Gedichte der Nachkriegsliteratur, Günther Eich: Inventar
Gedichte der Nachkriegsliteratur – unaktuell und aus der Mode gekommen für die einen, spannend und lehrreich für die anderen. An ihnen scheiden sich die Geister. Doch stimmen die Vorurteile über die Nachkriegsliteratur wirklich? Ist sie wirklich so fern von der heutigen Zeit, hat jeglichen Bezug zum Hier und Jetzt verloren und berichtet von einer Welt, die man heutzutage nur noch im Kino zu sehen bekommt? Was sagt ihr dazu?
Ich möchte diese Fragestellung am bekannten Gedicht „Inventur“ von Günther Eich bearbeiten, eines der bedeutendsten Werke der Nachkriegsliteratur. Besitz und Eigentum, Hauptthema in diesem Werk. Dinge, die in der heutigen Zeit wichtig, wenn nicht sogar mächtig sind. Allerdings beschreibt das lyrische Ich Eichs keinerlei Luxusgüter oder Schnickschnack, es beschreibt einzig die ihm zum Überleben notwendigen Dinge, denn diese sind der einzige Besitz, den es noch hat.
Schlichte Beschreibungen, unausgeschmückt, beherrschen das Gedicht, die Kunst des Weglassens hebt so das Eigentum allein hervor, den Stolz auf so einfache Dinge wie ein Notizbuch, eine Zeltbahn oder Zwirn. Das lyrische Ich ist stolz auf das, was ihm noch geblieben ist, auch Diebstahl ist ihm nicht unbekannt, denn es hat schließlich seinen Namen auf seinen Besitz geritzt.
Diebstahl. Sicherung des Eigentums. Stolz. Keine unaktuellen Themen in der heutigen Welt, die keinen Wert mehr haben. Schließlich kann man beobachten, wie die Alarmanlagenanbieter jährlich mehr verdienen, die Menschen zeigen gern, was sie haben. In der heutigen Gesellschaft kann man sich etwas leisten. Man hat mehr, als nur das Überlebensnotwendige. Wer Geld hat, hat Macht und Geld macht glücklich.
In diesem Punkt scheinen sich die beiden Welten voneinander zu unterscheiden. Der einzige „Luxus“ im Leben des lyrischen Ichs sind Bleistiftmine und Notizbuch, aber selbst diese sind Hilfen, Stützen, in der damaligen Notsituation klar zukommen. Ohne diese Ausflüchte aus der Realität, ohne diese Art von Ablenkung, in die der Erzähler seine Träume einbringt, würde er wahrscheinlich verrückt werden. Und doch braucht er nicht mehr, als die beschriebenen Dinge, um ein Leben zu führen, das ihm genügt.
Auch heute erlebt man ab und zu Extremfälle, die ihr gesamtes Hab und Gut verschenken und dann an einen abgelegenen Ort, eine Höhle, einen Wald, ziehen, um dort ein Leben allein mit dem Notwendigsten zu führen. Denn auch sie haben erkannt: Es braucht nicht viel zum Glücklichsein.
Aber im Großen und Ganzen haben wir uns zu einer Konsumgesellschaft entwickelt, die sich im Kaufen, im Haben und Besitzen identifiziert und entfaltet. Günther eich zeigt auf, dass es so nicht sein muss, natürlich unbewusst. Natürlich wäre das lyrische Ich glücklicher, natürlich würde es ihm besser gehen, würde es mehr besitzen.
Doch die Verhältnisse damals waren nicht die besten und das lyrische Ich hatte alles, was es brauchte, was ihm genügte. Es ist also nicht zu leugnen, dass Nachkriegsliteratur nicht unbedingt auf die Gegenwart bezogen werden kann. Doch vielleicht ist genau das der Punkt, weswegen sie so lesenswert ist. Sie hält uns einen umgekehrten Spiegel vor Augen, zeigt uns die Unterschiede, zeigt uns, in was für einer Welt wir heute leben, wie gut es uns geht.
Und manchmal hebt sie den Zeigefinger, unbewusst, indem sie uns Leitfäden für unser eigenes Leben gibt. Ich finde, solche Texte der Nachkriegsliteratur sollte jeder gelesen haben.
Ich finde, dass die Schlussfolgerung, dass es in dem Gedicht "Inventur" um das Zufriedensein mit wenigen, einfach Dingen geht, doch recht weit hergeholt ist. Das lyrische Ich ist doch jemand, der nach dem Krieg aus einem Konzentrationslager oder aus der Kriegsgefangenschaft zurückkommt. Meiner Meinung nach geht es nicht darum, dass man sich nicht auf Konsumgüter konzentrieren soll, sondern dass Menschen andere Menschen zur absoluten Armut zwingen.
Weit hergeholt finde ich meine Schlussfolgerung nicht, schließlich sagt das Gedicht doch genau dies aus, oder etwa nicht? Ich meine: Was genau spricht dagegen?
Ich finde die Interpretation der Rückkehr aus einem Konzentrationslager oder aus Kriegsgefangenschaft nicht nachvollziehbar. Kannst du das näher erläutern?
Meiner Meinung nach geht es hier um einen Menschen, dem alles genommen wurde, in Zeiten des Krieges. Alles, was er noch hat, seinen einzigen Besitz, sein Hab und Gut, listet er in diesem Gedicht auf. Und alle diese Dinge sind dem lyrischen Ich lebensnotwendig. Auf der einen Seite sind da die wirklich lebensnotwendigen Sachen, wie zum Beispiel die Mütze bei Kälte oder der Brotbeutel, der gleich mehrere Funktionen erfüllt, wie das Aufbewahren der Wollsocken und anderen Dingen und gleichzeitig als Kopfkissen. Auf der anderen Seite sind da die ausschließlich fürs lyrische Ich lebensnotwendigen Sachen, wie sein Notizbuch. Ohne diese Möglichkeit der Flucht aus der Realität, wäre es nicht in der Lage, die harten Zeiten des Kriegss durchzustehen.
Ich finde, auch der Titel "Inventar" schon deutet darauf hin, dass es hier eben um das Eigentum und dem Zufriedenseinkönnen mit dem Wenigen, was man hat, geht. Wo du da das Konzentrationslager siehst, ist mir schleierhaft
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