Trotz Neid jemand anderem etwas gönnen?

Ich gestehe, dass ich öfter mal neidisch auf etwas bin, was andere besitzen oder was andere erreicht haben. Ich bin beispielsweise neidisch darauf, dass meine Freundin ein Auto hat, während ich immer mit den öffentlichen Verkehrsmitteln herumgurken muss. Ich bin ebenfalls neidisch, wenn Freunde von mir in den Urlaub fahren, während ich währenddessen zu Hause bin und arbeiten oder zur Uni gehen muss. Das bedeutet aber absolut nicht, dass ich den Personen das nicht gönne - im Gegenteil, ich freue mich für meine Freunde.

Bei mir hat Neid normalerweise nichts mit Missgunst zu tun. Ich hätte die Sachen zwar auch gerne, was aber nicht bedeutet, dass ich sie anderen nicht gönne. Ich kann gut zugeben, wenn ich neidisch bin, da ich nichts Schlimmes daran sehe und mich eben auch voll und ganz für andere freuen kann. Seid ihr oft neidisch, gönnt anderen Personen aber trotzdem von ganzem Herzen etwas? Oder ist Neid für euch immer negativ behaftet?

Ich bin öfters mal ein bisschen neidisch, wenn ich Urlaubsbilder bei Facebook sehe. Am liebsten würde ich wohl das ganze Jahr vereisen und so bin ich da schon ein bisschen neidisch, wenn ich diese Bilder sehe, aber ich gönne es meinen Freunden natürlich von Herzen und erfreue mich gleichzeitig, dass sie so eine schöne Zeit haben.

Es gibt ja, wie du selber schon angemerkt hast, einen gewaltigen Unterschied zwischen Neid und Missgunst. Psychologisch gesehen ist Neid theoretisch sogar erstmal eher positiv zu sehen, denn es ist ein Indikator für unsere Wünsche und kann uns motivieren, in eine Handlung zu gehen oder sich für etwas ganz besonders anzustrengen. Neid kann der Motor für Erfolg sein, und ich meine damit nicht nur den beruflichen Erfolg.

Anders ist der Neid für mich zu sehen, wenn es immer nur um den puren Vergleich und die Bewertung von sich selber im Abgleich mit der Umwelt geht, da gibt es Menschen, die können regelrecht davon zerfressen werden und vergleichen sich ständig nach oben hin. Ein Garant dafür, wirklich immer unzufrieden zu sein, denn hier steht nicht der Wunsch nach der Sache an sich im Vordergrund, sondern die narzisstische Verletzung darüber, dass es immer jemanden gibt, der mehr hat als man selber.

Bei solchen Menschen vermute ich auch, dass da Missgunst und Freude am Scheitern eines anderen mit reinspielen, ich kenne da durchaus auch so einige Exemplare. Das sind Menschen, denen man etwas für sich Positives lieber gar nicht erst erzählt oder sogar kleinredet, weil man regelrecht spürt, wie in ihnen die Missgunst aufsteigt. Ich selber bin neidisch, wenn es um Sachen geht, die ich so nicht erreichen kann, oder wo mein Leben gerade ein Defizit hat. Das bewirkt bei mir aber keine Missgunst, sondern einfach Traurigkeit.

Neid ist ja auch eine Form der Bestätigung für jemanden. Es zeigt ja eben nur, dass ein anderer es erstrebenswert findet, was dieser eben hat. Ich sage auch schon mal, dass ich nun aber echt neidisch bin. Aber ich bin niemals missgünstig oder etwas in der Art. Auch habe ich selten das Gefühl, dass ich irgendwie neidisch bin.

Wenn mir jemand freudig etwas erzählt, dass er bald erleben wird oder was er eben erreicht hat, dann freue ich mich mit ihm und gönne es der Person auch. Immerhin hat sie meistens etwas dafür getan und es sich auch verdient. Ich sehe Neid auch nicht immer direkt als negativ an. Immerhin zeigt es eben, dass man etwas richtig gemacht hat, wenn andere neidisch darauf sind.

Ich bin auch der Meinung, dass Neid nicht zwangsläufig mit Missgunst kooperiert. Es gibt auch Momente, da beneide ich eine Freundin um ihre Figur oder um ihren guten Job oder eine andere Person um ihren Urlaub oder um das schicke Auto, aber ich gönne es den Menschen trotzdem. Ich finde Missgunst ist eine sehr hässliche Charaktereigenschaft und ich bin froh, dass ich davon verschont bin.

Ich finde auch, dass es einen großen Unterschied zwischen Neid und Missgunst gibt. Neid alleine finde ich auch absolut nicht schlimm und ich kann es auch problemlos zugeben, dass ich andere Menschen um etwas beneide, was diese haben oder machen, ich aber nicht. Aber das bedeutet auch bei mir dann nicht, dass ich den Menschen das nicht gönnen würde. Ich finde es auch nicht widersprüchlich, andere zu beneiden, ihnen das aber zu gönnen, was sie haben.