Warum sind Jugendliche so schwer für Schule zu motivieren?
Ich habe mir mal einige Gedanken zum Thema "Warum ist es in der heutigen Zeit so schwer, Jugendliche für die Schule zu motivieren?" gemacht. Der Text ist ewig lang geworden und das sind noch lange nicht alle Gründe. Vielleicht will ja jemand von euch noch einen Beitrag zu dem Thema leisten?
Eigentlich wären wir ja 28 Schüler in unserer Klasse. Eigentlich, denn ich glaube, wir haben es heuer noch nie geschafft, alle gleichzeitig anwesend zu sein. Und wenn ich ehrlich sein soll, ist es auch ziemlich unwahrscheinlich, dass wir das noch schaffen. Viele Leute fehlen manchmal tagelang und andere kommen und gehen, wann sie wollen. Die meisten scheinen die Schule nicht wirklich ernst zu nehmen und komplett unmotiviert zu sein. Doch woran liegt das? Jeder hat sicher seine individuellen Gründe, es gibt aber einige, die recht oft auftreten. Diese möchte ich nachfolgend aufzählen und näher erklären, um vielleicht auch mögliche Lösungsvorschläge bieten zu können.
Die Hauptschuld trifft sicher unser Schulsystem. Dass hier einiges schief läuft, wissen wir schon lange, denn sonst würde in der Politik und den Medien nicht so viel über eine Schulreform diskutiert werden. Wirklich passiert ist allerdings bis jetzt wenig.
Das Schulsystem ist - für Schüler und auch für Lehrer - einfach unattraktiv. Meistens ist es so, dass ein unmotivierter Lehrer vor einer komplett überfüllten Klasse steht und die Schüler unterrichtet. Unterrichten bedeutet in diesem Fall an der Tafel zu stehen, etwas daraufzukritzeln und einen Vortrag über das Gekritzelte zu halten. Die Schüler werden selten mal mit einbezogen, langweilen sich und zeigen offensichtliches Desinteresse. Natürlich habe ich gerade etwas übertrieben, aber wohl jeder Schüler kennt dieses Bild aus seinem Schulalltag. Im Unterricht fehlt eindeutig der Bezug zur Realität, zum ,wirklichen Leben‘, vor allem in den naturwissenschaftlichen Fächern. Hier könnten einen Menge Versuche gemacht werden, doch entweder fehlt die Zeit oder dem Lehrer ist es zu anstrengend alles vorzubereiten. Da bleibt man doch lieber beim theoretischen Stoff, den man einmal vorbereiten muss und der dann jedes Jahr derselbe ist. Es ist klar, dass sich Schüler dann oft die Frage stellen, wozu sie das alles einmal brauchen werden, wenn ihnen die praktische Anwendung der Theorie nicht vermittelt wird.
Manche Lehrer schaffen es leider nicht, den Unterricht so zu gestalten, dass es die Schüler interessiert. Einige Lehrer können einfach nicht mit Menschen umgehen, schon gar nicht in Problemsituationen, welche in der Schule oft genug vorkommen. Es ist sicher schwer, in allen Situationen richtig zu reagieren, doch ein gewissen Maß an Feingefühl und Menschenkenntnis kann man von jedem Lehrer verlangen. Das sollte auch ein wesentlicher Teil der Ausbildung sein. Ein Lehrer muss nicht nur fachliche Kompetenzen haben und Wissen vermitteln können, sondern auch die nötigen Eigenschaften, die ein guter Pädagoge haben muss, mitbringen oder eben erlernen.
Wer im Unterricht nicht mitkommt, der hat eben Pech gehabt. Auch dieses Bild zeigt sich leider zu oft. Es wäre wichtig, dass man mehr auf den einzelnen Schüler eingeht. Sowohl auf diejenigen, die sich in der Schule schwertun, als auch auf die, denen das Lernen und Verstehen eher leicht fällt. Letztere langweilen sich im normalen (Frontal-)Unterricht oft und besuchen dann die Stunden gar nicht oder arbeiten nicht mit. Das führt dann wiederum zu schlechteren Noten, obwohl die Schüler eigentlich von der Leistung her nicht schlecht sind, sondern nur zu wenig gefordert werden. Kein Wunder, dass auch hier die Lust an der Schule bald vergeht. Um dieses Problem anzugehen, müsste man auf jeden Fall zuerst die Klassen verkleinern. Bei bis zu 32 Schülern in einer Klasse, kann das einfach nicht funktionieren. Auch wäre es sinnvoll, zwei Lehrer in einer Klasse unterrichten zu lassen, damit sich jeweils einer um die schwächeren und stärkeren Schüler kümmern kann. Letztere könnten etwa den Stoff genauer besprechen als die andere Gruppe, die nur die wesentlichen Inhalte vermittelt bekommt.
Leider werden auch viele Kinder in der Schule gemobbt. Gute Schüler werden als Streber abgestempelt, schlechte als ,faule Säcke‘ und wer anders aussieht gilt schnell als Außenseiter. So etwas kommt leider viel zu oft vor. Dass sich Mobbingopfer dann keine Lust mehr auf die Schule haben, erklärt sich von selbst. Verhindern kann man Mobbing nicht, man kann aber den Kindern und Jugendlichen Mediatoren und Psychologen zu Seite stellen. Einerseits um die Opfer zu unterstützen und andererseits auch um solchen Fällen so gut es geht vorzubeugen.
Bis jetzt konnte ich für jedes Problem eine mögliche Lösung vorstellen, auch wenn die Durchführung manchmal schwierig, aber doch nicht unmöglich ist. Doch ein Problem lässt sich so leicht lösen. Der Arbeitsmarkt bietet Schulabgängern kaum Arbeitsplätze. Nach der Hauptschule gibt es viel zu wenige Lehrstellen für Jugendliche und für einen Großteil der Jobs wird mittlerweile eine Matura vorausgesetzt. Diese bekommt man erst, nachdem man - mindestens - 12 Jahre in der Schule verbracht hat. Viele wissen bereits bald, dass sie nicht das nötige Durchhaltevermögen besitzen oder einfach nicht gut genug sind, um nach der Pflichtschule noch weitere drei Jahre zu absolvieren. Bevor man nach einem oder zwei Jahren scheitert, versucht man es lieber gar nicht. Oder man merkt mitten im Schuljahr, dass man es nicht mehr schafft, alles was man versäumt hat, sei es durch Krankheit oder eigene Faulheit, aufzuholen.
Wenn klar ist, dass man das Schuljahr sowieso wiederholen muss, verbringt man nur mehr so viel Zeit in der Schule, dass man gerade nicht rausgeschmissen wird und widmet sich stattdessen interessanteren Dingen. Der Wiedereinstieg klappt dann leider selten. Und leider nehmen sich auch einige daran ein Vorbild, obwohl sie nicht so schlecht in der Schule sind und fehlen unverhältnismäßig viel. So gesehen ist das alles ein Teufelskreis, aus dem es keinen Ausweg zu geben scheint. Diejenigen, die es bis zur Matura und eventuell auch noch durch ein Studium schaffen, haben in diesem System gewonnen. Einige haben noch Glück und können sich irgendwie etwas aufbauen, aber der Rest hat keine wirkliche Zukunftsperspektive. Man kann nur versuchen, überall der Beste zu sein und sein Bestes zu geben.
Es gibt bestimmt noch eine Menge Gründe, warum Jugendliche nicht in die Schule gehen wollen, dazu müsste ich allerdings noch seitenweise weiterschreiben. Ich denke aber, das wichtigste erwähnt zu haben. Interessant finde ich, dass es für fast alles - bis auf den letzten Punkt - eine gute Lösung gibt, es jedoch an der Umsetzung scheitert. Es wird Zeit für die Politiker in Sachen Bildung endlich zu handeln, denn sonst werden immer mehr Kinder und Jugendliche am Schulsystem scheitern. Und das, obwohl sie eigentlich Potenzial hätten und nur falsch oder nicht ausreichend gefördert worden sind. Natürlich scheitert es wie so oft größtenteils am Finanziellen, aber ist uns das die Bildung unserer Kinder nicht wert?
Ich selber bin dem Schulsystem schon fast entwachsen, Änderungen würden mich kaum mehr betreffen. Doch auch ich habe genau gemerkt, wie leicht man untergehen kann und wie viel Selbstdisziplin und Durchhaltevermögen man braucht, um wieder Fuß zu fassen. Oft hätte ich mir mehr Unterstützung gewünscht, doch die gibt es kaum oder sie ist nicht für alle leistbar. Ich bin dafür umso glücklicher, dass ich es geschafft habe. Leider aber als eine der wenigen, obwohl alle die Möglichkeit dazu hätten, wenn die nötigen Voraussetzungen dafür geschaffen werden.
Eine normale Schulklasse spiegelt doch auch einfach nur die Gesellschaft widert, oder? Und wenn man sich das mal genau überlegt, dass gibt es auch in unserer Gesellschaft Leute, die sich nicht an Regeln halten, die keine Lust haben ihren Pflichten nachzugehen und stattdessen lieber in der Kiste liegen bleiben und es gibt die, die sich dazu auch nicht motiviert bekommen, weil sie andere Gründe vorschieben wie Depressionen, Mobbing oder sonstwas von dem, was du geschrieben hast. Und es gibt die, die alles auf die Reihe bekommen und sich nicht quer stellen und die auch nie besonders auf der Reihe tanzen oder überhaupt auffallen.
Weshalb also denkst du, dass es ein Problem ist, das nur Schüler betrifft? Das ist später an der Universität nicht anders und auch in deinem Beruf später wird dir auffallen, dass gewisse Leute einfach ständig fehlen und ihren Aufgaben nicht nachgehen. Du solltest dich vermutlich einfach damit abfinden, dass nicht jeder gleich ticket und dir weniger Gedanken um andere Leute machen.
Du hast recht. Es betrifft nicht nur Schüler, sondern auch alle anderen. Ich habe nur diese Überlegungen angestellt, weil es bei uns in der Klasse derzeit ziemlich krass ist, wie viele Leute oft fehlen und einfach unmotiviert sind. Und alle, die etwas lernen wollen leiden darunter. Deshalb betrifft es mich selber auch, denn ich bin in der Schule um etwas zu lernen, und nicht um ständig Lehrern zuhören zu müssen, die Schüler schimpfen, weil sie kaum anwesend sind und ständig quatschen. Es geht dadurch einfach eine Menge an Unterrichtszeit verloren, die man viel besser nützen könnte.
So gesehen könnte man das Ganze noch viel weiter ausführen, aber irgendwo wollte ich mir auch einen Rahmen legen. Ich schreibe sowieso immer viel zu lange Texte, wenn es um die eigene Meinung in einem Thema geht, was ich interessant finde und was mich betrifft.
Hi,
dein Beitrag ist sehr aufrüttelnd und regt stark zum Nachdenken an. Auch wenn ich bei einigen deiner Argumente sagen muss, dass es eben nicht machbar ist, wie du aber auch schon selber festgestellt hast.
Es gibt zwei Kritikpunkte, die die Umsetzung deines Vorschlages, zwei Lehrer in jeder Klasse unterrichten zu lassen, scheitern lassen. Zum Einen wäre da der, von dir auch bereits erwähnte, finanzielle Hintergrund. Die meisten Schulen sind staatliche Institutionen, soll heißen das sie vom Steuerzahler finanziert werden. Im Endeffekt würde das heißen, das jeder Einzelne mehr Steuern zahlen müsste, um dein Vorhaben umsetzen zu können. Zum Anderen wäre da aber auch noch der Aspekt der fehlenden Lehrkräfte. Es gibt heutzutage eh schon zu wenige Lehrer, wie soll man es also hinbekommen, dass dann die doppelte Anzahl verfügbar ist?
Dein Argument, dass der eine Teil der Klasse den Stoff intensiver durchnimmt als der andere Teil hat auch einen gewaltigen Haken. Es wäre zwar ein individueller Lösungsvorschlag, leider fehlt dann aber der Aspekt, um die Kinder miteinander zu vergleichen. Man kann also keine allgemeine Klassenarbeit mehr schreiben, da der eine Teil der Klasse viel mehr Informationen hat, als der Rest.
Du siehst, dass deine Gedanken zwar nett sind, aber leider eben nicht wirklich umzusetzen sind, was nicht heißen soll, dass ich deine Position nicht vertrete. Im Gegenteil, ich würde deinen punkt der sozialen Kompetenz gerne aufgreifen und noch hinzufügen, dass gerade die Lehrer an Gymnasien kein Semester mit Pädagogik verbringen müssen, wie es die Lehrkräfte der anderen Schulen machen müssen.
Ein weiterer Kritikpunkt wäre der, dass auch manchmal die Lehrer selbst unmotiviert sind. Es stellt sich also für den Schüler die Frage, warum er denn in den Unterricht gehen soll, wenn selbst der Lehrer keine Lust hat.
Auch der Stress, der mit der Schule einhergeht, sollte nicht vernachlässigt werden. Der Unterrichtsstoff ist einfach viel zu kompakt und es werden Schülern viel zu viel zugemutet. Gerade deswegen ist es nicht erstaunlich, dass gerade die Länder, mit einem kleinen Bildungsplan, immer wieder gut in der PISA-Studie abschneiden. Ich denke dieser Punkt ist auch nicht zu verachten.
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