Mit Vorstrafe Jura studieren?
Hallo,
ein Bekannter von mir hat im Jugendlichenalter mal ganz großen Mist gebaut und deshalb jetzt eine Vorstrafe auf dem Führungszeugnis. Damals hat er Sozialstunden bekommen, das ganze ist aber schon 10 Jahre her. Inzwischen hat er eine Ausbildung gemacht und möchte jetzt Jura studieren.
Er ist der Meinung das die Sache mit der Vorstrafe keine Problem nachher macht wenn es um die Zulassung geht, ich kann mir das allerdings nicht so recht vorstellen. Polizist kann man z.B. auch nicht werden wenn man kein unbeschriebenes Blatt mehr ist.
Sozialstunden verjähren auch, so dass sie nicht mehr im Führungszeugnis auftauchen. Das ist genau wie bei den Tagessätzen, die, ich glaube nach 3 Jahren verjähren.
Man ist nicht unbedingt vorbestraft, wenn man Sozialstunden machen musste. Die Richter werden im jugendlichen Alter nicht die beruflichen Steine in den Weg legen. Deswegen bleiben sie, wenn es nicht grade ein Tötungsdelikt war, oft unter dem Maß, was nicht im polizeilichen Führungszeugnis drin steht. Sozialstunden stehen also nicht unbedingt im Führungszeugnis.
Dein Bekannter soll mal einen Anwalt fragen, was in einem Führungszeugnis alles drin steht in seinem Fall. Denn es muss nicht ins Führungszeugnis, was in den Akten des Bundeszentralregisters steht.
Für gewöhnlich verjährt das. Die Frage ist ja, was er gemacht hat. Jura studieren kann er schon, die Frage ist eher, ob er dann mal einen Praktikumsplatz bekommt (was ja notwendig ist um das erste Staatsexamen machen zu können) und ob er mal angestellt wird (wenn er sich nicht als Anwalt mit eigener Kanzlei oä. niederlässt).
Eine Kanzlei wird wohl eher keinen Anwalt einstellen, der jemanden körperlich verletzt hat. Er sollte aber nochmal einen Anwalt fragen, wie es sich damit verhält. Da ist er gut aufgehoben. Generell ist es aber wirklich so, dass man nicht ein Leben lang für das bluten muss, was man mal angestellt hat.
Grundsätzlich: Studieren kann er Rechtswissenschaften (Jura kann man so nicht studieren!) immer, denn es gibt das Recht auf Bildung, solange alle Vorrausetzung (Hochschulreife, möglicherweise NC) erfüllt sind.
Das Problem wird nur das 2. Staatsexamen, denn vor diesem muss das 2jährige Referendariat abgelegt werden um zur zweiten Staatsprüfung zu kommen um Volljurist / Assessor zu werden. Davor ist man nur Diplom-Jurist, heißt kurz: kein höherer Staatsdienst, kein Rechtsanwalt. Das Referendariat muss bei einer staatlichen Einrichtung oder Träger abgeleistet werden, heißt: Gericht & Co - und die können natürlich auch die Einstellung verweigern wenn man zuviel auf dem Kerbholz hat womit der Weg ins zweite Staatsexamen versperrt ist. Das zweite Staatsexamen kann man aber unter bestimmten Voraussetzungen umgehen und trotzdem Volljurist werden .
meredesgrey hat geschrieben:Polizist kann man z.B. auch nicht werden wenn man kein unbeschriebenes Blatt mehr ist.
Klar kann man das werden - es kommt halt nur darauf an, was man auf dem Kerbholz hat. 10 Sozialstunden oder 2 Jahre Freiheitsstrafe - da besteht schon ein Unterschied. Außerdem kommt es auf das Bundesland an, denn beispielsweise ist in NRW alles kein Problem, was eine 10monatige Freiheitsstrafe nicht übersteigt.
Zur Verjährung: So stimmt das wieder nicht, denn es gibt einerseits das polizeiliche Führungszeugnis, aus welchem Straftaten und Verurteilung deswegen relativ früh gelöscht werden müssen und das wohl weniger bekannte Bundeszentralregister (O)! Und aus diesem werden Einträge erst nach 10 - 15 Jahren gelöscht! Beim Refendariat bzw. der Bewerbung muss ein Auszug aus diesem vorgelegt werden, kein popeliges polizeiliches Führungszeugnis!
winny2311 hat geschrieben:ob er dann mal einen Praktikumsplatz bekommt (was ja notwendig ist um das erste Staatsexamen machen zu können) und ob er mal angestellt wird (wenn er sich nicht als Anwalt mit eigener Kanzlei oä. niederlässt).
Seit wann denn das? Das richtet sich meines Wissens nach dem JAG des jeweiligen Bundeslandes. Und bei der Einstellung als Anwalt in einer nicht-behördlichen Anstellung interessiert sowas kaum solange die Referenzen für einen sprechen. Ein ehemaliger Kommilitone hat sich während des Studiums, des Referendariats und sogar noch heute ein paar Einträge wegen seiner Kifferei eingefangen - nur bei einem summa cum laude interessiert das keinen mehr und ein Top Gehalt gab`s noch mit dazu.
Gerade bei nicht-behördlichen Anstellungen ist sowas zu vernachlässigen, hier zählen in erster Linie die während des Referendariats aufgebauten Kontakte und wie gut der Abschluss ist. Je mehr Mängel dieser hat, desto mehr guckt man natürlich auf den Rest.
Soweit ich weiß kann jeder Anwalt werden auch mit Vorstrafen, nur zum Staatsanwalt aufsteigen darf man nicht. Mein Freund, hat auch sehr viel Mist gebaut in seiner Teenager-Zeit, und fängt jetzt voraussichtlich im Februar mit einem Jurastudium an.
Allerdings gibt es die Möglichkeit einer Tilgung, zumindest ist das hier in Österreich so, weiß nicht wie es damit in Deutschland aussieht. Sprich, man sucht beim Bundespräsidenten um eine Tilgung an, wenn dieser sein OK gibt ist man auf dem Papier strafffrei.
JustSho hat geschrieben:Soweit ich weiß kann jeder Anwalt werden auch mit Vorstrafen, nur zum Staatsanwalt aufsteigen darf man nicht.
Unsinn - das Problem ist immer wieder die Zulassung zum Referendariat damit man das zweite Staatsexamen ablegen kann und überhaupt Volljurist werden kann (und damit Richter/Staatsanwalt/Rechtsanwalt). Und hier kann man bei ausreichend hohen Vorstrafen auch immer wieder abgelehnt werden wenn man deswegen als nicht fähig eingestuft wird.
Und ohne das zweite Staatsexamen wird`s auch nichts mit dem Dasein als Rechtsanwalt.
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