Trinktagebuch als Mittel zum Alkoholkonsum führen?
Auf der Welt gibt es sehr viele Personen, welche oft und gerne alkoholische Getränke trinken. Manche von ihnen haben sich vorgenommen oder sind vielleicht dazu gezwungen, den Alkoholkonsum einzuschränken, sei es durch körperliche Leiden oder aufgrund von gesellschaftlicher Ausgrenzung. Um das Trinkverhalten in die eigene Hand zu nehmen und auch in den Griff zu bekommen, kann man natürlich ein bestimmtes Tageskontingent festlegen, wie viele Flaschen Bier man beispielsweise aufmacht und austrinkt.
Wäre es sinnvoll in dem Zusammenhang auch ein Trinktagebuch einzuführen und das regelmäßig zu nutzen oder würde sich bei manchen Konsumenten dann eine Art Faulheit und Bequemlichkeit einschleichen, das nicht dauerhaft und ehrlich zu führen? Manche Menschen tut es weh, wenn sie erkennen, was sie so zu sich nehmen und haben Angst vor der Wahrheit.
Entweder, man hat die Motivation zur Veränderung seiner Lebensgewohnheiten und entsprechend auch die Ehrlichkeit sich selbst gegenüber, was die Erfolge und Misserfolge auf diesem Weg angeht, oder eben nicht. Ein selbstständig und freiwillig geführtes Verhaltensprotokoll besitzt natürlich keinerlei verpflichtenden Charakter. Wer dabei tricksen will, der hat freie Hand, aber dann kann er es auch gleich sein lassen.
Handelt es sich um eine Therapiehausaufgabe im Rahmen einer professionellen Intervention, dann macht das die Mogelei irgendwo nachvollziehbarer, wenn man beispielsweise vertuschen will, sein gesetztes Wochenziel verfehlt zu haben, aber auch dann muss ja irgendwo der Sinn der Maßnahme in Frage gestellt werden. Therapie gegen den Patientenwillen funktioniert schließlich nur in wenigen Ausnahmen, und dann auch mit schärferer externer Kontrolle.
Wenn man schon seinen Alkoholkonsum derart protokollieren muss und sogar die Mengen so nicht mehr überblickt, hat man offensichtlich bereits ein gewisses Problem entwickelt. Andererseits verstehe ich auch nicht, wie man nicht wissen kann, wie viel man konsumiert. Das Leergut löst sich schließlich nicht am selben Tag in Luft auf und man weiß ja auch, was man an Alkohol eingekauft hat.
In einem frühen Stadium in Verbindung mit dem Vorsatz den Konsum einzuschränken, kann es aber schon Sinn ergeben. So gibt es Programme, in denen man erlernen kann seinen Alkoholkonsum unter Kontrolle zu bringen, also sogenanntes "Kontrolliertes Trinken". Das geht durchaus noch in frühen Phasen der Problematik, ab einem gewissen Punkt aber schnell nicht mehr.
So ein Tagebuch kann eine psychologische Wirkung in der Form haben, dass es einen an seine guten Vorsätze erinnert. Auch erkennt man so eventuelle Erfolge, was als Ansporn dienen kann. Ergänzend bieten solche Tagebücher, wie man sie zum Beispiel von Selbsthilfeseiten herunterladen kann, auch oft die Möglichkeit die eigenen Emotionen und Umstände die mit den Trinkgewohnheiten verbunden sind festzuhalten. Dies hilft festzustellen, in welchen Situationen man besonders anfällig für Alkoholkonsum/missbrauch ist. Vor allem letztere Erkenntnis ist absolut elementar für eine Verhaltensänderung.
Ich kenne den Tipp für Leute mit Gewichtsproblemen. Wenn man wirklich jeden Bissen registriert und dokumentiert, kann das ein Augenöffner sein und auch eine Datengrundlage liefern, die Schwachstellen aufzeigt, die man dann gezielt bekämpfen kann. Manche Leute behaupten ja, so gut wie gar nichts zu essen und wundern sich, dass sie nicht abnehmen, weil der morgendliche große Cappucchino mit Sirup oder die Chips vor der Glotze gar nicht als Kalorien registrieren. Die meisten von uns sind nicht halb so sehr im Klaren über ihr Handeln, wie sie glauben.
Beim Alkohol sehe ich es allerdings schon eher als Alarmzeichen an, wenn man gar nicht mehr im Blick hat, wie viel man trinkt. Auch hier kann es vermutlich hilfreich sein, wenn man schwarz auf weiß hat, dass das "Feierabendbierchen" oder "mal ein Cocktail" eher an systematisches Pegeltrinken erinnern, weil man das Weinchen, das man abends zur Belohnung nach einem harten Tag konsumiert oder das "Verdauungsschnäpschen" quasi ausblendet, sich schön redet oder rechtfertigt.
Für manche Leute kann diese Erkenntnis ein Weckruf sein, der sie vor dem ausgewachsenen Alkoholismus bewahrt. Aber wenn du schon mittendrin steckst, wird es auch nicht viel helfen, wenn du die Flasche Wodka pro Tag brav ins Tagebuch einträgst.
Ich glaube das ist so ein Ratschlag, der wenig hilft, wenn man wirklich zu viel trinkt. So etwas wird man dann nicht richtig aufschreiben und sich selber belügen. Man weiß ja was andere Menschen dann lesen wollen und das möchte man ihnen nicht geben, sondern sich selber als gesund darstellen. Gerade wenn man den eigenen Konsum nicht mehr im Griff hat und nur dann würde ein Tagebuch ja Sinn machen, sieht man das Problem selber noch lange nicht.
Bei einer Suchtproblematik muss man meistens erst gegen die Wand fahren, um die eigene Sucht zu erkennen und sich helfen lassen zu können. Es bringt ja nichts, wenn andere Menschen verstehen, dass man selber süchtig ist. Man muss es selber einsehen und sich helfen lassen wollen, sonst wird das nichts.
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