Auswandern nach Bulgarien

Ich suche Informationen/Erfahrungsberichte zum Leben in Bulgarien. Ist es wirklich so eine Umstellung für jemanden, der in Deutschland/Österreich lebt?

Welche Kulturunterschiede muss man beachten? Sind die Sprachkurse erschwinglich und wie lange braucht man im Durchschnitt, bis man die Sprache halbwegs beherrscht? Was sollte man auf jeden Fall vermeiden, wenn man mit Bulgaren zu tun hat? Muss ich mit einem Kulturschock rechnen? Ich bin wirklich dankbar für jede Information!

Bevor man sich solche Fragen stellt, ist es doch wichtig - mindestens aber interessant - zu erfahren, weshalb man auswandern möchte. Einen solchen Gedanken fasst man ja kaum ohne einen bestimmten Hintergrund. Das macht dann schon einen Unterschied. Denn wer z.B. aus Liebe in ein fremdes Land zieht, für den werden Sitten und Gebräuche dort sicher einfacher zu erklären sein als wenn man alleine bzw. nur mit der Firma im Rücken wg. des Jobs umzieht.

Bulgarien ist ja auch kein typisches Einwanderungsland. Mir jedenfalls fallen spontan keine klassischen Gründe (außer eben die zwischenmenschlichen) ein, in ein südosteuropäisches Land auszuwandern. Selbst wenn man sich wirtschaftlich verbessert und schon einen sehr lukrativen Job in Aussicht hat, ist es so, dass man sich an die bestehende Infrastruktur bzw. deren Mängel eben erst gewöhnen muss. Im Vergleich dazu funktioniert in Deutschland nämlich alles nahezu perfekt. Mag sein, dass es Plätze in Sofia gibt, wo dies auch der Fall ist. Aber ich nehme mal auch die Randbezirke nicht aus, und da bezweifle ich, dass Du den gewohnten Standard (Versorgung, Straßenbau, Müllentsorgung, Reinigung, …) erwarten kannst.

Und das Erlernen der Sprach geht ja im Land selbst am besten. Aber bevor ich irgendwo hin auswandern würde, würde ich versuchen, die Sprache schon vorher soweit zu beherrschen, dass ich den Alltag bewältigen könnte. Das heißt in dem Fall eben auch die kyrillische Schrift lernen!

Bulgarien ist, verglichen mit Deutschland, ziemlich arm und sehr korrupt (das korrupteste Land der EU). Dies erstreckt sich natürlich auf sogut wie alle Lebensbereiche und dürfte eine große Umstellung sein.
Religiös dürfte es hingegen keine große Umstellung sein: Es gibt eine ähnlich große Religionsfrustration in Bulgarien wie in Deutschland und der Anteil von Muslimen und Christen ist in Bulgarien und Deutschland ungefähr gleich - genauso wie Anteil der türkischen Ethnie an der Gesamtbevölkerung in beiden Ländern. Es gibt also mit der gleichen Bevölkerungsgruppe wie in Deutschland und vermutlich auch ähnliche Integrationsprobleme aus Sicht der einheimischen Bevölkerung.

Zur Komplexheit der Sprache Bulgarisch kann ich keine Aussage machen, aber zumindest spricht sie dort auch so gut wie Jeder und ich denke, dass man die Sprache mit etwas gutem Willen sicherlich gut lernen kann wenn man vor Ort ist. Die Grundkenntnisse kann man sich bei jeder Sprache in der Regel in einigen Monaten aneignen.

Politisch gesehen muss man sich darauf einstellen, dass derzeit die verhassten Sozialisten regieren (der Großteil der Bevölkerung ist gegen sie, trotzdem wurden sie, vermutlich aufgrund massiver Korruption, bei der letzten Wahl in der Regierung bestätigt).

Für wen es interessant ist, der sollte auch wissen das er als Homosexueller möglicherweise mit Repressionen zu rechnen hat. Erst seit 2002 ist es legal und rechtlich gleichgestellt und gleichgeschlechtliche Partnerschaften noch immer nicht anerkannt.

Ich denke, dass die Gesellschaft durchaus mit der deutschen vergleichbar ist, allerdings wohl etwas konservativer. Ich denke es sollte durchaus kein zu großer Kulturschock (verglichen beispielsweise mit asiatischen Ländern, Marokko, Afrika, Lateinamerika, anderen Balkanstaaten wie Rumänien und Serbien) sein.

@TuDios
Welches Land in Südosteuropa (Slowenien, wenn man es dazuzählt, ausgenommen) ist denn nicht (sehr) arm im Verhältnis zur BRD? Ebenso ist in so ziemlich jedem dieser Transformationsstaaten die Korruption ein ernstes Thema. Und das betrifft - wie Du geschrieben hast - wirklich alle Lebensbereiche.

Was die Religion angeht, leben in Bulgarien natürlich überwiegend Christen. Aber dies sind orthodoxe Christen, und da sehe ich schon einen unterschied zu westlichen Staaten. Und was Du unter Integrationsproblemen verstehst, verstehe ich nicht. Denn im Gegensatz zur BRD ist es so, dass es in Bulgarien durchaus üblich ist, in den Siedlungsgebieten der türkischen Minderheit, türkisch auch in der Schule zu unterrichten.

Wo nun übrigens der Unterschied für die Bevölkerung zu finden wäre, wenn statt der Sozialisten (die den Ausverkauf des Staates wenigstens verlangsamen) die konservativen Kräfte an der Macht wären, erschließt sich mir nicht. Jedenfalls glaube ich nicht, dass die Sozialisten auf Grund von Korruption an der Macht sind (die Wahlen sind geheim), sondern auf Grund der Aussichten die mit eben einer anderen Regierung bestehen.

Repressionen gegen Homosexuelle sind auch in so ziemlich allen Transformationsstaaten üblich. Gefördert und gebilligt durch die konservativen Kräfte (sehr religiös)! Aber was die Gleichstellung angeht, muss man von Westeuropa aus nicht verächtlich auf den Osten schauen. Denn auch in der BRD sind rechtlich anerkannte gleichgeschlechtliche Partnerschaften nichts, was schon seit ewigen Zeiten existiert!

Wenn jetzt aber gerade in Bulgarien kein Kulturschock erwartet wird, dafür aber in Serbien oder Rumänien, dann bin ich etwas irritiert. Denn Serbien ist im wirtschaftlichen Bereich Bulgarien überlegen (höheres BIP pro Kopf). Und in Rumänien ist dies noch höher! Daher würde ich eher sagen, dass diese Staaten sich eher gleichen bzw. die Lebensqualität eher in Serbien (trotz fehlender EU Mitgliedschaft) und Rumänien höher einzuschätzen und eher am Westen zu messen ist.