Funkel neuer Hertha Trainer, Favre ausgebootet

Am vergangenen Wochende stellte Hertha BSC Berlin seinen neuen Trainer vor. Friedhelm Funkel soll die Berliner von den Abstiegsrängen in Richtung sicheres Tabellenmittelfeld führen. Nach der gestrigen Pleite der Berliner vor heimischer Kulisse gegen den Hamburger Sportverein, werden schon wieder einige Stimmen laut, man hätte Lucien Favre nicht entlassen sollen.

Unabhängig vom Ergebnis des gestrigen Spiels bin ich jedoch auch der Meinung. Wie ich es sehe, hat Favres Erfolg ihm letzten Endes seinen Job gekostet. Er hat sich die Messlatte für diese Saison durch den Erfolg in der letzten Rückrunde der Fussball Bundesliga dermaßen hoch gelegt, dass man schon nach zwei erfolglosen Spielen mit Kritik rechnen konnte.

Zweifellos ist Hertha BSC Berlin weit hinter den realistischen Erwartungen geblieben (d.h. ein Saisonstart in der oberen Tabellenhälfte, nicht direkt wieder um die Meisterschaft mitspielen, wie einige Fans die Euphorie der letzten Saison mit in diese nehmen wollten). Lucien Favre hat trotzdem einen guten Job gemacht und ich denke er hat als Trainer die Qualität die Mannschaft auch aus einem solchen Tief wieder herauszuholen.

Zwiespältig sehe ich jedoch auch die Transfers der Hertha, wo Favre wohl maßgeblich involviert gewesen sein soll. Sein Sturmstar Marko Pantelic, mit dem es in der vergangenen Saison immer wieder Differenzen gab, ist in die Premier League geflüchtet. Weiterhin ist der Abwehrchef und Kopf der Mannschaft, Joseph Simunic, Richtung Hoffenheim abgewandert. Diese beiden Spieler sind schwer zu ersetzen, da gerade Simunic über ein hohes Maß an Erfahrung verfügt.

Der ausgeliehene Torgarant Andrej Voronin aus Liverpool musste Ende der Saison wieder seine Koffer packen und nach England zurückfliegen, mit wichtigen Toren schoss er die Hertha vergangenen Saison in die Gruppe der Meisterschaftskandidaten. Man kann Favre in dieser Beziehung Leichtsinnigkeit vorwerfen, jedoch hätte sich der Berliner Manager auch einschalten können und die wechselwilligen Spieler halten können.

Insgesamt finde ich es schade, dass Lucien Favre entlassen wurde Der Tabellenplatz gibt den Entscheidungsträgern Recht, der Erfolg der letzten Saison zeigt jedoch, dass vielleicht der Kader, nicht der Trainer, Schuld an der momentanan Misere sind.

Der Satz klingt abgedroschen - ist aber deshalb nicht weniger wahr: es spielen die Spieler und nicht der Trainer! Und wenn man sich anschaut, wie Berlin aufgetreten ist, ist man sogar als neutraler Beobachter entsetzt. Das hat ja nun mit Profifußball wenig zu tun. Daher sind die Niederlagen ja nicht irgendwie unglücklich zustande gekommen. Auch war der Gegner eigentlich in den allerwenigsten Fällen übermächtig. Das Herta Spiel fand schlicht nicht statt.

Offenbar waren die Abgänge mehr als nur Klasse Einzelspieler. Sie haben der Mannschaft einfach in allen Mannschaftsteilen den Halt gegeben und zu der Ordnung geführt, die gerade jetzt ganz deutlich fehlt.

Ob nun ein Trainerwechsel wirklich den gewünschten Effekt bringt, wird sich zeigen. Wobei hier wirklich offenbar viele Baustellen offen sind. Von daher ist das evtl. auch nur ein Versuch, nach außen die Handlungshoheit unter Beweis zu stellen. Vielleicht nennt man das später blinden Aktionismus.

Aber es ist ja bei weitem nicht so, dass nur Berlin an den eigenen Zielen verzweifeln muss. Ich würde im Moment auch nicht auf die Trainer in Dortmund oder gerade in Stuttgart wetten. Jedenfalls besteht auch hier die Gefahr einer Auswechslung noch vor Weihnachten. Das nur als Beispiele für Vereine, die es den Berlinern nach machen könnten. Jedenfalls sollten sich - wie immer - dort die Trainer in Acht nehmen, denen der jeweilige Vorstand sein Vertrauen explizit ausspricht. Psychologisch ist es ja schon mal so, dass wenn wenige den Anfang machen andere Clubs es mit Entlassungen leichter haben. Schließlich will niemand der erste sein.