander vorbei lebt und keiner wirklich etwas merkt, dass es langsam aber stetig bergab geht. Ich kenne auch Paare, bei denen man erst nach einer Weile wirklich Einsicht erlebt hat, dass das wohl doch alles nicht so schön war. Gerade aber, wenn man verlassen wird, sieht man sicherlich im ersten Moment nur die positiven Dinge der Beziehung.
Vielleicht hat der Mann die offensichtlichen Probleme in der Ehe verdrängt und einfach nicht wahrhaben wollen, bis es dann eben zu spät war und seine Frau die Scheidung wollte. Ich denke, dass es kein Einzelfall ist, in dem jemand die Augen vor der Wahrheit verschließt und sich denkt, dass es schon immer irgendwie weitergehen wird, ohne das man dafür etwas tun oder verändern muss.
Es mag ja auch sein, dass der Mann die Probleme gar nicht als so gravierend oder großartig angesehen hat. Es kommt ja durchaus vor, dass beide da unterschiedlich empfinden.
Einen konkreten Fall kann ich zwar nicht benennen, aber generell kann ich mir schon vorstellen, dass ein Ehepartner eigentlich ganz zufrieden ist, während dem anderen schier der Kragen platzt. Kommunikation ist alles in einer gelungenen Beziehung, aber die Fähigkeit dazu ist nicht allen Leuten in die Wiege gelegt. Man kann bestimmt jahrelang nebeneinander her leben, ohne zu wissen, oder sich dafür zu interessieren, was im Ehepartner wirklich vorgeht, solange die Kohle stimmt, der Haushalt läuft und die Kinder etwas zum Anziehen haben oder was auch immer.
Es ist ja auch nicht schwer, beispielsweise Kritik, die eine Partei durchaus als gerechtfertigt ansieht und die auch von Herzen kommt, als Genörgel abzutun, welches bestimmt nur von den Hormonen kommt oder so Zeug. Oder man ruht sich auf der Tatsache aus, dass man als Hauptverdiener/in dem/der anderen ein schönes Leben im Wohlstand ermöglicht, und er oder sie sich schon allein deshalb mit den Macken der eigenen Person arrangiert, weil die schöne Wohnung, das dicke Auto und die tollen Urlaube sonst schnell Vergangenheit sind. Ebenfalls lassen sich manche Leute in einer Ehe einfach gehen, weil sie glauben, mit dem Ring am Finger sind die Verhältnisse geregelt und man hat einen Dummen gefunden, der sich jetzt bis ans Lebensende um einen kümmert.
Jedenfalls fallen mir viele Szenarien ein, in denen ich mir vorstellen kann, dass ein Beteiligter sich zufrieden zurücklehnt, weil er der Meinung ist, für ihn (oder sie) laufe es jetzt ja prächtig und auf seinem Radar daher gar nicht aufscheint, dass jemand anders sich dafür abrackert und Opfer bringt oder sich nicht mehr gewertschätzt fühlt und deswegen anderweitig auf die Suche geht. Und dann kommt eben früher oder später das böse Erwachen, weil man die Bedürfnisse des Partners aus Bequemlichkeit oder Dummheit lange genug vernachlässigt hat.
Solche Dinge gibt es und meistens sind die Männer diejenigen, die dann aus allen Wolken fallen. Bei meinen Eltern war das ebenfalls so, auch wenn diese immer noch verheiratet sind aber schon lange getrennt leben. Er fand die Beziehung immer toll auch zu seinen Kindern, die ihn allesamt hassen. Als meine Mutter dann "von heute auf morgen" gesagt hat, dass sie auszieht ist er aus allen Wolken gefallen und tat so, als wenn nie etwas gewesen ist was Anlass dazu bietet.
Auch das gleiche mit den Kindern die zu ihm keinen Kontakt mehr pflegen möchten. In seinen Augen war er er tollste und beste Vater auf der Welt der alles richtig macht und von allen geliebt wird. Die Realität war eher so, dass er seine Kinder geschlagen hat wenn ihm etwas nicht in den Kram passte, mal aus Langeweile und solchen Dingen. Mit Liebe und geliebt werden hat das rein gar nichts zu tun, es wurde ertragen um es man nett zu sagen, aber sobald die Chance gekommen war, waren allesamt weg von ihm und melden sich seither nicht mehr. Er kann das natürlich nicht verstehen und kriecht hinterher damit er noch etwas mitbekommt, wird aber abgewiesen und verwiesen. Das versteht und begreift er bis heute nicht, auch wenn seither 20 Jahre vergangen sind.
Bei meiner Mutter genau das gleiche. Da kommt er auch ständig angekrochen und macht auf tolle Familie und Ehe und meint, dass sie doch wieder unten in die Wohnung mit einziehen kann und nicht weiter in der oberen Wohnung leben müsste. Darauf hat sie kein Bock und kein Bedarf auf heile Familie für ihn zu machen, dafür war er auch schon früher zu sehr Arsch zu ihr. Aber geschieden haben sich die beiden bis heute nicht, da geht es vor allem um die Zugewinngemeinschaft, das Auszahlen von Haus und Firma und solche Dinge, was sich keiner von beiden leisten kann oder auch nur will. Auf dem Papier noch verheiratet, in Realität seit über 20 Jahren getrennt.
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