Ausbildung zum Pferdewirt - Beruf mit Zukunft?

vom 14.10.2009, 10:30 Uhr

Ist der Beruf Pferdewirt ein Beruf, mit dem man in der Zukunft auch leben kann? Verdient man in diesem Beruf so viel, dass man auch eine Familie ernähren kann? Oder sollte man da doch an einen anderen Beruf im Bereich Pferde denken?

Der Sohn einer Bekannten ist ein totaler Pferdenarr und verbringt auch seine Zeit immer auf einem Pferdehof. Er denkt nun daran Pferdewirt zu werden. Aber will auch irgendwann mal so viel Geld verdienen, dass er mit seiner Freundin zusammen eine Familie gründen kann. Er meint zwar, dass er einen Beruf haben will, der Spaß macht, aber der Beruf soll auch so viel Geld bringen, dass er nicht noch Zuschüsse bekommen muss oder seine Frau dann mit kleinem Kind arbeiten gehen muss. Ich finde die Einstellung unheimlich süß für sein Alter. Er ist grade 17 geworden, hat aber leider nur den Hauptschulabschluß bestanden, weil er eine Lernschwäche hat.

Was bringt der Beruf Pferdewirt? Welche andere Berufsrichtung kann er einschlagen, wo er aber auch mit Pferden zusammenarbeitet? Was würde so viel bringen, dass er sich bei einer Festanstellung nicht sorgen muss?

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» Diamante » Beiträge: 41749 » Talkpoints: -4,74 » Auszeichnung für 41000 Beiträge



Hallo Diamante!

Ich kann aus eigener Erfahrung sagen, dass der Beruf des Pferdewirts kaum Zukunft hat. Es werden sehr viele junge Mädchen und auch einige Männer zum Pferdewirt ausgebildet und sie alle suchen dann eine Stelle. Dafür muss man auch einen Umzug in ein anderes Bundesland in Kauf nehmen.

Die Arbeit als Pferdewirt ist körperlich sehr anstrengend und die meisten Pferdewirte leben auch auf dem Pferdehof. Sie müssen sehr früh aufstehen und meistens auch lange arbeiten. Im Vergleich dazu ist der Verdienst ehr gering. Natürlich besteht auch die Möglichkeit, dass man mehr verdienen kann, wenn man bei einem großen und gefragten Gestüt arbeitet. Ich denke, dass es aber im Normalfall schwieriger ist, mit dem Gehalt eine Familie zu ernähren. Ich habe mir damals beim Arbeitsamt eine Broschüre über den Beruf des Pferdewirts bekommen und mir dort auch bei der Berufsberatung Tipps geholt. Jedoch wurde mir da schon von diesem Beruf abgeraten. Der Sohn deiner Bekannten sollte sich auch im Klaren sein, dass er durch diesen Beruf nur noch wenig Freizeit haben wird. Er sollte sich mal beim Arbeitsamt über diesen Beruf informieren. Dort wird man ihm auch sicherlich noch andere Berufszweige nennen können, die ebenfalls etwas mit Pferden zu tun haben.

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» Nelchen » Beiträge: 32238 » Talkpoints: -0,25 » Auszeichnung für 32000 Beiträge


Eine Bekannte von mir ist Pferdewirtin und hat mir sehr erfolgreich ausgeredet, diesen Beruf einzuschlagen, weil sie mir von ihrer Ausbildung und ihrem Tagesablauf erzählte und wie es im Beruf selbst aussieht. Ich hatte es mir nämlich als "stundenlang Reiten und dafür auch noch bezahlt werden" sehr paradiesisch vorgestellt.

Das ist es nicht; Pferdewirte machen sich ihre Knochen für einen Hungerlohn kaputt, bei Wind und Wetter müssen sie frühmorgens (in manchen Ställen beginnt die Morgenarbeit um 6 Uhr, in anderen "erst" um sieben) antreten. Die Ausbildung ist vor allem körperlich sehr anstrengend, ganz besonders für jene, die nicht dran gewöhnt sind.

Pferdewirte können sich spezialisieren: Zucht und Haltung, Reiten, Rennreiten, Trabrennfahren. Man kann theoretisch auch Karriere dabei machen, gerade im Bereich Zucht und Haltung sind die Aufstiegschancen ganz gut und als Stallmeister ist auch das Gehalt weit höher (setzt aber auch weitere Prüfungen voraus und wenn sowieso schon eine Lernschwäche vorliegt, kann es da eng werden). Rennreiter bekommen normalerweise Prämien. Spezialisiert er sich auf Reiten und legt Prüfungen als Reitlehrer ab, kann er gut dazu verdienen, wenn er Privatstunden gibt. Das ist in einigen Ställen so üblich, das zum Beispiel angehende Dressurreiter lieber Einzelunterricht nehmen. Außerdem kann er Pferde in Ausbildung nehmen, also ein junges Pferd für jemand anderen ausbilden, inklusive Anreiten. Das gibt auch noch mal Geld.

Aber: Der Weg bis dahin ist lang und in der Ausbildung ist mit 800 - 1200 Euro Brutto zu rechnen, da bleiben Netto dann vielleicht 600 bis 800 Euro. Eventuell weniger, wenn er in einem Stall unterkommt, der Wohnmöglichkeiten für die Auszubildenden bietet, da hat er im Gehalt dann die Wohnung mit drin, aber halt weniger Gehalt. Da kann er froh sein, wenn er davon alleine leben kann, mit Familie ernähren ist da nichts. Daran kann er erst denken, wenn er dann nach der Ausbildung (und eventuellen Weiterbildungen) eine feste Anstellung hat.

Man sollte den Beruf wirklich nur machen, wenn man nicht vor der harten körperlichen Arbeit zurückschreckt, es einem nicht ums Geld geht und man ganz viel Spaß dran hat. Schau doch mal, ob es möglich ist, dass er ein mehrwöchiges Praktikum in einem großen Stall machen kann (sollte ein großer sein, denn die Ausbildungsbetriebe sind normalerweise nur die großen). Wenn er dann nach drei, vier Wochen immer noch begeistert ist, sollte er es machen. Denn wenn Du Dir die Fakten anschaust: Er hat eine Lernschwäche und nur den Hauptschulabschluss geschafft. Das ist nicht viel, da ist es schwierig, eine Lehrstelle zu bekommen. Wenn er aber unbedingt mit Pferden arbeiten will und ihm das liegt, dann ist Pferdewirt womöglich genau das Richtige für ihn, zumal er sich da selbst schon Gedanken drum macht. Denn wenn er gut mit Pferden kann und ihm der Schwerpunkt Reiten liegt, dann kann er da später durchaus auch von leben. Nicht reich werden, aber doch gut von leben, wenn er in einem großen Stall unterkommt und viele Pferde im Beritt hat.

Alternativen wären Hufschmied, Pferdepfleger, Tierarzthelfer in einer Pferdeklinik, Hippotherapeut, wobei das voraussetzt, dass er erst eine normale Ausbildung als Physiotherapeut macht und sich dann aufs therapeutische Reiten spezialisiert. Ich weiß allerdings nicht, ob das rein nur mit Hauptschulabschluß möglich ist.

Betreuer auf Ferienreiterhöfen werden meist auch gesucht, die sind aber dann eher kurzfristig, also zum Beispiel während der Sommersaison beschäftigt. Und machen alles, was so anfällt, wie die Pferde gesattelt und getrenst hinstellen oder den Kindern das richtige Aufsatteln und Putzen zeigen, schauen, dass alles gut läuft, usw. Sind eigentlich mehr oder weniger nur Hilfskräfte, Reitunterricht geben sie nicht (das machen die Reitlehrer).

» Morgaine » Beiträge: 2701 » Talkpoints: 9,09 » Auszeichnung für 2000 Beiträge



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