Wirbelsäulenleiden als Berufskrankheit anerkennen
Wer unter einem Wirbelsäulenleiden leidet, welches ja mittlerweile eine echte Volkskrankheit geworden ist, kann diese leichter als Berufskrankheit anerkennen lassen. Die bislang recht hohe Schwelle hierzu wurde durch eine Entscheidung des Bundessozialgerichtes, BSG, in Kassel jetzt deutlich herabgesenkt. In dieser wurde ebenfalls gefordert, dass die Bundesregierung die Verordnung zu betreffs der Berufskrankheiten konkreter fassen müsse und eine gleichmäßige und gerechte Anwendung derzeit nicht gegeben sei.
Das BSG entschied in dem Urteilsspruch, weswegen die Schwelle deutlich herabgesetzt wurde, dass das Mainz-Dortmunder Dosismodell (MDD im folgenden), nach welchem die Berufsgenossenschaften bisher über eine Berufskrankheit entschieden, laut BSG nicht mehr dem aktuellen wissenschaftlichen Stand entspreche aber mangels eines Alternativmodells weiter verwendet werden dürfe, jedoch wurde der Schwellenwert für die Anerkennung einer Berufskrankheit auf 50 % der MDD Vorgaben gesetzt (Az B 2 U 4/06 R).
Wen jemand durch seine Arbeit krank wird, kann er Rentenleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung erhalten, ob es sich um eine Berufskrankheit handelt oder nicht, darüber entscheiden die Berufsgenossenschaften oder entsprechende Verbände. Erkrankungen an der Lendenwirbelsäule sind mittlerweile auch als Berufskrankheit anerkannt, falls sie daraus resultiert, dass Arbeitnehmer jahrelang schwere Lasten tragen oder in gebückter Haltung arbeiten mussten.
Geklagt hatte ein Stuckateur, der aufgrund seiner Tätigkeit unter einem Bandscheibenvorfall litt und nun eine Verletztenrente forderte. Die BG widersprach dem, da laut ihrer Einschätzung die Belastung während der Arbeit nicht sehr groß war und der Bandscheibenvorfall auch auf privaten Gründe basieren könnte. Dies begründete sie mit dem MDD, mit dem geprüft wird ob durch die konkrete Belastung während der Arbeit die Wahrscheinlichkeit höher ist an einer Wirbelsäulenerkrankung zu erkranken verglichen mit der Restbevölkerung.
Das Gericht stellte jedoch fest, dass das MDD nicht aktuell sei und neueste wissenschaftliche Erkenntnisse nicht berücksichtigt, da hier erst Belastungen ab einem festgelegtem täglichem Mindestwert erfasst werden. Da jedoch kein alternatives Rechenmodell der BG zur Verfügung stünde, erlaubten das BSG die weitere Verwendung unter der Auflage, dass der Schwellenwert des MDD zur Anerkennung einer Berufskrankheit auf 50 % herabgesetzt werden müsse. Natürlich sei trotzdem weiterhin zu prüfen ob nicht vielleicht doch eine private Ursache für die Krankheit existieren könnte.
Der Fall des Stuckateurs wird nun vor dem LSG Baden-Württemberg verhandelt, da er über der neu festgesetzten 50 % Grenze lag.
Gerade Erkrankungen mit der Bandscheibe werden nicht so leicht anerkannt, dass sie auf Grund der Tätigkeit entstanden sind. Bei meinem Mann zieht sich das Problem mittlerweile an die drei Jahre hin, wo ein spezieller Sitz für seinen Traktor bezahlt werden soll. Obwohl mittlerweile auch nachgewiesen ist, dass ein anderer Sitz immer wieder Schmerzen und damit auch Arbeitsausfälle mit sich bringt, wird sich weiterhin geweigert.
Mittlerweile ist das ganze Problem schon in der zweiten Instanz. Wahrscheinlich zahlen die Rentenversicherungen lieber einige Jahre eine Erwerbsunfähigkeitsrente, als einmal einen speziellen Sitz damit ein Arbeitnehmer normal beschäftigt werden kann.
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