Türkisch oder russisch statt englisch in der Grundschule

vom 09.02.2019, 12:41 Uhr

cooper75 hat geschrieben:In NRW ist Englisch ab der ersten Klasse Pflicht. Im zweiten Halbjahr des ersten Schuljahres startet hier Englisch. Weil das wenig bringt, denkt man darüber nach, Deutsch zu verstärken und Englisch erst nach zwei Jahren zu starten. Das finde ich vernünftig. Eigene sprachliche Schwerpunkte in der Grundschule sind auch unsinnig, da in meinem Bundesland Englisch durchgängig für alle Schulformen vorgesehen ist. Da sollten die Kinder nach dem Wechsel auf die weiterführende Schule einen ähnlichen Kenntnisstand haben. Das ist in den anderen Fächern doch auch so.

Ich will ja meinen Abschluss jetzt nicht überbewerten. Aber ich habe ein sehr gutes Abitur und ein Hochschulstudium auch ohne eine Stunde Englisch in der Grundschule geschafft. Und da bin ich ja nun keine Ausnahme. Also ganz grundsätzlich bin ich ja bei dir, dass es auf keinen Fall zu Lasten des Deutschunterrichts gehen darf und man vielleicht überlegen sollte den Deutschunterricht noch zu stärken.

Ob man nun aber zwingend Englisch in der 1.Klasse anbieten muss, darf man doch schon hinterfragen. Und selbst wenn es so wie du es sagst in NRW bisher Pflicht ist, ist es das in vielen anderen Bundesländer nicht. Und die Schüler werden deswegen ja nicht blöder. Und man kann ja trotzdem auch ab der dritten, vierten oder auch fünften Klasse immer noch Englisch als Pflichtfach einführen.

Nichts desto trotz kann ich mir aber eben schon viele Gegenden in Deutschland vorstellen, wo Englisch als zweites Sprachfach in vielen Grundschulen am echten Leben vorbeigeht. Und man darf ja dann doch schon überlegen, warum man nicht auch andere Sprachen, die im wahren Leben viel mehr gesprochen werden in vielen Gegenden nicht eher fördert, statt so einem Erstklässler noch eine zusätzliche Sprache aufzubrummen.

Man kann sich ja mal mit dem Vorschlag wertungsfrei beschäftigen, bevor man daraus schon wieder den Untergang des Abendlandes macht.

» Klehmchen » Beiträge: 5487 » Talkpoints: 1.012,67 » Auszeichnung für 5000 Beiträge



Nur mal so aus Neugier: In der Grundschule soll ja teilweise immer noch das "Schreiben nach Gehör" praktiziert werden. Ist das dann auch im Englischunterricht der Fall? Oder betrifft das nur den Deutschunterricht? Da frage ich mich dann erst recht, wie dann die falsch gelernten Schreibweisen wieder ausgebügelt werden sollen, wenn man das dann viel zu lange hat schleifen lassen. Oder lernen die Kinder gar nicht wirklich Englisch lesen und schreiben in der Grundschule?

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» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge


Ich hatte in der Grundschule Englisch und hätte ehrlich gesagt noch gerne eine Sprache dazu gelernt. Gerade Türkisch finde ich sehr sinnvoll, da es doch viele Kinder mit entsprechenden Hintergrund gibt und man sich dann so auch besser austauschen kann. Es muss ja kein starrer Unterricht mit reinen Vokabeln und reinem Unterricht in einer Sprache sein.

Ich hatte mal eine Lehrerin, die begreiflich gemacht hat, welche Sprachen auch einen Zusammenhang haben und hat dann Unterricht gegeben und dann auch mal mit anderen Wörtern verglichen. So könnte man ja auch Türkisch Unterricht machen, mit Elementen vom Deutschen und Elementen vom Englischen, wenn die Kinder da schon ein bisschen etwas kennengelernt haben.

Russisch finde ich da eher wenig sinnvoll, da ich davon eher wenige Menschen in Deutschland kenne und das sicherlich keine Sprache ist, mit der man danach unbedingt noch etwas anfangen kann. Türkisch könnte man ja vielleicht auch nochmal im Sommerurlaub mit einem Kind brauchen. So würde man aber zumindest auch ein bisschen verhindern, dass die türkischen Kinder nichts verstehen und sich mühevoll einarbeiten müssen, denn im Türkischunterricht können sie ja helfen und sind damit keine Außenseiter mehr.

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge



Klehmchen, ich hatte auch kein Englisch in der Grundschule, sondern Englisch kam in der fünften, die zweite Fremdsprache in der siebten Klasse. In der neunten Klasse war freiwillig im Wahlpflichtbereich eine dritte möglich und in der elften könnte man dann nochmals eine dritte oder eben vierte Sprache wählen. Aber da richtete sich der Unterricht in Englisch eben auch in der Fünften an Anfänger und nicht an Kinder, die bereits dreieinhalb Jahre zwei Stunden Unterricht pro Woche hatten.

» cooper75 » Beiträge: 13411 » Talkpoints: 515,76 » Auszeichnung für 13000 Beiträge



Du wirst lachen, ich hatte das gleiche System und geschadet hat es nicht. Ich komme aus Sachsen-Anhalt und hier ist eben zum Beispiel Englisch kein Pflichtfach in der 1.Klasse. Dennoch gibt es hier Schulen, unter anderem auch die Schule meines Sohnes, die das dennoch anbietet. Die Kinder gehen hier dann also in der 5.Klasse auch mit unterschiedlichen Grundvoraussetzungen in den Englischunterricht und das noch ganz ohne andere Sprachen vorher gelernt zu haben.

Wie gesagt denke ich grundsätzlich, dass zum Beispiel Englisch ab der 1.Klasse nun gar keine Grundvoraussetzung für einen guten Schulabschluss ist. Und wenn ich mir da jetzt meinen Zwerg anschaue muss ich da eben schon sagen, ok er kann ein paar Vokabeln Englisch, hat aber keinen Freund mit dem er Englisch redet. Gut er hat jetzt auch kaum Mitschüler, die andere Sprachen sprechen, aber das gibt es ja auch anders. Und da weiß ich nicht, ob es nicht auch etwas der Integration hilfreich wäre, wenn man mit Kindern mit Migrationshintergrund, die wenig oder schlecht deutsch sprechen nicht eben auch ein paar Brocken in ihrer Muttersprache wechseln kann.

Das Ziel der Integration muss ja in erster Linie sein eine Interaktion zwischen Einheimischen und Migranten zu schaffen. Das sture Festhalten daran, dass die Migranten deutsch zu werden haben, hat ja in vielen Regionen eher zur Ghettoisierung geführt, wo dann konsequent nur noch türkisch oder russisch oder andere Sprachen gesprochen werden, weil es kaum Kontakt zu deutschen Bürgern gibt. Da wäre es doch zumindest eine Überlegung ob man dem nicht auch etwas Abhilfe schaffen könnte, wenn das deutsche Kind auch ein paar Brocken Russisch oder Türkisch oder was auch immer kann. Das könnte dann ja durchaus beiden Seiten helfen könnte ich mir vorstellen.

Ich denke es spricht doch eigentlich nichts dagegen, dass einfach mal an ein paar Schulen auszuprobieren und zu schauen ob es positive Effekte bringt oder eben nicht.

» Klehmchen » Beiträge: 5487 » Talkpoints: 1.012,67 » Auszeichnung für 5000 Beiträge


Ausprobiert wird hier in NRW aber nichts. Es wird umgestellt und dann wieder umgeschwenkt. Nach G8 jetzt wieder G9, nach elf Jahren Englisch ab dem zweiten Halbjahr nun vielleicht erst ab Jahr drei. Und "Lesen durch Schreiben" nach Reichen wird in jeder Klasse andere interpretiert.

Ein paar Brocken einer anderen Sprache lernen die Kinder auch so. Meine Kinder haben Irisch auch einfach nebenher gelernt, weil es die Freunde sprachen. Aber ich finde es ziemlich sinnlos, in der Grundschule sind Sprache, welche auch immer das ist, einzuführen, die erst Jahre später nach einer Pause wieder aufgenommen werden kann, falls die spätere Schule das Angebot überhaupt hat.

Dazu kommt das klitzekleine Problem, so die Lehrer herkommen sollen. Nehmen wir meine Stadt mitten in NRW, die prädestiniert für das Angebot wäre. Aber hier fehlt in den Grundschulen in den Bezirken mit vielen Kindern mit Migrationshintergrund jeder vierte Lehrer, weil die Stellen umgesetzt bleiben. Da will keiner hin. Allein in meinem Stadtbezirk mit etwa 13.000 Einwohnern bleiben 33 Kinder gänzlich unbeschult, weil Lehrer und Klassenräume fehlen. Bevor man neue Experimente startet, wäre es der Integration zuträglich, wenn die ausländischen Kinder überhaupt zur Schule gehen könnten. Und alle Kinder würden davon profitieren, wenn nicht so viele Stunden ausfallen müssten, weil keine Lehrer da sind.

» cooper75 » Beiträge: 13411 » Talkpoints: 515,76 » Auszeichnung für 13000 Beiträge


cooper75 hat geschrieben:Allein in meinem Stadtbezirk mit etwa 13.000 Einwohnern bleiben 33 Kinder gänzlich unbeschult, weil Lehrer und Klassenräume fehlen. Bevor man neue Experimente startet, wäre es der Integration zuträglich, wenn die ausländischen Kinder überhaupt zur Schule gehen könnten. Und alle Kinder würden davon profitieren, wenn nicht so viele Stunden ausfallen müssten, weil keine Lehrer da sind.

Da hat aber das eine mit dem anderen nichts zu tun. Es wird scheinbar immer ganz gerne vergessen, dass der Begriff oder Beruf Lehrer ja erst einmal nur eine ganz allgemeine Bezeichnung ist, so etwas wie Handwerker. Fremdsprachenlehrer können und sollten ohne Mathematikausbildung eben kein Mathematik unterrichten. Du holst dir ja auch keinen Maurer ins Haus, wenn die Toilette verstopft ist. Sicherlich sind Grundschullehrer schon universeller einsetzbar als Lehrer der Sekundarstufen. Aber trotzdem können die eben nicht jeden Unterricht sinnvoll beschulen.

Und am Ende ist es nun einmal auch in den Schulen so, dass hier Angebot und Nachfrage herrschen. Wenn wir eben beim viel besprochenen Türkisch bleiben, dann werden Türkischlehrer eben auch dahingehen, wo Türkisch angeboten wird. Alles andere macht ja keinen Sinn. Im Gegensatz zu anderen Fächern wie eben Deutsch oder Mathematik, die man an jeder Schule unterrichten kann, geht das mit Spartenfächern ja nicht so problemlos. Sicherlich gibt es über Zweitfächer immer noch gewisse Möglichkeiten. Aber es wird ja wohl kaum jemand eine vergleichsweise ungewöhnliche Sprache als Zweitfach erlernen, wenn er vorhat diese nicht zu unterrichten. Man könnte daher sicherlich sogar versuchen, solche Sprachangebote als Lenkungsmaßnahme zu nutzen. Einfach die Schulen, die am dringendsten Lehrer brauchen, kriege eine Förderung, wenn sie so eine Fremdsprache anbieten und man hat die Chance damit Lehrer anzuziehen, die neben 10 Stunden Türkisch, dann eben auch noch 10 Stunden Ethik, Religion oder was auch immer mit abdecken können.

Und einfach mal eine alternative Sprache in der Grundschule anbieten, wäre ja noch für die Schüler am harmlosesten. Die von die geschilderten Systemwechsel kenne ich auch zur Genüge. Wir hatten hier glaub ich auch schon jede Form, von G8, G9, Kursstufen, Leistungsfächer, gemeinsamer Unterricht von Leistungs- und Grundkurslern und so weiter. Da dürften doch das Drehen an so einer kleinen Stellschraube eigentlich gar kein Problem darstellen.

» Klehmchen » Beiträge: 5487 » Talkpoints: 1.012,67 » Auszeichnung für 5000 Beiträge



Wir haben in meinem Bundesland längst muttersprachlichen Unterricht für Kinder, die zweisprachig aufgewachsen sind oder kein Deutsch sprechen. Und da haben die Kinder erheblich mehr von. Erstens wird ihnen nicht eine Sprache übergestülpt, sondern sie können neben Türkisch auch viele andere Sprachen wie Serbisch, Koreanisch oder Farsi als Muttersprache erhalten und in Wort und Schrift vertiefen. Zum anderen besteht die Möglichkeit, eine schlechte Note in einer anderen Fremdsprache wie eben Englisch oder Latein auszugleichen. Das Angebot gilt für Grundschule und Sekundarstufe 1.

» cooper75 » Beiträge: 13411 » Talkpoints: 515,76 » Auszeichnung für 13000 Beiträge


Wenigstens sieht man hier, wer sich selber zu Erdogans nützlichem Idioten macht oder will mir irgendjemand ernsthaft glauben machen, dieser Vorschlag wäre aus dem Nichts entstanden. Über Kosten und Finanzierbarkeit wird im Gegensatz zur Lebensleistungsrente nicht geredet, aber für Nichtdeutsche ist wohl alles automatisch finanzierbar. Hier wird eindeutig von Erdogan-Wählern ausgetestet, wie weit man gehen kann. Hoffentlich können wir auch in Zukunft über solche Vorschläge diskutieren und müssen sie nicht einfach akzeptieren und finanzieren.

» Juri1877 » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »


Juri1877 hat geschrieben:Hoffentlich können wir auch in Zukunft über solche Vorschläge diskutieren und müssen sie nicht einfach akzeptieren und finanzieren.

Warum sollte das denn auch anders sein? Die Entscheidung trifft ja immer noch ein Kultusminister und Vorschläge kann theoretisch ja auch jeder Depp machen. Wie oben schon gesagt hat der Integrationsrat ja nichts zu entscheiden. Und auch hier noch einmal. Wenn man sich anschaut, wofür dieser Rat da ist und wie sich Migranten zusammensetzen, ist das was du schilderst ja die Normalität. Der Integrationsrat steht für Migranten. Die größte Gruppe dürften da Türken sein und warum auch immer wählen diese ja mehrheitlich Erdogan. Überraschen wäre also höchstens, wenn dieser Rat jetzt etwas ganz anderes gefordert hätte.

» Klehmchen » Beiträge: 5487 » Talkpoints: 1.012,67 » Auszeichnung für 5000 Beiträge


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