Filbinger tot und Oettinger wieder in der Schusslinie
Hans Filbinger, seines Zeichens ehemaliger Ministerpräsident Baden-Württembergs 1966 - 1978 ("Wir können alles - außer hochdeutsch"), CDU Mitglied und ehemaliger Marinerichter (Eintritt in die NSDAP 1937, verantwortlich für mehrere Todesurteile zwischen 1943 und 1945) und Ziehvater Gerhard Mayer-Vorfelders starb am 1. April 2007 im Alter von 93 Jahren in Freiburg.
Filbinger stand durch die von ihm ausgeübte Tätigkeit als Marinerichter im Dritten Reich immer unter starker Kritik, die nach dem Bekanntwerden dieser Tätigkeit auch den Verlust des Ministerpräsidentenamtes durch Rücktritt nach sich zog. Filbinger war in seiner Tätigkeit verantwortlich für mehrere Todesurteile, in Form des Richters und des Anklägers. Filbinger selber dementierte diese Berichte als "Rufmord" und das er sich mehrmals (z. B. durch zweifache Meldung zur U-Boot-Staffel) seiner Abkommandierung zum Marinerichter zu entziehen versuchte.
Inwiefern das der Wahrheit entsprach bzw. seiner wahren Absicht, wird nun wohl nicht mehr zu klären sein, ähnlich der berühmten Verweigerung des Exekutionsbefehls (Vorwand, der von an Exekutionen beteiligten immer gerne gebracht wurde. Da man angeblich durch die Verweigerung des Befehls "gleich danebengestellt" würde. Es ist bis heute kein einziger Fall bekannt, in dem ein Soldat während des Zweiten Weltkireges den Schiessbefehl verweigerte - somit ebenfalls kein Fall, in dem "einer gleich danebengestellt" wurde).
Prekär an der ganzen Sache ist nun, das der jetzige Ministerpräsident Günther Oettinger (CDU) Filbinger als eine "herausragende, prägende Persönlichkeit" für das Land Baden-Württemberg würdigte - ohne ein Wort über eben jene Vorwürfe zu verlieren. Oettinger ordnete zudem Trauerbeflaggung an. Der Historiker Hans Mommsen nannte Oettingers Haltung bezüglich Filbingers NS-Vergangenheit schlicht "feige".
Dies ist aber bei der CDU im Ländle, und ihrer Schwesterpartei im Süden meiner Meinung nach aber nicht allzu verwunderlich, wenn man sich z. B. einmal die Parteigeschichte und vor allem die Entstehung der Republikaner ansieht, oder die Haltung der Süd-CDU während der 60er - 70er Jahre - Stichwort "Radikalenerlass" usw..., sowie die bestehende Haltung zu aktuellen Themen, die einen stark rechtskonservativen Hintergrund hat.
So, wieder ein kleines Update zu unserem zweitliebsten Schwaben Oettinger, gleich nach dem Bundespräsent.
Wer dachte, der Gipfel der Peinlichkeit in Baden-Württemberg in der Sache Filbinger wäre mit der bisherigen Geschichte um Filbinger und dem Nachspiel nach seinem Tod erreicht, wurde wieder einmal enttäuscht - Herr Oettinger will einfach kein Fettnäpfchen auslassen, jetzt hat er auch noch den Zentralrat der Juden gegen sich. Worin das enden kann, weiß die FDP ja am Besten .
Während Filbingers Trauerfeier sagte Ministerpräsident Oettinger, Filbinger sei kein Nationalsozialist gewesen. Oettinger bekommt aufgrund seiner stetigen Rechtfertigung von Filbingers NS-Vergangenheit nun richtig Druck im Ländle - SPD, DGB, der Zentralrat der Juden und die Grünen kritisieren hart Oettingers Verharmlosung von Filbingers Verwicklungen in Nazi-Verbrechen. Oettinger sieht darin ausnahmslos eine Kampagne der SPD und der Grünen - vielleicht sieht er bald auch in der Natur eine Kampagne der Erde gegen ihre Bewohner, weil die uns alle schließlich mit der Erderwärmung nervt und wir doch nichts dafür können.
Man kann das Pferd schließlich auch von hinten aufzäumen, Herr Oettinger .
Hey Midgaard, hab gleich noch ein Update, nachdem sich da ja wieder einiges getan hat.
"Ich habe deutlich erklärt, dass die Wirkung der Rede mir Leid tut", "Ich halte meine Formulierung nicht aufrecht. Und ich bin deswegen hier, um mein Bedauern auszudrücken" so Oettinger in verschiedenen Medien, und distanzierte sich von seiner Aussage, Filbinger sei ein Gegner der Nazis gewesen. Da hat Angela Merkel aber nicht gerade wenig Anteil dran, schließlich forderte sie ihn deutlich auf, sich zu entschuldigen - die CDu nahm die Entschuldigung übrigens an, mal sehen, was unsere Freunde von den anderen Parteien dazu zu sagen haben . In anderen Medien hat er sich aber noch wie folgt geäußert, als man ihn auf seine Trauerrede ansprach, und zwar, dass es "kein Urteil von Hans Filbinger, durch das ein Mensch sein Leben verloren hätte" oder auch "Er war Vertreter der Anklage und nicht der entscheidende Richter.". Um diese sehr "positiven" Aussagen wieder abzuschwächen, gabs noch ein "Ich glaube, dass er nicht Gegner im Sinne des Widerstands war." obendrauf.
Naja, dieses Gezappel finde ich ziemlich daneben. Okay, das war seine Aussage ebenfalls, aber erst so, dann so? Und vor allem, die Entschuldigung wirkte nach all dem hin und her mit der Kanzlerin mehr als gezwungen (und somit nicht wirklich ernst gemeint).
Erinnerte mich an meine Kindheit, als man von den Eltern aufgefordert wurde "Entschuldige Dich" und es nur auf Verlangen tat - und nicht weil man davon überzeugt war. Zudem relativiert er ständig - mal sehen, was in 2 Wochen (oder eher) da noch kommt, vielleicht ist dann Filbinger wieder ein Gegner der Nazis gewesen, weil Oettinger Druck aus seiner "Ländle"-Fraktion bekommt und von einigen ewig gestrigen Hinterbänklern.
Ja was erwartet man denn anderes, oder um Dirk Niebel (FDP) zu zitieren: "Bei der Vergangenheitsbewältigung hat die CDU scheinbar ein latentes Problem."
Ja ist klar das die Konservativen sich weiter darüber aufregen, Frau MErkel bekommt jetzt ja auch Breitseite, weil sie ihn öffentlich dazu aufforderte und somit die Angriffe gegen Oettinger noch verstärkte. Siehe Schönbohms Äußerung: "Mit der öffentlichen Bekanntgabe des Telefonats von Frau Merkel mit Herrn Oettinger zum Fall der Trauerrede zu Hans Filbinger sind die Angriffe gegen Ministerpräsidenten Oettinger verstärkt worden. Das war in der Sache schädlich." - "Da hat man zusammenzuarbeiten und darf nicht durch einen öffentlichen Rüffel die Angelegenheit weiter anheizen." Achso, wer es nicht weiß, Schönbohm ist einer der Sprecher der konservativen Fraktion innerhalb der CDU. Um es nicht beim Nahmen zu nennen, wem die wohl geistig näher stehen, beantworte ich das mit Kurt Beck, der zum Fall Filbinger meinte, das die Union aufhören soll "am äußersten rechten Rand des politischen Spektrums zu fischen" . Oder Freund Thierse: "Es bleibt aber die Erinnerung daran, dass ihm aus den Reihen der baden-württembergischen CDU jubelnd zugestimmt worden ist.".
So oder so ist das schon ein sehr tiefer Sumpf, aus dem die Seilschaften der CDU mal so richtig aufschwimmen. Die Rede von Oettinger über Filbinger wurde von Michael Grimminger mitverfasst, der wiederum ein Weggefährte Rohrmosers war, der wiederum Berater von Filbinger war, und um alles wieder zum Anfang zu führen: Schönbohm sitzt im Präsidium des "Studienzentrum Weikersheim", eines "ThinkTanks" der Konservativen. Das "Studienzentrum Weikersheim" wurde übrigens von Herrn Filbinger nach dessen "freiwilligem" Rücktritt 1978 gegründet. Das "Studienzentrum Weikersheim" gilt als erzkonservativ und deutschnational . Achso, im Präsidium des besagten "Studienzentrums" sitzt auch Philipp Jenninger, der mal 1988 kurze Berühmtheit wegen seiner "missverständlichen" Rede über die NS-Zeit erlangte und dann in der Versenkung verschwand.
Es ist doch alles immer ein Kreislauf , naja, schlimmer kann es für die (Süd-)CDU auch nur mit Stefan Mappus werden, einem noch konservativerem, innerparteilichen Kontrahenten von Oettinger und geistiges Kind von Erwin Teufel - dann wird es für die Republikaner und NPD meiner Meinung nach bei der nächsten Landtagswahl ja mal richtig eng .
Habt Ihr gestern Harald Schmidt gesehen, der hat auch dazu Sachen rausgehauen, wie z. B. im besten Schwäbisch "Adolf Hitler war kein Nazi" - "Im Gegenteil, er war Gegner des Regimes und hat es von der Spitze her bekämpft" ^^.
Naja mit dem Oettinger werden wir noch einige Wochen Unterhaltung haben
Naja, der Zentralrat der Juden hat zumindest seine Entschuldigung akzeptiert und für die ist die Sache damit vom Tisch.
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