Kampfhunde gefährlicher als andere Hunderassen?

vom 14.10.2009, 00:06 Uhr

Immer wieder wird in den Medien davon berichtet, wie ein sogenannter "Kampfhund" irgendwelche Menschen, bzw. Kinder verletzt oder gar getötet hat. Von Schäferhunden etwa wird nicht berichtet. Passieren da solche Attacken wirklich deutlich weniger, oder putschen das die Medien immer nur besonders auf, wenn mal wieder ein "Kampfhund" ein Kind angefallen hat?

Warum sind Kampfhunde eigentlich "Kampfhunde"? Wir haben selbst einen Rottweiler und der ist völlig friedlich. Klar, er gehört an die Leine, wie jeder andere Hund auch. Aber es gibt ja Menschen, die stark durch die Medien beeinflusst allen Ernstes wollen, dass Kampfhunde am besten alle eingeschläfert werden. Wie steht ihr dazu?

Ich finde zum Beispiel, dass Rottweiler ein sehr friedliches Wesen haben. Es kommt viel mehr auf den Halter drauf an. Ein Halter, der mit seinen Tieren nicht gut umgeht oder diese gar schlägt macht seine Tiere wesentlich aggressiver als ein Halter, der seinen Hunde liebevoll behandelt und in die Familie integriert. Wenn ein "Kampfhund" gut behandelt wird, ist dieser genauso gefährlich wie jeder andere Hund auch, der eben gut behandelt wird. Das ist zumindest meine Meinung. Wie seht ihr das?

Ist der Begriff "Kampfhund" nur ein Vorurteil? Worin seht ihr die Unterschiede zu "Nicht-Kampfhunden"? Natürlich ist die Bisskraft eines Kampfhundes wesentlich stärker, als die eines kleinen Dackels beispielsweise. Aber spielt die Bisskraft wirklich eine Rolle? "Kampfhund" klingt nach aggressiven, abgerichteten Tieren, die losgelassen werden um kleine Tiere zu verfleischen. Ich finde diese Bezeichnung grausam. Meines Erachtens sind die Tierhalter schuld (egal ob die eines Kampfhundes oder eines normalen Hundes), wenn es zu einer Attacke kommt, keineswegs die Rasse oder Klassifizierung des Hundes.

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» Sann » Beiträge: 466 » Talkpoints: 0,00 » Auszeichnung für 100 Beiträge



Kampfhunde sind ja negativ erst seit einigen Jahren in den Schlagzeilen. Die Rassen, die dabei oft genannt werden, gibt es teilweise schon seit Jahrhunderten oder sogar Jahrtausenden. ich denke da an die aus der Molosser-Familie. Die hatte man im Altertum sogar als Schutzhunde für Herden, da sie selbständig ihre Herde gegen Feinde (also auch große, kräftige Raubtiere) verteidigen konnten. Außerdem waren sie Wachhunde. Niemand wäre auf die Idee gekommen, sie als gefährliche Kampfhunde zu bezeichnen, weil sie eben speziell zum Bewachen gezüchtet und gebraucht wurden.

Die Kampfhunde, die heute bei uns so bekannt sind, wie zum Beispiel der American Stefford Terrier, wurden in der Vergangenheit - leider - für Hundekämpfe hergenommen. Die waren gesetzlich zwar schon früh verboten worden, fanden aber trotzdem statt und das Zuchtziel war da natürlich ein Hund, der eine niedrige Reizschwelle hat und über enorme Kräfte verfügt. Trotzdem sind es immer noch Hunde, die genauso auch als Familienhund gehalten werden können, wenn man sie vernünftig behandelt. Nur ist ein einmal scharf gemachter Kampfhund (wobei die Rasse da nur eine untergeordnete Rolle spielt, ein aggressiver kleiner Terrier kann genauso schlimm sein wie ein größerer) kaum resozialisierbar, das erfordert dann jemanden, der sich wirklich sehr gut damit auskennt und geht auch nicht von einem Tag auf den anderen.

Wieso Rottweiler in die Kampfhundschiene gerutscht sind, ist mir allerdings auch völlig unerklärlich. Die Rasse wurde als Wach- und Schutzhund gezüchtet, ist als sehr guter Familienhund bekannt, der seine Leute und sein Grundstück prima beschützt.

» Morgaine » Beiträge: 2701 » Talkpoints: 9,09 » Auszeichnung für 2000 Beiträge


Lächerlich finde ich auch, dass in unterschiedlichen Bundesländern andere Rassenlisten gelten und die eine Rasse in dem und dem Bundesland ein "Kampfhund" ist und in einem anderen Bundesland nicht. Das einzige Bundesland, dass da wirklich Hirn gezeigt hat, ist meiner Meinung nach Thüringen. Thüringen hat nämlich von Anfang an den Standpunkt vertreten, dass die Gefährlichkeit eines Hundes nicht an seiner Rasse festzumachen sei, sondern dass es eben auf die Umstände und Bedingungen ankommt.

Man könnte wirklich meinen, "Kampfhunde" seien Bestien. Wenn ich da an die Chippflicht, die Genehmigungpflicht oder das Gebot der Sterilisation / Kastration denke, wird mir schlecht! Wie kann man soetwas auf eine Rasse auslegen? Das ist doch völliger Unsinn. Kein Hund ist von Natur aus aggressiv, genauso wie auch kein Mensch von Natur aus aggressiv ist.

Ich kritisiere auch, dass man "Kampfhunde" nicht einführen darf. Ich kann ja verstehen, dass man keine scharf gemachten Tiere eingeführt haben möchte. Aber deswegen gleich alle verbieten? Es gibt da ja noch diesen Wesenstest, den man vor der Einführung durchführen könnte. Wobei ich wiederum sagen muss, das ich der Auffassung bin, dass der Wesenstest trotzdem niemals mit Sicherheit sagen kann, wie das Tier in einer "Gefahrsituation" reagiert. Das kann so oder auch so sein.

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» Sann » Beiträge: 466 » Talkpoints: 0,00 » Auszeichnung für 100 Beiträge



Hallo!

Jeder Hund kann gefährlich gemacht werden. Diese sogenannten Kampfhunde haben ein sehr niedriges Schmerzempfinden, was sie dazu bringt auch weiterzubeissen, wenn sie selber verletzt sind. Das habe ich mal gelesen. Bei den besonders gekennzeichneten Rassen,. wie zum Beispiel Pittbull, Staffordshire und auch beim Rottweiler wurden Tests gemacht. Wie sie diese Tests gemacht haben, weiß ich nicht. Und dabei wurde festgestellt, dass das Schmerzempfinden bei diesen sogenannten Kampfhunden sehr gering ist und dass sie dann hemmungslos weiterbeissen. Adrenalin wird sehr viel ausgeschüttet und Adrenalin ist ein starkes, körpereigenes Schmerzmittel.

Ausserdem kommt dann auch noch das kräftige Gebiss hinzu, was ja nun mal mehr Kraft hat, als ein Malteser oder Spitz. Ich will nicht sagen, dass diese Rassen nicht beissen können. Im Gegenteil, sie können auch beissen. Aber sie beissen selten nach. Sie beissen einmal und halten nicht unbedingt fest. Sie tackern meist zwar mehrmals nach. Aber sie beissen nicht mehrmals kräftig nach oder schütteln das Opfer zu Tode. Ausserdem ist es schon schmerzhafter, wenn ein kräftiger Hund beisst, als wenn ein Minihund beisst.

Der Begriff "Kampfhund" kommt ja eigentlich auch nur aus der Zeit, wo man Hundekämpfe gemacht hat und für diese Kämpfe wurden eben auch die Hunde genommen, die auch verletzt noch kräftig waren. Die auch verletzt weiterkämpften, weil sie dadurch, dass der Adrenalinspiegel bei ihnen höher geht kaum Schmerz empfunden haben.

Kampfhunde heissen also nicht nur Kampfhunde, weil sie eher beissen könnten, sondern weil die Schmerzempfindung im Kampf sehr gering ist. Der Adrenalinspiegel dieser Hunde steigt enorm an und dadurch können sie auch noch weiterkämpfen, wenn ein anderer Hund schon lange nicht mehr kann. Dass der Begriff dann auf die Hunde weiter übernommen wurde kommt eben daher, dass diese Rassen es eben waren, die früher die Hundekämpfe gemacht haben. Und dazu gehören diese eben Staffordshire, Pitbull und Co.

Man kann aus jedem Hund einen Beisser machen und jeder Hund kann auch ein gefährlicher Beisser sein. Aber kaum ein Hund schüttet, wenn er im Kampf ist soviel Adrenalin aus und verbeisst sich dann so sehr in das Opfer, weil er rundherum nichts mehr hört und nichts mehr sieht.

Man darf aber auch nicht die Kampfhunde (was eh nur ein Begriff ist, der von damals übernommen wurde) nicht mit den Listenhunden vergleichen. Die Hunde, die auf der Liste stehen sind Hunde, die am meisten in den letzten Jahren aufgefallen sind. Die Hunde, die am meisten Personenschaden angerichtet haben. Und wenn einer von uns "Listenhunde" hört, dann denkt er sofort an "Kampfhunde", was aber ein Unterschied ist.

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» Diamante » Beiträge: 41749 » Talkpoints: -4,74 » Auszeichnung für 41000 Beiträge



Für mich gibt es einen riesen Unterschied zwischen Listen- und Kampfhunden. Listenhunde wurden frei nach Ermessen zusammengewürfelt. Kampfhund ist ein Überbegriff und völlig richtig auch wenn er durch die Medien und Politiker etwas negatives mit sich bringt. Diese Hunde wurden nun mal für den Kampf gegen Artgenossen, Rinder oder andere Tiere gezüchtet.

Ganz wichtig und das lässt man gerne mal unter den Tisch fallen ist, dass Kampfhunde nur auf ihr "Ziel" abgerichtet wurden. Ich schreibe hier von sauberen Zuchtlinien, wo man auf das Wesen, Reizschwelle etc achtet - keine Hinterhofwürfe. Sobald einer auch nur den Hauch von Aggressionen gegenüber Menschen gezeigt hat, wurde er "aussortiert". Die Hunde mussten im Kampf trotzdem einen kühlen Kopf bewahren und zwischen Gegner und Mensch unterscheiden. Sowas schafft ein Labrador oder Goldi garantiert nicht, wenn ihm ein anderer Hund an der Gurgel hängt.

Dass sie heute nicht mehr für Kämpfe eingesetzt werden, macht aus ihnen aber noch lange keine Begleit- oder Gesellschaftshunde. Um es mal einfach auszudrücken: Wenn ich einen Münsterländer halte bleibt er, auch wenn ich ihn nicht jagdlich führe, immer noch ein Jagdhund. Dass auf der Rasseliste nicht nur Kampfhunde zu finden sind sollte jedem klar sein. Trotzdem werden auch in Zukunft bullige, muskulöse Hunde auf Menschen bedrohlich wirken. Selbst wenn sie nie für Kämpfe gezüchtet wurden. PitBull und AmStaff sind sich vom Erscheinungsbild ziemlich ähnlich, hatten jedoch völlig verschiedene Zuchtziele. Aber wer will das schon wissen?

Und ja natürlich spielt die Beißkraft eine Rolle, wenn der Hund an einem Kind hängt. Was ist das denn bitte für eine Frage? Auch wenn das gerade anders klingt, bin ich kein Fan davon bestimmte Rassen langsam auszurotten. Trotzdem ist es mir lieber, wenn ein paar unfähige Hundehalter nicht so leicht an bestimmte Rassen kommen. Kein Hund wird so geboren, klar aber dumme Menschen können sie zu etwas machen, was wir nicht brauchen! So ein Verhalten muss nicht mal wegen einer gewalttätigen Erziehung ausgelöst werden.

Ein durchgedrehter Muskelprotz ist nun mal eben gefährlicher als ein Beagle. Eine Rechtfertigung für die Liste ist es aber nicht. Ich bin nach wie vor dafür, dass wirklich jeder Interessent erst beweisen muss, dass er einen Hund vernünftig erziehen und führen kann. Eine Gefahr für andere Menschen können sie alle werden. Und ob nun ein Listen- oder Familienhund an meinem Bein hängt, ist mir egal. Man darf aber nicht so tun als wäre es nicht wahr, dass bestimmte Rassen mein Bein nicht nur tackern, sondern sehr viel schlimmer verletzen würden.

Ich bin auch kein Fan davon, dass Listenhalter von Kampfschmusern reden und deren Potential komplett leugnen. Um mal wieder mit dem Jagdhund zu vergleichen. Der Jagdtrieb bleibt ihm, auch wenn nur minimal, erhalten. Ganz egal wie man den Hund erzieht.

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» Sonty » Beiträge: 1997 » Talkpoints: 20,24 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


Diamante hat geschrieben:Die Hunde, die auf der Liste stehen sind Hunde, die am meisten in den letzten Jahren aufgefallen sind. Die Hunde, die am meisten Personenschaden angerichtet haben. Und wenn einer von uns "Listenhunde" hört, dann denkt er sofort an "Kampfhunde", was aber ein Unterschied ist.

Dazu kommt, dass die "Schmierfinkenpresse" gerne Kampfhunde um die Wette grölt, wo es überhaupt nicht passt und der Begriff Listenhund im Gegensatz zu Kampfhund überhaupt nicht verwendet wird.

Und dass die Hunde dort aufgeführt sind, die besonders auffällig geworden sind stimmt so auch nicht, denn es werden zwar die typischen Züchtungen genannt, aber nicht etwa die typischen Lieblingshunde (von Familien) wie der (Deutsche) Schäferhund, Labrador Retriever, Golden Retriever oder Siberian Husky, die teilweise hier deutlich über den typischen Listenhunden wie etwa dem Bullterrier liegen was die Schadensstatistik angeht.

Gerade Huskys und der Schäferhund sind im Gegensatz zu Listenhunden so auffällig - hier fallen von 100 Hunden 2 - 3 regelmäßig aus der Reihe, während es bei dem Bullterier nur 2 - 3 Hunde von 1.000 Hunden sind.

Morgaine hat geschrieben:Zuchtziel war da natürlich ein Hund, der eine niedrige Reizschwelle hat und über enorme Kräfte verfügt.

Zuchtziel war eben ein Hund, der nicht über enorme Kräfte verfügt, sondern der zwar ordentlich Kraft hat, aber das nur gemessen an seiner Größe! Früher wurden Hundekämpfe mit Bulldoggen ausgetragen und man hat dann speziell Terrier eingekreuzt, da die Bulldoggen zu kräftig und deswegen der Kampf zu kurz war - was für den Zuschauer damals keinen großen Unterhaltungswert hatte.

Kampfhunde sind genauso wie Schutzhunde, Spürhunde oder Blindenhunde - speziell ausgebildete Hunde! Mehr nicht und nicht weniger. Man kann aus jedem Hund einen Kampfhund, Blindenhund oder Spürhund machen, nur eignen sich manche Rassen eben besonders dazu. Und das beruht nur auf Erfahrungen, nicht aufgrund rassespezifischer Expertisen.

Und nur zur Kampfhund Debatte: Der Yorkshire Terrier, auch als Fußhupe älterer Damen bekannt, ist ebenso eine "Kampfhundzüchtung" wie der Bullterrier.

Und zu guter Letzt (was Sonty auch schon am Rande erwähnt hat): Wer den Begriff Kampfhund populistisch / kämpferisch verwendet demonstriert eigentlich, wie wenig Ahnung er hat - denn gerade Kampfhunde sind per Definition Hunde, die keinerlei Aggressionen gegenüber Menschen haben dürfen! Eben weil diese Hunde bei Hundekämpfen oft durch Menschen getrennt wurden und bei historischen Hundekämpfen traditionell 3 Menschen in der Kampfarena anwesend waren (Schiedsrichter und Helfer), die natürlich nicht angegriffen werden durften und die die Tiere während des Kampfes auch mal grob anpacken mussten.

Die einzigen Hunde, die speziell dazu abgerichtet wurden Menschen anzugreifen, zu verletzen und auch zu töten waren Kriegshunde, die im Mittelalter (und davor) und im 1. Weltkrieg fast immer eingesetzt wurden - Kampfhunde wurden seit jeher auf das Gegenteil getrimmt und nur auf Artgenossen oder andere Tiere abgerichtet.

Der Vorwurf, dass bestimmte Halter lieber keine Listenhunde halten sollen, den teile ich - allerdings was alle Hunderassen angeht! Viele Halter von Listenhunden haben diese besser unter Kontrolle und können diese eher einschätzen als die 08/15 Hundehalter, die sich mal eben einen Hund anschaffen weil sie eben einen Hund haben möchten und dann bei der Erziehung völlig versagen. Ironischerweise, Erfahrung von verschiedenen Hundeplätzen, sind es meist diese typischen Hunde und ihre Halter, die besonders auffällig sind und ein Verhalten an den Tag legen, was man eher von Listenhunden erwartet. Dass man diese Hunde auch noch mit Kindern allein lässt macht dann so richtig Sorgen.

So wie auch heute schon verlangt wird, dass man für bestimmte Tierarten einen "Befähigungsnachweis" braucht sollte man das auch bei Hunden in Form eines Hundeführerscheins einführen. Aber dann würden hierzulande wahrscheinlich die Tierheime nicht mehr ausreichen bei der zu erwartenden Durchfallquote.

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» Subbotnik » Beiträge: 9308 » Talkpoints: -7,05 » Auszeichnung für 9000 Beiträge


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