Geringe Wahlbeteiligung = negativ?

vom 01.10.2009, 15:59 Uhr

Wieso sieht denn eigentlich jeder eine geringe Wahlbeteiligung als negativ an? Was ist daran negativ, wenn sich Leute aus was für einen Grund auch immer, entscheiden nicht zur Wahl zu gehen?

Ich finde, dass man sich viel mehr Gedanken machen müsste, wenn wir eine Wahlbeteiligung von fast 100% hätten, denn viele Leute sollten besser nicht zur Wahl gehen. Wenn man z.B. im Fernsehen manche Kommentare von Leuten hört, die sowas von überhaupt keine Ahnung von Politik haben, sollte man doch froh sein, dass wenigstens ein Teil von diesen Menschen soviel Verantwortungsbewusstsein haben und sich da raus halten.

Außerdem ist meiner Meinung nach die These, dass jeder der nicht zur Wahl geht seine Stimme an eine rechts- oder linksradikale bzw. extreme Partei abgibt, denn wenn das stimmen würde, würden bei Wahlen, wo die Beteiligung noch geringer als bei der Bundestagswahl ist, diese Parteien viel besser abschneiden - tun sie aber nicht.

» mile » Beiträge: 149 » Talkpoints: 0,01 » Auszeichnung für 100 Beiträge



Eine geringe Wahlbeteiligung bedeutet, dass die Stimmen für die kleinen Parteien mehr Gewicht haben. (Denke, das mit den Zahlen erklärt sich in einem einfachen Dreisatz von selbst.) Und unter die kleinen Parteien fallen eben auch die Rechtsextremen, die eben von einer geringen Wahlbeteiligung profitieren. Es ist zu Recht zu vermuten, dass diese nämlich ihr Klientel auf gleichbleibend hohem Niveau zur Wahl mobilisieren können. Die Anhänger der anderen Parteien sind da eher wankelmütig und eher bereit, auf das Wahlrecht zu verzichten.

Was nun aber Deine Meinung bzgl. der Ausübung des Wahlrechts angeht, bleibt einem die Spucke weg. Schließlich entmündigst Du mit einem Nebensatz Menschen. Und das halte ich für ein starkes Stück. Ich weiß ja nicht, was genau Dich zu so einer Aussage antreibt, aber mir würde eine Aussage wie die Deinige reichen, eben bei Dir das allgemeine und gleiche Wahlrecht in Frage zu stellen.

Um nun auch Dein Politikverständnis auf den neueren Stand zu bringen, sei darauf hingewiesen, dass in Landesparlamenten sehr wohl rechtsextreme Parteien vertreten sind! Und hier ist die Wahlbeteilung geringer!

Jetzt würde mich interessieren, wie Du eben zu der These gekommen bist, dass diese Parteien dort eben nicht besser abschneiden? Und auf Kommunaler ebene ist der Trend noch mal stärker, weil Wahlbeteiligungen von 50% vorhanden sind!

» derpunkt » Beiträge: 9898 » Talkpoints: 88,55 » Auszeichnung für 9000 Beiträge


Da musste ich erst einmal schlucken als ich den ersten Post gelesen habe. Nicht zur Wahl gehen bedeutet aber auch das man mit dem System zufrieden sein kann, oder eben das man einfach keine Lust mehr darauf hat. Das weiß man eben nicht genau. Sicherer ist es da wählen zu gehen und seinen Zettel als ungültig werten zu lassen.

Wie bereits gesagt wurde, erhalten durch das Nichtwählen eben auch die geringeren Parteien mehr Gewichtung in ihren Stimmen. Dies halte ich alles andere als sinnvoll. Außerdem sollte man sich, spätestens mit der Wahlberechtigung, mit dem Thema Politk auseinandergesetzt haben und wissen was man wählt und das man wählen sollte.

Einführen einer Wahlpflicht geht leider nicht. Man kann ja niemanden zwingen an einer Wahl teilzunehmen. Würde es mir aber wünschen wenn mehr Menschen wählen gehen würden.

» stang2k » Beiträge: 161 » Talkpoints: 5,22 » Auszeichnung für 100 Beiträge



Die Rechnung mit den "kleinen" Parteien geht aber auch nur dann auf, wenn die Anhänger der Kleinen auch alle wählen gehen. Sonst funktioniert diese Rechnung auch nicht, größtenteils halte ich es sogar schlicht für Panikmache, was aber nicht besonders zieht, denn sonst wäre die Wahlbeteiligung nicht immer weiter im Tiefflug.

Man kann die niedrige Wahlbeteiligung aus zwei Gründen negativ betrachten: Einerseits ist es schade, dass sich immer weniger Menschen für die Politik interessieren. Man kann daraus aber eben Schlußfolgerungen ziehen, die es erst recht bedenklich wirken lassen:
- Nichtwähler finden unser Demokratiesystem nicht gut
- sie verstehen das System nicht (bezweifel ich auch bei vielen Wählern)
- sie glauben nicht an Veränderungen

Andererseits gibt es dann die, die sich beweußt der Wahl fern halten, weil sie sich tatsächlich politisch beschäftigen und damit eine Kritik ausdrücken wollen. Ich finde nur, dass man damit nur dann etwas ausdrücken kann, wenn man eine ungültige Stimme abgibt oder eben, wie in einem anderen Thread hier ja schon beschrieben, man eben Horst Schlämmmer wählt.

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» betty » Beiträge: 1460 » Talkpoints: 0,13 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



mile hat geschrieben:Außerdem ist meiner Meinung nach die These, dass jeder der nicht zur Wahl geht seine Stimme an eine rechts- oder linksradikale bzw. extreme Partei abgibt, denn wenn das stimmen würde, würden bei Wahlen, wo die Beteiligung noch geringer als bei der Bundestagswahl ist, diese Parteien viel besser abschneiden - tun sie aber nicht.

Nein, die DVU sitzt nicht im Brandenburger Landtag genau wie die NPD nicht in Sachsen sitzt und in Thüringen dieses Jahr immerhin über 4% erreichte... Und das, obwohl die Wahl dieser beiden (genauer aller drei) Landtage am selben Tag wie die Bundestagswahl stattfand, ergo die Beteiligung dort immerhin noch höher als bei einer "normalen" Landtagswahl war. Bevor du so inhaltlose Behauptungen aufstellst solltest du vielleicht vorher mal kurz ein bisschen über den Tellerrand schauen. Oder überhaupt mal die Augen aufmachen?

Und das im Fernsehen (was meinst du denn genau? Lass mich raten, RTL, Sat.1 und deren Töchter wie Pro7, RTL2 etc.?!) unter Garantie kein durchschnittliches Bild von Wählern gezeichnet wird sollte hoffentlich auch klar sein. Das ist Sensationshascherei, damit der halbwegs irgendwie politisch gebildete Mensch sich denken kann, wie toll er doch ist weil er die Namen der aktuellen Politiker kennt.

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» Taline » Beiträge: 3594 » Talkpoints: 0,75 » Auszeichnung für 3000 Beiträge


Als eine Panikmache würde ich es nicht empfinden und auch nicht aus irgendeinem Protest, dass so viele nicht wählen gehen. Ich persönlich empfinde es als meine Pflicht an den Wahlen teilzunehmen. Wo ich ehrlich gesagt nicht wählen gegangen bin ist bei der Europawahl anfang des Jahres. Darauf hatte ich schlichtweg keine Lust.

Warum aber bei einer Bundestagswahl so geringer Anlauf an Wählern ist wundert mich stark. Gerade im Moment könnte man mit seiner Stimme zwar nicht viel aber immerhin etwas dafür tun das sich was ändert. Warum nun gewissen Personen nicht wählen gehen weiß ich nicht. Man kann hier nur spekulieren. Wofür man allerdings sorgen sollte ist, dass sich in 4 Jahren wesentlich mehr Personen an den Wahlen beteiligen als jetzt. Denn so kann das nicht weiter gehen.

» stang2k » Beiträge: 161 » Talkpoints: 5,22 » Auszeichnung für 100 Beiträge


So geringer Anlauf an Personen? Leute, immerhin haben 70 % gewählt.

Das die 30 Prozent die nicht wählen gehen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht überwiegend Sympatisanten von extremistischen Parteien sind (diese können ihre Wähler gut mobilisieren und nicht nur max. 25 % ;) ) halte ich für schwachsinnig.

Dennoch ist eine Wahlbeteiligung von 70 Prozent in meinen Augen nichts Schlimmes: Die Leute die nicht zur Wahl gehen sind vermutlich entweder frustriert (weil ihre Partei nicht in den Bundestag einzieht oder nicht an der Regierungsbildung beteiligt wird), symphatisieren mit keiner der ihnen bekannten Parteien oder halten unser System schlichtweg für nicht demokratisch genug um Veränderungen herbeizuführen (ich würde mir auch mehr direkte Demokratie wünschen). Diese Leute sehen, dass es für sie nichts bringt zur Wahl zu gehen und akzeptieren so entweder die von den Anderen gewählten Vertreter als ihre Eigenen oder halten sich weitestgehend aus der Politik raus.

Wenn man die Wahlbeteiligung erhöhen will, sollte eine große Partei einen Gesetzesentwurf starten, der Abtreibungen bis zum 6. Monat erlaubt und Alkohol verbietet, dass würde Moralisten und Alkohholkonsumenten, beides riesige Gruppen, mobilisieren zur Wahl zu gehen und so die Wahlbeteiligung in die Höhe treiben. Fraglich ist nur, welche Partei das Stigma der Unbeliebtheit auf sich nehmen will. ;)

» TuDios » Beiträge: 1475 » Talkpoints: 4,83 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Die großen Parteien unterscheiden sich doch nur in ihren Versprechungen, aber nicht in den Handlungen.
Mal eine provokante Frage zu den Extremparteien:

Was würde passieren, wenn die Extremisten (ganz gleich ob rechts, links , oben, unten oder sonstige Extremisten) Im Parlament sitzen oder sogar Teil der Regierung würden? Ganz genau: NICHTS.

Sie würden sich genauso an der Meinung der Kapitalgeber orientieren, ihre "Reformen" wären genauso nur Variationen von Nichts und signifikante Änderungen fänden nicht statt. Gibt es tatsächlich jemanden, der glaubt, die Rechten würden aus der EU austreten oder die Linken würden den Kommunismus einführen? Wohl kaum.

Die Wahlen sind eine Form der Beschäftigungstherapie für die Masse, bei der die Bevölkerung in der Meinung gelassen wird, sie könne etwas bestimmen. Brot und Spiele.

» istdasso » Beiträge: 211 » Talkpoints: -0,29 » Auszeichnung für 100 Beiträge


@istdasso
Was Du schreibst ist für mich leider nicht nachvollziehbar. Was Du schon als Unterscheidung der großen Parteien schreibst, lässt sich schon an ganz wenigen Dingen widerlegen. Bei den Themen Atomausstieg, Mindestlohn, Ausländerrecht, Staatsbürgerschaft, Gesundheitswesen und Bildungspolitik fallen mir schon signifikante Unterschiede ein. Und das ohne groß nachzudenken. Und zwar Unterschiede im "versprechen" und im "handeln"! Richtig ist, dass jeweils die eine die andere Partei bei der Umsetzung blockiert hat bzw. in der Koalition selbstverständlich nach Kompromissen gesucht wurde. So haben sich die Unterschiede nicht in dem Maße bemerkbar gemacht. Das ist aber auch der Entwicklung geschuldet, dass sich die großen Parteien der vermeintlichen Mitte zuwenden um sich eben den größtmöglichen Zuspruch zu sichern. Glaubwürdiger war das nun diesmal von konservativer Seite.

Ebenso halte ich Deine Sicht auf die extremen Parteien für wenigstens wenig fundiert. Um einfach die Linksextremen schnell abzuhandeln: welche Linksextreme Partei strebt die Einführung des Kommunismus denn an? Selbst im Programm der DKP wirst Du den Teil nicht finden! Und die Linke hat sich von allen alternativen Gesellschaftsmodellen verabschiedet. Wer heute eine Sozialgesetzgebung fordert, wie es sie unter der Anfangzeit von Kanzler Helmut Kohl gab, gilt ja schon als waschechter Sozialist! Und weiterreichende Forderungen sind mir hier nicht bekannt.

Was die extreme Rechte angeht, sieht es in vielen Punkten massiv anders aus! Hier besteht sehr wohl die reale Gefahr, dass Forderungen umgesetzt werden würden. Bzw. gibt es ja -um bei Deinem Beispiel zu bleiben- kein einziges Szenario, wie ein Staat aus der EU oder dem Euroraum austreten könnte. Ein solcher tatsächlich möglicher Vorstoß Deutschlands würde wohl das ganze System der EU so sehr erschüttern, dass die Nachteile für Deutschland nicht gravierender wären, als die Folgen für die Nachbarstaaten! Aber auch Innenpolitisch gäbe es durch die extreme Rechte einige Verwerfungen, welche den inneren Frieden hier bedrohen könnten. Daher finde ich es als zu naiv davon auszugehen, dass es sich hier um einen Papiertiger handeln würde und alles schon "nicht so schlimm" werden würde.

Und schlimmer noch ist immer die Gleichsetzung von Links/Rechts in diesem Zusammenhang. Denn eine Vergleichbarkeit oder Symmetrie was die Folgen betrifft ist schlicht nicht vorhanden! Die sog. extreme Linke stellt derzeit wohl eine geringere Gefahr für Deutschland dar, als es ein Oder-Hochwasser machen würde. Die extreme Rechte stellt hingegen für eine ganze Menge Menschen eine konkrete Gefahr für Leib und Leben dar! Was man einfach nicht weiß: ein rassistisch motivierter Überfall auf Menschen oder Gegenstände bei dem wenigstens der größte Teil der Täter alkoholisiert war, gilt schon nicht mehr als politisch motivierte Straftat. Soweit zur kreativen Gestaltung von Statistiken, welche die wahren Ausmaße und Gefahren von Rechts belegen sollen.

» derpunkt » Beiträge: 9898 » Talkpoints: 88,55 » Auszeichnung für 9000 Beiträge


@derpunkt
Natürlich habe ich einiges etwas überspitzt dargestellt. Worum es mir im Prinzip geht, ist die Feststellung, dass die Politik inzwischen nicht mehr vom Volk gemacht wird. Dazu nur eine kleine Zahl zur Erbauung: Die Mitglieder des Bundestages haben im Jahr zusammengenommen 6 Mio. € als Nebeneinkommen. Interessanterweise ist der durchschnittliche Nebenverdienst für parteizugehörige der regierenden Parteien deutlich höher, als der der Opposition. Komisch.

Was Parteien mit politisch motivierten Straftaten zu tun haben, erschließt sich mir allerdings nicht und was das mit dem Oder-Hochwasser zu tun hat sehe ich auch nicht. Es gibt überall Irre. Zugegebenerweise scheinen die Rechten diese besonders anzuziehen.

» istdasso » Beiträge: 211 » Talkpoints: -0,29 » Auszeichnung für 100 Beiträge


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