Neue Öffnungszeiten: Bald rund um die Uhr einkaufen!
derpunkt hat geschrieben:@Klehmchen
Nimmt man nun aber den Staat her, der auch eine Fürsorgepflicht wahr zu nehmen hat, dann macht es durchaus Sinn, die Öffnungszeiten einheitlich gesetzlich regeln zu lassen. Wobei das ja noch nicht einmal eine Staatssache ist, sondern auf die einzelnen Bundesländer geht.
Was hat das mit Fürsorgepflicht zu tun? Hier wird weder das Recht des Kunden gewürdigt durch den Staat, noch die Möglichkeit geschaffen im Rahmen flexiblerer Öffnungszeiten die Möglichkeit neue Arbeitsplätze zu schaffen. Hier wird einer Minderheit praktizierenden Christen, die gleichzeitig Verkäufer sind und dann auch noch in Läden arbeiten, die überhaupt für eine dauerhafte Sonntagsöffnung in Frage kommen über die Gemeinschaft gestellt. Wir leben in einem demokratischen Land und das sollte sich auch in solchen Regelungen zeigen. Nie war es einfacher demokratisch über Öffnungszeiten abzustimmen, nämlich mit den Füßen.
Die Kirche mischt sich übrigens nicht sonderlich ein, wenn es um die allgemeinen Öffnungszeiten geht. Wohl aber, wenn sie ihre Tage gefährdet sieht. Das ist insbesondere der Sonntag sowie auch die kirchlichen Feiertage, sofern sie als gesetzliche Feiertage geschützt sind. Und da muss ich zugeben, ziehe ich mit den Kirchen am selben Strang und das auch noch auf der gleichen Seite.
Warum? Der gewöhnliche verkaufsoffene Sonntag geht von 13-18 Uhr. Gottesdienste sind zumindest bei mir hier in aller Regel vormittags, zudem sehr spärlich besucht, egal ob katholisch oder evangelisch. Wo da 60% der Bevölkerung ihre Glaubensauslebung gefährdet sehen erschließt sich mir nicht. Und wie gesagt, steht es ja jedem frei auch mal von Montags bis Samstags zu beten, genauso wie die Kirchen auch Gottesdienste an anderen Tagen als Sonntag veranstalten können. Ich glaube Gott freut sich über jedes Gebet und jeden Gottesdienst, wenn er sich überhaupt darüber freut.
Und nun zu argumentieren, die Läden können ja frei entscheiden, ob und wann sie geöffnet haben wollen, verkennt die Tatsache, dass um jeden Kunden zu kämpfen ist. Und wenn der potentiell eben jetzt um 22 Uhr kommt, ist der Laden eben auch um 22 Uhr offen zu halten! Und so was rechnet sich nur, indem an der einzig verbliebenen Stellschraube, das variable Kapital (:)), gedreht wird. Am Preis wird man kaum mehr was machen können.
Komisch, dass mein Aldi um die Ecke am Samstag trotzdem um 16 Uhr zu macht, obwohl alle anderen Läden da noch offen haben. In der Woche machen die auch schon um 20 Uhr zu, obwohl ich allein 4 Kaufländer in der Stadt habe, die bis 22 Uhr offen haben. Ein NP hat sogar als einziger Laden in der Stadt durchgängig geöffnet. Mehr als ein sehr kurzzeitiger Anfangskampf, der mehr Experiment als Kampf war, fand hier nicht statt. Jeder Laden ist recht schnell wieder dazu übergegangen, sich am Umsatz und nicht an der Freiheit der Öffnungszeiten zu orientieren und der Großteil der Geschäfte macht wieder um 20 Uhr zu, außer eben Freitags, weil es auf das Wochenende zugeht. Ich kenne keinen einzigen Laden, der wegen 2-3 Kunden absichtlich seine Öffnungszeiten verändert und damit Verlust erwirtschaftet. Selbst die Kaufländer leisten sich den Luxus nur, weil in den Abendstunden die Regale aufgefüllt werden und der Laden somit eh laufen würde. Nur bei weniger Kunden ist diese Arbeit deutlich produktiver als im Hochbetrieb.
zusätzlich den Samstag zu einem gewöhnlichen Werktag gemacht.
Für die Mehrheit der Bevölkerung ist der Samstag schon ewig ein normaler Werktag. Frag mal Leute im Personen- und Güterverkehr. Polizisten, Ärzte oder Krankenschwestern oder Menschen die im produktiven Gewerbe arbeiten. Die mehr oder weniger netten Leute in den Call-Centern, bei denen ich Sonntags meine Bestellung aufgeben kann oder die Paketzusteller, die mir auch Samstags meine Pakete und Briefe bringen. Journalisten, Rundfunkmitarbeiter. Vielmehr ist es doch so, dass wohl eher für eine Minderheit der Samstag kein normaler Werktag ist, für viele ist ja auch der Sonntag ganz normaler Werktag und kein Mensch würde auf die Idee kommen, den Sonntag für Polizisten, Ärzte und Krankenschwestern schützen zu wollen.
Außerdem hat doch erst vor kurzem ein Gericht hier bzgl. der Adventssonntage festgestellt, dass der Schutz dieser Zeit (und der Sonntage im Allgemeinen) eben nicht nur den Kirchen dient, sondern der Erholung und der Reproduktion der Arbeitskraft, sowie dem Schutz der Familie (sehr wohl auch Aufgabe des Staates!) dient.
Und das alles geht nur am Sonntag? Und vorallem frage ich mich ob der böse Einzelhändler zu mir nach Hause kommt und mich zum Einkaufen zwingt? Wenn ich mich erholen will, dann bleibe ich eben zu Hause und wenn meine Familie einen netten Ausflug machen will, dann geh ich eben in den Zoo (wieso hat der eigentlich Sonntags nochmal offen?). Und was ist mit den oben geschilderten Berufsgruppen? Darf sich der Polizist, der Sonntags zum Dienst eingeteilt ist nun einfach zu Hause sonnen, weil er sich ja erholen muss und das nur Sonntags geht? Und vorallem wieso rennen die Kunden den Läden, an den derzeit wenigen offenen Sonntagen die Türen ein, wenn sie sich da eigentlich von der stressigen Woche erholen müssten?
Ich persönlich fände es ja ziemlich toll, wenn ich rund um die Uhr einkaufen könnte. Ich bin generell ein Nachtmensch und mag es einfach sehr gerne, spät abends in einen fast leeren Supermarkt zu gehen, wo es ruhiger ist als am Tage. Toll fände ich es auch, wenn noch weitere Läden, also nicht nur die Supermärkte, so lange geöffnet hätten.
Allerdings denke ich ebenso wie du, dass es sich für die wenigsten Geschäfte lohnen dürfte, auch wirklich rund um die Uhr geöffnet zu haben. So etwas lohnt sich vielleicht bei einigen wenigen Geschäften in den größten Städten wie Berlin oder Hamburg. In kleineren Städten dürften solche Öffnungszeiten wahrscheinlich überhaupt nicht verwirklicht werden. Es kostet ja auch eine Menge Geld, das Geschäft länger zu öffnen. Neben den zusätzlichen Personalkosten fallen ja auch ganz allgemeine Kosten an, wie Strom für die Beleuchtung. Diese zusätzlichen Kosten werden ja nicht durch zusätzliche Einnahmen kompensiert. Die Leute kaufen ja nicht unbedingt mehr, weil der Laden eben länger geöffnet hat.
Zudem denke ich, dass die typischen deutschen Konsumenten einfach daran gewöhnt sind, dass die Geschäfte um eine bestimmte Zeit geschlossen werden und die meisten können sich mit den bestehenden Öffnungszeiten gut arrangieren. Wenn ich nach zwanzig Uhr noch zu Real gehe, ist es dort meistens leer. Die verlängerten Öffnungszeiten wurden meiner Meinung nach auch nur schleppend von der Kundschaft angenommen und ich kann mir nicht vorstellen, dass es viele Leute gibt, die plötzlich nachts einkaufen gehen, nur weil eben der Laden neuerdings auch zu diesen Zeiten geöffnet hat.
Für mich persönlich wäre es toll, aber ich denke nicht, dass es in Deutschland so weit kommen wird und ich selbst kann mich mit den bestehenden Öffnungszeiten auch recht gut arrangieren.
Cologneboy2009 hat geschrieben:Die Leute kaufen ja nicht unbedingt mehr, weil der Laden eben länger geöffnet hat.
Doch, sie kaufen mehr ein - aber eben nicht mehr bei Laden A der schon um 8 dicht macht sondern bei Laden B der noch länger auf hat. Statt den Einkauf verschieben zu müssen und so ggfs. die ein oder andere Anschaffung wegfallen zu lassen wird das Angebot so doch wahrgenommen.
Klar dass hier einzelne Geschäfte leiden werden, vor allem Einzelhändler die hier nicht so lange mithalten können.
Cologneboy2009 hat geschrieben:Wenn ich nach zwanzig Uhr noch zu Real gehe, ist es dort meistens leer. Die verlängerten Öffnungszeiten wurden meiner Meinung nach auch nur schleppend von der Kundschaft angenommen und ich kann mir nicht vorstellen, dass es viele Leute gibt, die plötzlich nachts einkaufen gehen, nur weil eben der Laden neuerdings auch zu diesen Zeiten geöffnet hat.
JotJot hat geschrieben:Ich kenne niemanden der nicht auch nach 18:00 Uhr mal einkauft; etwas das vor wenigen Jahren noch undenkbar war.
Die Zeiten ändern sich und mit Ihnen die Kundschaft: Vor wenigen Jahren war 18.00 Uhr Ende und heute würde man als Supermarkt den Vogel gezeigt bekommen wenn man ernsthaft so etwas durchziehen würde. Gleiches gilt für die althergebrachte Mittagspause 12.00 - 15.00 Uhr: Auch das können sich nur noch wenige Geschäfte leisten die Kunden haben, die mal nicht einfach so den Laden wechseln können.
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