Zahlungsmoral in Deutschland wird immer schlechter

vom 19.11.2007, 23:39 Uhr

Der Bundesverband der Selbstständigen beklagt mehr und mehr den stetigen Verfall der Zahlungsmoral – so klagte man jetzt an, dass man immer öfter seinem Geld hinterherlaufen müsse und Schuldner in ihrem Verhalten immer dreister und frecher werden würden. Mittlerweile ist es Usus, dass Handwerker oder freiberuflich Tätige sofort nach Fertigstellung des Auftrages auch eine Rechnung mit einer Zahlungsfrist ausstellen würden, denn die Nichtzahlung von Rechnungen sei mittlerweile der Hauptgrund für Unternehmensinsolvenzen oder dafür, dass neugegründete Unternehmen und Existenzen sich kaum mehr als 2 oder 3 Jahre (im Schnitt) am Markt halten können.

Zwar bemühen sich laut dem Bundesverband die meisten immer noch darum, sich nach der ersten Mahnung um eine gütliche Lösung des Konfliktes zu bemühen, z. B. in Form einer Ratenzahlung, aber der Gang zum Anwalt komme auch hier immer stärker „in Mode“, da viele Auftraggeber zwar gerne dies und das machen lassen wollen, aber de facto hoch verschuldet und nicht zahlungsfähig sind.

Diese Einschätzung können auch die Schuldnerregister am Amtsgericht bestätigen, die immer häufiger vor der Auftragausführung Anfragen bekommen, ob eine Zahlungswahrscheinlichkeit überhaupt gegeben sei – einige Selbstständige verweigerten schon die Ausführung eines Auftrages, wenn von dort die Nachricht kam, dass der mögliche Auftraggeber dort einen Insolvenzantrag gestellt hat.

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» Subbotnik » Beiträge: 9308 » Talkpoints: -7,05 » Auszeichnung für 9000 Beiträge



Ich finde, sowas wird estärkt durch Sendungen wie 'Raus aus den Schulden' : Gerade da werden immer wieder Leute als Fallbeispiel genommen, die teilweise über 200.000 Euro Schulden haben und dann zum größten Teil auch noch aus nicht bezahlten Handyrechnungen, Versandhausbestellungen,... eben gerade das, was man ansonsten nur unreifen, nichtsahnenden Jugendlichen zutrauen würde. Und immer wird in diesen Sendungen dann gezeigt, dass diese Leute es, gnaz egal wie hoch ihre Schulden sind, schaffen, aus ihren Schulden raus zu kommen innerhalb von 7 Jahren durch die Privatainsolvenz. Das ist einfach schrecklich . Das gibt jedem Konsumenten, der eh schon kein Geld hat, in unserem Land noch das Gefühl, er kann so weitermachen, weil er ja eh nacher einfach Privatinsolvenz anmelden muss und dann wirds schon klappen wie bei den Familien auf RTL auch.
Schlimm find ich, dass sich RTL aber nie darum bemüht, auch mal zu zeigen, dass die Unternehmen, die auf ihren offenne Rechnungen sitzen bleiben durch eben diese Privatinsolvenz, vielleicht selbst Insolvenz anmelden müssen.

» Sippschaft » Beiträge: 7575 » Talkpoints: 1,14 » Auszeichnung für 7000 Beiträge


Sippschaft hat geschrieben:Schlimm find ich, dass sich RTL aber nie darum bemüht, auch mal zu zeigen, dass die Unternehmen, die auf ihren offenne Rechnungen sitzen bleiben durch eben diese Privatinsolvenz, vielleicht selbst Insolvenz anmelden müssen.


Ich schaue diese Sendung hin und wieder mal und kann manches Mal wirklich auch nur hier mit dem Kopf schütteln. Allerdings habe ich bei den Sendungen das eine oder andere Mal schon mitbekommen, dass der Schuldnerberater auch darauf hinweist, dass eben nicht nur die Schuldner mit Gedproblemen, sondern eben auch der Gläubiger dadurch Schulden haben kann. Das ist ein Rattenschwanz, der einfach nicht mehr schön ist.

Für die Schuldner ist es sicher auch kein Angenehmes, wenn sie Privatinsolvenz anmelden müssen. Aber es stimmt schon, dass manche sich dadurch eben ihre Vorteile verschaffen.
Vor einigen Wochen kam mal die Sendung, wo ein junges Paar auch die Probleme hatten. Anstelle dann dafür zu sorgen, dass ihre Schulden wenigstens etwas reduziert werden, wurde sich hier noch etwas bestellt und da noch etwas gekauft. Für das Kind war das Teure nicht gut genug usw. Da könnte ich mich auch drüber aufregen. Irgendwo muss man eben Abstriche machen, wenn man sich einen gewissen Lebensstil nicht leisten kann.

Anders sieht es aber aus, wenn man selbst das Nötigste nicht mehr zahlen kann und auch kein Land in Sicht ist. Diese Leute leben dann wirklich mehr unter dem Existensminimum. Natürlich kann man hingehen und sagen, dass man selbst Schuld sei. Dass man sich verkalkuliert hat und dass man selbstverantwortlich ist. Aber diese Schuldzuweisungen bringen in dem Moment auch nichts und ändern kann man es sowieso nicht.

Das verdiente Geld oder die amtliche Unterstützung reicht in den meisten Fällen von vorne und hinten nicht und so ist man auch schnell in eine Schuldenfalle getappt.
Da müsste man wirklich etwas dran drehen, dass jemand, der arbeitet, etwas mehr von seinem Geld über hat, um damit seinen Lebensunterhalt zu bestreiten und um sich etwas auf die Seite legen zu können. Doch die meisten kommen mehr oder minder auf 0 am Ende des Monats aus. Das höre und erlebe ich immer wieder. Und wenn das nun der Fall ist, dann ist es für mich nicht wirklich verwunderlich, wenn die Zahlungsmoral schlechter wird.

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» *steph* » Beiträge: 18439 » Talkpoints: 38,79 » Auszeichnung für 18000 Beiträge



Klar, weist er mal drauf hin, aber der Berater ist ja auch kein dummer Mensch, soweit ich das beurteilen kann. Trotzdem lebt diese Sendung ja davon, dass Leute ausi ihren Schulden gerettet werden und dann am Ende müssen sie nicht mehr 235000 zurück zahlen, die sie eigentlich haben, sondern nur noch 80000 oder so. Das hinterlässt ja bei jedem, der das sieht, den Eindruck, es wäre einfach. Die Leute selbst müssen ja gar nix für tun, das tut ja alles der Sculdenberater.

Auf der anderen Seite wirds einemn in Deutschland schon sehr einfach gemacht. Wie oft schon hab ich Werbung gesehen, wo Firmen damit werben, dass sie Handyverträge anbieten, trotz Schufa-Einträge. Oder man erhält irgendwo einen Laptop, ein halbes Auto, einen Schreibtisch und ein Kaninchen für insgesamt 0,- Euro. Genauso auch bei ebay. Überall diese Angebote für 0,- Euro, wo Leute sich dann jahrelange Verträge einhandeln, und die Raten dafür gar nicht bezahlen können.
Aber ich frag mich trotzdem: Wieso sind die dann echt so blöd und glauben, man würde ihnen einfach so was schenken? Die können doch ahnen, dass sie den Kürzeren ziehen und man an ihnen verdienen will

» Sippschaft » Beiträge: 7575 » Talkpoints: 1,14 » Auszeichnung für 7000 Beiträge



Das hat wahrscheinlich etwas mit Statussymbolen zu tun und die Leute denken, durch diese Handyverträge machen sie ein Schnäppchen. Ich habe mir mal die Mühe gemacht und ausgerechnet, ob sich so ein Angebot lohnt, und ich sage definitiv, dass dem nicht so ist. Man zahlt eher noch drauf. Es sind eben Lockangebote, um ein Statussymbol zu erwerben. Das Kleingedruckte wird eben nicht gelesen, sondern man ist gutgläubig und fällt hinein. Andersrum auch, wenn jemand wirklich diese Schulden hat, dass er nirgends einen Handyvertrag bekommt (by the way: reicht denn nicht Prepaid? Da hat man doch gleich eine wesentlich bessere Übersicht, auch wenn es teurer ist. Doch man ist dann besser abgesichert, für den Fall, dass man plötzlich nicht mehr zahlen kann...), der schlägt doch dann auch bei diesem Angebot zu und macht es wahrscheinlich aus reiner Absicht.

Hmm, also so einfach sehe ich den Schuldenabbau nicht, wie er im TV präsentiert wird. Vielleicht bin ich da auch anders ;). Sicherlich ist es die Aufgabe des Beraters die Leute herauszuholen. Aber ich frage mich, wie man da reinkommt. Auf mich wirkt es eher abschreckend und ich denke mir dann auch immer wieder mal, dass ich hoffe, nicht in so eine Situation hineinzukommen.
Dass alles der Schuldnerberater macht, stimmt auch nicht so ganz - ich meine mitbekommen zu haben, dass die Schuldner schon mitarbeiten müssen, um halbwegs aus so einer Situation herauszukommen. Dass ihnen teils die Schulden erlassen werden, hängt auch von der Zusammenarbeit ab.
Dass manche Firmen, die es sich noch leisten können, auf Forderungen zu verzichten, macht es dann der Person einfacher. Aber es zieht sehr wahrscheinlich Nachahmer an und das ist wahrscheinlich das Fatale an so einer Situation. Klingt sehr nach "nach mir die Sintflut" und ausbaden dürfen es dann Andere :(.

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» *steph* » Beiträge: 18439 » Talkpoints: 38,79 » Auszeichnung für 18000 Beiträge


Die Wahrheit ist aber, dass sich eine Firma, die offene Forderungen gegenüber einer Privatperson hat, die Privatinsolvenz gemeldet hat, sich entscheiden muss: Laufe ich Gefahr, von meinem Schuldner gar kein Geld mehr zu bekommen, oder nehme ich in Kauf, nur 10 % des Betrages anzunehmen? Ich meine, denen bleibt doch gar keine Wahl. Die sind natürlich froh um jeden Euro den sie doch noch bekommen, aber meinst du es ist für einen Einzelhändler kein Untergang, wenn er einfach nur einen minimalen Teil des Betrages bekommt? Er selbst bleibt ja ebenfalls auf den Kosten sitzen, auf den Geld, das die Ware gekostet hat, die er ja zahlen muss.

» Sippschaft » Beiträge: 7575 » Talkpoints: 1,14 » Auszeichnung für 7000 Beiträge


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» Midgaardslang » Beiträge: 4131 » Talkpoints: -14,08 » Auszeichnung für 4000 Beiträge



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