Arbeitslos und Urlaub?
Also ich hab mal eine Zeit im Reisebüro gearbeitet und hatte dort (leider) mit sehr vielen solcher Fällen zu tun. Mein Wissen basiert auf dem, was mir damals meine arbeitslosen Kunden mitgeteilt haben, aber vielleicht hilft es dir ja weiter.
Wir hatten sehr viele Kandidaten die langzeitarbeitslos waren, aber dennoch etwa 2 Monate im Jahr Urlaub gemacht haben, meist in ihrem Heimatland der Türkei, oder einer hatte sogar einen heimlichen Zweitwohnsitz in der Karibik, wo er sich sogar die Hälfte des Jahres aufgehalten hat.
Und das Arbeitsamt durfte davon nie etwas erfahren, weil diese Leute zu mir gesagt habe, es sei ihnen nicht gestattet, Urlaub zu machen - Wegfahren und Verwandte zu besuchen, ist kein Problem, wenn es eben nur wenige Tage dauert, aber sobald man eine Woche lang nicht anzutreffen ist zu Hause bzw. dort telefonisch erreichbar, bekommt man Probleme.
Ich muss ehrlich sagen, mir ging da oft die Hutschnur hoch, wenn ich, als arbeitende Person in einem Reisebüro, der arbeitslosen ihren Traumurlaub buchen musste, und die dann noch von mir verlangt haben, dass die den ganzen Betrag in bar bezahlen dürfen, damit das Arbeitsamt auf dem Konto nichts davon bemerkt. Da musste ich mich oft zusammen reißen.
Diese Leute hätte ich eiskalt angeschwärzt, Sippschaft. Steph, ich unterstelle gar nicht, ich habe ja oben gesagt, dass es z.B. was anderes wäre, wenn jemand nur Bekannte besucht. Und selbst wenn jemand sich das Geld vor der Arbeitslosigkeit angespart hat. Dann soll er doch bitte dieses Geld dazu nutzen, seine täglichen Kosten zu decken und nicht den Staat belasten. Ja, das ist gesetzlich nicht verboten, wie du schon sagtest, aber trotzdem finde ich es nicht okay.
Wie schon gesagt.. Urlaub ist nicht lebensnotwendig und es gibt allein bei uns in Deutschland sicher genug Familien, die sich trotz Arbeit nicht leisten können in den Urlaub zu fahren. Warum sollte das dann jemand, der momentan nicht arbeitet, müssen?
Ach ja, ich möchte noch sagen, dass ich dafür bin, dass alle die ALG I und II erhalten, genug Geld erhalten, um davon zu Leben und auch so Dinge wie einen Fernseher und dergleichen zu finanzieren. Niemand soll leben, wie der letzte Obdachlose unter der Brücke. Wir sind schließlich ein Sozialstaat und man muss die Menschen, die keine Arbeit finde (sind ja genug dabei, die suchen) schon unterstützen.
Aber Urlaub muss in meinen Augen einfach nicht sein, weil das heutzutage schon eher ein Luxusgut ist, das sich nicht mal alle, die arbeiten, leisten können. Und von daher sehe ich eigentlich nicht ein, weswegen sich jemand, der eh schon vom Staat finanziert wird, sowas leisten können sollte.
Naja, das waren so viele Leute jeden Monat, jahrelange Stammkunden, ich hab mich damals einfach nicht getraut diese Leute anzuschwärzen, weil ich auch Angst hatte um meinen Arbeitsplatz. Das wurde uns Mitarbeitern eben verboten und mein Arbeitsplatz war mir einfach wichtiger. Ich wollte selbst nicht deshalb arbeitslos sein auf einmal. Naja, was soll´s. Zum Glück muss ich sowas nicht mehr mitmachen.
Ich verstehe Deine Meinung ja schon. Aber manchmal muss man einfach als Mensch raus, egal ob mit oder ohne Arbeit. Diese Beispiele von Sippschaft, die sie erlebt hat, finde ich selbst eine Dreistigkeit ohnegleichen. Selbst mir, als ehemalige Langzeitarbeitslose, geht die Hutschnur dabei hoch. Ich hätte mich dies übrigens auch nicht gewagt - habe noch eine Institution namens "Gewissen". Selbst das hatte ich, wenn ich eben über's Wochenende meinen Freund besuchen war. Aber so was ist ja heutzutage selten bzw. scheint selten zu sein.
Oben wurde ja aber schon erwähnt, dass 'Urlaub' erstmal definiert werden muss. Der Beitragersteller könnte sich ja mal dazu äußern, was für eine Art von Urlaub er sich vorgestellt hat. Ob er nämlich einfach nur 5 Tage zu seinen Verwandten in den Schwarzwald fahren möchte, oder ob er mit dem Flugzeug verreist und seine ganze Familie mitnimmt, das ist ein Unterschied. Natürlich stellt sich mir aber schon die Frage, woher diese Gelassenheit kommt, dass man sich überhaupt Gedanken über einen möglichen Urlaub macht, in der Lage eines Arbeitslosen.
Sippschafts Beispiele sind doch echt Sch... Mal ganz ehrlich, wenn dann auch noch in bar bezahlt wird, das riecht doch förmlich nach Betrug, und solchen Leuten sollte echt das Handwerk gelegt werden. Nur wenn man dann von solchen Leuten irgendwie bezahlt wird?!
Und solche Leute verteidige ich auch nicht. Es gibt aber eben genug Arbeitslose, die sich eine Woche Ferienhausurlaub vom Munde abgespart haben und nach mehreren Jahren einfach mal raus müssen! Warum um alles in der Welt sollen die das nicht legal dürfen? Mir fehlen immer noch hieb- und stichfeste Argumente!
Sippschaft hat geschrieben:Natürlich stellt sich mir aber schon die Frage, woher diese Gelassenheit kommt, dass man sich überhaupt Gedanken über einen möglichen Urlaub macht, in der Lage eines Arbeitslosen.
Das kommt wohl auch auf die Art des Urlaubs an und welche Familienmitglieder noch betroffen sind. Gerade bei Familien mit Kindern sind die Eltern ja bereit auf bestimmte Dinge zu verzichten, damit die Kinder es gut haben.
Ja, dieses 'raus müssen' versteh ich. Aber weißt du, ich kenne genug Arbeitnehmer, die unter einer Belastung stehen durch ihre Arbeit, die Stress haben und die auch mal raus müssen. Aber die KÖNNEN nicht, weil sie kein Geld dazu haben.
Ist das dann noch fair? Hört da nicht eigentlich das Verständnis dafür auf? Bei mir schon. Ich müsste nämlich auch dringend mal wieder in den Urlaub und was anderes sehen, aber ich kann es mir nicht leisten. Genauso ist es bei meinen Eltern. Und bei zig anderen Arbeitnehmern die ich kenne.
Und wie ich Dich da verstehe, Sippschaft, mir geht es genau so. Nicht wegen der Finanzen, sondern auch weil ich einfach kein gutes Angebot für Single mit Kind bekommen habe. Allerdings ist es mir relativ egal, ob Arbeitslose in Urlaub fahren können. Ich kenne einige wenige. Und davon ist in den letzten Jahren ein einziges Paar für 6 Tage weg gefahren.
Ich hab's denen echt gegönnt. Und wer sich als Arbeitsloser das Geld für einen Urlaub zusammensparen kann, dem sei es gegönnt. Wütend machen mich nur die von Dir beschriebenen Betrüger. Wenn da nicht mein Arbeitsplatz dran hängt, dann habe ich auch keine Probleme solche Leute anzuzeigen. Bei den Ehrlichen sehe ich es so: Leben und leben lassen.
Ja, aber wie kann es sein, dass man als Arbeitsloser sich Geld zusammen sparen kann für einen Urlaub und als Arbeitnehmer nicht?! Wie geht das? Müsste es, rein theoretisch, nicht so sein, dass eigentlich der Arbeitnehmer mehr Geld zum Ausgeben zur Verfügung haben müsste als jemand, der keine Arbeit hat? Tut mi leid, aber mir fällt es wirklich ziemlich schwer, das jemandem zu gönnen, dass er sparen KANN, weil ich einfach nicht verstehe,wie er überhaupt dazu kommt, sich etwas anzusparen, wenn jemand in seiner Lage, der arbeitet, das eben nicht kann?!
Reine Spekulation: ein Arbeitsloser hat evtl weniger Ausgaben, da er keinen Weg zur Arbeit hat, er isst nicht auswärts und hat vielleicht auch kein Auto, was er finanzieren muss. Dazu gibt er dann unterwegs nicht allzu viel Geld aus, hat weniger Ansprüche an seine Nahrung und an das allgemeine Leben.
Andere Idee ist, dass er zu dem ALG noch Wohngeld bzw. einen Zuschuss dafür bekommt. Oder was auch sehr oft vorkommt, dass er schwarz arbeitet und das Geld in die Lebenshaltungskosten stecken kann. Es ist alles schon dagewesen.
Natürlich ist's nicht fair, das streite ich auch nicht ab. Aber die daraus entstehende Diskussion ist wieder eine andere. Nämlich, wie kann man als Arbeitnehmer mehr Geld verdienen bzw. mehr von seinem Bruttogehalt behalten. Dass es ungerecht ist, ist wohl so ziemlich jedem bewusst. Aber da liegt die "Schuld" nicht beim Leistungsempfänger oder beim Arbeitnehmer.
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