In Selbstmitleid baden

vom 23.09.2009, 22:07 Uhr

Oft begegnen mir Leute, die förmlich in Selbstmitleid baden. Auch ich muss zugeben, dass ich eine Zeit hatte, wo ich mir selber Leid tat. Aber irgendwie habe ich versucht es mit mir selber auszumachen. Selten bin ich damit zu einer Freundin gegangen.

Warum aber gehen Leute mit ihrem Selbstmitleid manchmal derart an die Öffentlichkeit? Wollen sie dadurch Aufmerksamkeit? Wenn ich mit jemanden über meine Probleme gesprochen habe und in Selbstmitleid zerflossen bin, dann fühlte ich mich danach eher schlechter als besser. Ich habe dann noch mehr geheult und irgendwie habe ich mich dann selber verflucht, dass ich damit zu jemanden hingegangen bin. Mir hätte eine krasse ansage, dass ich aufhören soll, mich selber zu bemitleiden.

Wie geht ihr mit Leuten um, die in Selbstmitleid baden? Sagt ihr ihnen, dass sie sich nicht selbst bemitleiden sollen oder gebt ihr ihnen den Trost, den sie in dem Moment erst mal erwarten? Was ist besser? Sollte man nicht ehrlich sein und den Leuten sagen, was man vom Selbstmitleid hält? Ist der Trost beim Selbstmitleid wirklich gut? Was erwartet ihr von Freunden, wenn ihr selber vor Selbstmitleid zerfließt?

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» Diamante » Beiträge: 41749 » Talkpoints: -4,74 » Auszeichnung für 41000 Beiträge



Ich denke, dass man manchmal einfach eine Phase hat, in der man schnell im Selbstmitleid versinken kann. Manchmal passiert so was, ohne das man es wirklich merkt. Ich habe solche Phasen auch schon gehabt. Mir fehlt oft jemand, mit dem ich mal reden kann, wenn mich etwas bedrückt. Meistens ziehe ich mich eher zurück, wenn mich etwas belastet.

Aber Selbstmitleid ist ja nicht immer etwas schlechtes. Es kann ja auch mal gut tun, wenn man sich darin badet und mal richtig ausheult. Manchmal geht es einem dann ja schon besser. Man kann eben nicht immer nur stark und tapfer sein.

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» Nelchen » Beiträge: 32238 » Talkpoints: -0,25 » Auszeichnung für 32000 Beiträge


Diamante hat geschrieben:Mir hätte eine krasse ansage, dass ich aufhören soll, mich selber zu bemitleiden.

Was hätte sie denn? :wink:

Ich finde es nicht so schlimm ab und an mal in Selbstmitleid zu zerfließen. Die Dosis macht ja bekanntlich das Gift und so sehe ich das auch beim Selbstmitleid - ab und an ist kein Problem. Wenn es aber zum Dauerzustand wird und ständig nur die bösen anderen Schuld sind, dann ist es höchste Zeit etwas zu ändern.

Ich selbst habe heute morgen schon mal ein ausführliches Bad (etwa 10 Minuten) in Selbstmitleid genossen. Es hat sogar geholfen, weil mir während meines Bades klar wurde, dass alles noch viel schlimmer sein könnte. Danach ging es mir dann auch ganz schnell wieder besser.

Ich selbst verhalte mich bei Freunden so, wie ich es auch von ihnen erwarte. Einfach nur zuhören und dasein. Den meisten Freunden geht es nämlich so wie mir. Wenn man erst mal drüber spricht, erkennt man oft selbst, dass es alles gar nicht des Ärgers wert ist.

» JotJot » Beiträge: 14058 » Talkpoints: 8,38 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



Sorry, mir hätte es geholfen, wenn mir jemand mal die Leviten gelesen hätte und mich mal wieder auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt hätte. Denn ich selber habe auch festgestellt, dass man noch mehr in Selbstmitleid zerfließt, wenn jemand so richtig verständnisvoll tut und einen in den Arm nimmt. Dann habe ich erst Recht angefangen zu heulen und war noch mehr am Boden zerstört.

Ich finde auch, dass Selbstmitleid auch mal befreiend sein kann. aber muss es denn dann so sein, dass man wirklich zig Leute anruft und sich dann ausheult? So was habe ich auch schon erlebt und ich bin dann selber auch etwas überfordert. ich helfe wirklich gerne und höre mir auch an, wenn Leute meine Hilfe brauchen. Aber dann denke ich auch immer wieder, dass es eigentlich nicht gut ist, wenn man irgendwo im Selbstmitleid ertrinkt. Irgendwann sollte man denjenigen ans rettende Ufer ziehen und ihm schon sagen, dass Selbstmitleid nichts bringt.

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» Diamante » Beiträge: 41749 » Talkpoints: -4,74 » Auszeichnung für 41000 Beiträge



Diamante hat geschrieben:aber muss es denn dann so sein, dass man wirklich zig Leute anruft und sich dann ausheult?

Das ist ja wieder etwas anderes, etwas dass ich selbst nicht tun würde und auch von keinem Freund kenne. Lediglich eine Bekannte hat das gern getan, aber wieder aufgehört, nachdem ich nicht wie gewünscht reagiert habe.

Wie jeder mit seinem eigenen Selbstmitleid umgeht, muss jeder für sich entscheiden. Wie so oft - ein Patentrezept gibt es nicht. Allerdings ist es auch so, dass jeder, der mit einer sich selbst bemitleidenden Person konfrontiert ist, ebenfalls entscheiden kann, wie er damit umgeht. Und für mich ist das Mittel der Wahl schon mal zuhören und ansonsten einfach nicht weiter reagieren. Ändern wird ein Außenstehender eine erwachsene Person nämlich in der Regel nicht mehr.

» JotJot » Beiträge: 14058 » Talkpoints: 8,38 » Auszeichnung für 14000 Beiträge


Ich muss sagen, dass ich von Leuten, die hingebungsvoll in Selbstmitleid baden oft einfach genervt bin. Es ist natürlich normal, dass man sich mal schlecht fühlt und dass man sich auch mal bei jemandem ausheulen oder auskotzen muss, da geht es mir nicht anders.

Was ich aber gar nicht verstehen kann sind Leute, die jammern und jammern und die absolut nichts zu unternehmen scheinen um etwas an der Situation, die sie so schrecklich finden zu ändern. Das ist mir auch hier im Forum schon öfters aufgefallen. Da jammert jemand über dies oder das und wenn jemand fragt was schon unternommen wurde um die Situation zu ändern kommt nichts zurück.

Natürlich ist das nicht immer sofort möglich und natürlich brauchen einige Änderungen viel Zeit - aber wenn jemand zum Beispiel ständig jammert wie schlimm sein Job doch ist, dann erwarte ich zumindest, dass die Person die Stellenanzeigen studiert oder sich nach anderen Alternativen wie einer Weiterbildung umschaut. Ob es mit dem neuen Job dann klappt ist dann eine andere Sache, aber zumindest versuchen sollte man es doch, oder?

Bei mir kommt dann schon mal der Verdacht auf, dass es gar nicht um den schlimmen Job geht sondern darum Aufmerksamkeit und Trost zu bekommen.

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» Cloudy24 » Beiträge: 27476 » Talkpoints: 0,60 » Auszeichnung für 27000 Beiträge


Ich habe auch eine Freundin, die praktisch den ganzen Tag im Selbstmitleid badet. Ich habe die Befürchtung, dass sie sich eines Tages darin auflöst, wenn das nicht schon längst passiert ist. Sie sieht einfach nichts anderes mehr als das Negative in ihrem Leben. Sie nörgelt herum, weil sie gesundheitlich nicht ganz fit ist, sie nörgelt herum, weil sie (als Lehrer am Gymnasium mit einem eigenen, geerbeten Haus) zu wenig Geld besitzt, weil ihre Töchter (mit 26 und 30) nicht mehr das tun, was sie möchte, etc. Ihr passt gar nichts mehr.

Klar ist sie nicht so fit wie andere, weil sie mal Krebs hatte, aber sie kann arbeiten gehen, kann in den Urlaub fahren, sie ist nirgendwo so eingeschränkt, dass sie auf etwas ganz verzichten müsste. Gegen die gelegentlichen Schmerzen gibt es Medikamente und so stark sind sie ja nicht, dass sie ein Pflegefall wäre. Sie sieht sich aber selbst als Pflegefall und tut nichts dagegen. Ich weiß auch nicht, was ich da noch machen soll. Auf der einen Seite kann ich die Sache mit der Gesundheit schon nachvollziehen, aber wäre es nicht besser einfach mal froh über das zu sein, was man hat und nicht dem hinterher zu trauern, was man nicht mehr hat? Sie kann an ihrer Lage nichts ändern und ich kann es auch nicht.

Wenn sie sich endlich mal zusammenreißen würde und einfach mal das Leben annehmen würde, dann hätte sie es viel leichter und ihr Umfeld auch. Keiner weiß, wie man es ihr am besten Recht machen könnte. Ich weiß auch gar nicht, was sie eigentlich mehr will! Sie hat einen seit 30 Jahren treuen Mann, der alles für sie tun würde, sie hat ein Haus, genügend Geld (meiner Ansicht nach, aber Habgier ist eben so eine Sache, nicht wahr), sie hat Arbeit, sie könnte viele Freunde haben, wenn sie diese nicht immer so mies behandeln würde mit ihrer egozentrischen Art.

Ihre Probleme sind ihr immer am wichtigsten, sie hat nie ein offenes Ohr für die Sorgen anderer. Sie vergeht in ihrem unbegründetem Selbstmitleid. Es ist ihr ein und alles; wie eine große Liebe. Ich weiß nicht, was sie damit bezwecken will; die komplette Aufmerksamkeit? Wenn ich erwähne, dass es mir auch mal nicht gut geht, setzt sie eins drauf und erzählt in schillernden Farben, wie dreckig es ihr zur Zeit geht. Geht es mir gut, geht es ihr natürlich erst Recht schlecht.

Ich spende ihr dann natürlich immer erst Trost, damit sie sich angenommen und beachtet fühlt. Das ist sozusagen die erste Phase. Dann sage ich ihr klipp und klar, dass es so aber nicht weitergeht, dass es ihr einfach selbst nichts bringt, wenn sie sich ihrem "Leid" völlig hingibt. Wir haben nur ein Leben, das nützt doch nichts, wenn man dann beständig immer nur Dingen hinterhertrauert, die man nicht hat. Außerdem sage ich ihr, dass sie mal mit dem zufrieden sein soll, was sie hat - das ist ja nicht gerade wenig. Wohin müsste ich dann vergehen, sage ich ihr dann immer. Ich habe weder Mann noch Geld noch erfreue ich mich 100%iger Gesundheit und trotzdem genieße ich mein Leben. Das überzeugt sie dann meistens, wenn auch nur für kurze Zeit. Wenn sie sieht, dass andere noch weniger haben, dann geht es ihr wieder besser.

Ich würde also auf jeden Fall immer erst Trost spenden und dann die Wahrheiten aber auf den Tisch legen. Leute, die nur im Selbstmitleid baden, muss man einfach mal klar ins Gesicht sagen, was Sache ist. Die begreifen das sonst nicht. Ein schlechter Freund bemitleidet mich, wenn ich im Treibsand versinke. Ein guter Freund versucht mich am Schopf wieder herauszuziehen.

» Mandragora » Beiträge: 1763 » Talkpoints: 0,49 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Ich muss zugeben, es gibt Phasen, in denen ich es schon genieße im Selbstmitleid zu baden. Aber das ist einmal und dann geht es mir wieder besser. Ich weiß, helfen kann man sich in den meisten Fällen nämlich eh nur selber und in Selbstmitleid versinken blockiert den Lösungs- oder Veränderungsprozeß eher als ihn zu beschleunigen. Bei Leuten, die das mit dem Selbstmitleid ähnlich handhaben wie ich, habe ich kein Problem, wenn sie sich einmal an meiner Schulter ausheulen. Denen höre ich dann auch gerne zu.

Aber ich hasse es, wenn Leute immer wieder wegen desselben Problems in Selbstmitleid versinken und nicht daran arbeiten, etwas an ihrer Situation, mit der sie im Moment unglücklich und unzufrieden sind, zu ändern. Da sag ich dann schon einmal, dass ich mir das schon zu zu oft angehört habe und nicht noch einmal hören will, weil mich das dann wirklich nervt. Leider tappe ich da trotzdem bei manchen Menschen immer wieder in die Falle und sie heulen sich bei mir aus, obwohl ich das gerade nicht will.

» helgak62 » Beiträge: 68 » Talkpoints: 0,38 »


Ach, ich bade eigentlich gerne ab und zu in Selbstmitleid. Das brauche ich, damit es mir dann wieder besser geht. Und ich denke, dass es bei vielen anderen Leuten auch so ist.

Wenn ich einen anstrengenden Tag mit 2 Kleinkindern und Haushalt hinter mich gebracht habe, bin ich oft froh wenn abends mein Mann heimkommt und mich ein wenig bemitleidet. Das gleiche gilt natürlich auch für ihn. War sein Arbeitstag anstrengend und aufreibend, wird er von mir natürlich gleichermaßen bemitleidet. Danach gehts uns wieder besser. :wink:

Natürlich gibt es auch Menschen, die sich durch ihr Selbstmitleid auch gewissermaßen in den Mittelpunkt stellen wollen. Oder Menschen, die einfach froh sind wenn ihnen jemand zuhört.

Ich finde, man sollte solche Leute nicht verurteilen. Eine kleine Portion Selbstmitleid schadet nicht - im Gegenteil. Wenn ich manchmal vor Selbstmitleid beinahe zerfließe und mir dann aber jemand zuhört bzw. meine Probleme versteht, fühle ich mich gleich wieder besser.

» ladyMa » Beiträge: 3 » Talkpoints: 1,54 »


Ich glaube der Grund dafür, dass es manche Leute so übertreiben und ihrem Selbstmitleid mit anderen teilen liegt einfach daran, dass sie Aufmerksamkeit haben wollen. Sie wollen wahrscheinlich einfach nur die Bestätigung, dass es gar nicht so schlimm ist wie sie sich einbilden und einfach nur ein bisschen umsorgt werden.

Wenn das mal vorkommt, dann ist das ja auch vollkommen in Ordnung, jeder hat mal so einen miesen Tag, wo man echt nur negativ sieht und tatsächlich im Selbstmitleid schwimmt. Mir hilft es dann auch immer wenn ich mit einer Freundin telefoniere, es ist dann auch immer die Gleiche und weiß genau, dass mir ein bisschen Zuspruch gut tut.

Ich kenne aber auch das Gegenteil, wo man sich fragt ob es schon krankhaft ist wenn die Leute die ganze Zeit nur jammern. Dass sie ohne die Bestätigung andere schon gar nicht mehr können. Das kann einem dann schon mal auf die Nerven gehen, weil man ja auch nicht ständig den Seelenmüll der anderen Leute recyceln will. Aber ich glaube es geht nur darum etwas Aufmerksamkeit und Zuspruch zu bekommen.

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» stance » Beiträge: 1775 » Talkpoints: -0,31 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


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