Vorwurf leichte Körperverletzung

vom 19.09.2009, 22:57 Uhr

A wurde von B wegen einer leichten Körperverletzung angezeigt. A musste bei der Polizei seine Aussage ablegen, auch Zeugen von A wurden geladen. Nun hat A von der Staatsanwaltschaft ein Schreiben bekommen, in dem angeboten wird gegen Zahlung von 100€ an die DKMS, das Verfahren einzustellen (§ 153a StPO).

A kann für den angeblichen Tatzeitraum ein lückenloses Alibi auffahren und hat bei der Vernehmung ein Gedächnisprotokoll mit abgegeben, welches den angeblichen Tatzeitraum (immerhin 48 Stunden) und die jeweils 24 Stunden vorher und nachher abdeckt. Dies kann auch komplett durch namentlich genannte Zeugen bezeugt werden.

A sieht es eigentlich nicht ein die 100€ "Strafe" zu zahlen, es kommt immerhin einem Schuldeingeständnis gleich, auch wenn dieses vom Gesetz her nicht so gewertet werden darf. Zusätzlich dazu hat es die Staatsanwaltschaft nicht einmal geschafft, das Schreiben an die richtige Adresse zuzustellen, statt der Wohnanschrift, wurde es an die Tatortsanschrift geschickt, auch der Tatvorwurf ist falsch angegeben, statt leichter Körperverletzung, plötzlich nur noch Körperverletzung.

A hat nun ein Schreiben aufgesetzt in dem er dem Vorschlag widerspricht und möchte, dass aufgrund der vorliegenden Fakten das Verfahren gemäß § 170 StPO eingestellt wird.

Soll A so ein Schreiben überhaupt abschicken, oder es viel mehr auf einen Prozess ankommen lassen. Ist es gar normal, dass zuerst angeboten wird sich "freizukaufen", bevor überhaupt mal mehr gemacht wird, als die Akte zu überfliegen?

Benutzeravatar

» Julix » Beiträge: 2566 » Talkpoints: -1,81 » Auszeichnung für 2000 Beiträge



Hallo!

Wenn A rechtschutzversichert ist, dann würde ich zu einem Anwalt raten. Die 100 euro würde ich nicht zahlen. Wenn das wirklich ein so lückenloses Alibi ist und die Zeugen von A alle glaubwürdig sind, dann würde ich es eher auf einen Prozeß ankommen lassen.

Einen Widerspruch gegen das Schreiben würde ich an A`s Stelle auch schreiben und freundlich erklären, dass er unschuldig ist und auch Zeugen und ein Alibi hat und dass das Verfahren aufgrund dessen eingestellt werden sollte.

Es ist zwar gut und schön, wenn man an die DKMS spenden würde, aber nicht mit dem bitteren Beigeschmack, dass man dann für schuldig gehalten wird.

Der Geschädigte wird ja auch Zeugen bringen, die A gesehen haben. Dann kommt es natürlich auch drauf an, welche Zeugen glaubwürdiger sind. Und welchen Zeugen vor Gericht dann eher geglaubt wird. Aber wenn A wirklich unschuldig ist, dann dürfte ihm doch eigentlich nichts passieren.

Benutzeravatar

» Diamante » Beiträge: 41749 » Talkpoints: -4,74 » Auszeichnung für 41000 Beiträge


Wenn aber A eine Rechtsschutzversicherung in Anspruch nimmt, sollte in Erwägung gezogen werden, dass hier unter Umständen auch ein Selbstbehalt vereinbart wurde. Dann sind die 100 Euro für die Einstellung wirklich nicht viel.

Übrigens war und wird es nie sein, dass eine Einstellung gegen die Zahlung in irgendeiner Form jetzt oder später als Schuldeingeständnis gewertet werden kann/wird! Wie heißt es so schon treffend: Vor Gericht und auf hoher See ist man in Gottes Hand. Und Recht haben und Recht bekommen sind zwei Paar Stiefel. Daher ist dieser Weg nicht unbedingt gleich zu verwerfen - auch wenn A tatsächlich nichts gemacht hat.

Dann zum Vorwurf: A kann von Seiten der Staatsanwaltschaft gar nicht die leichte Körperverletzung vorgeworfen werden! Das deutsche Strafrecht kennt dies nämlich nicht. Es gibt die Körperverletzung, die gefährliche Körperverletzung und die schwere Körperverletzung!

Wenn von leichter Körperverletzung die rede ist, dann wollen Juristen idR. auf den Privatklageweg verweisen, weil die Sache vor der Staatsanwaltschaft (also der strafrechtliche Teil) im Sande verlaufen dürfte. Dies ist aber normalerweise ein Hinweis an das Opfer der Körperverletzung. Und wenn z.B. Polizisten von der leichten Körperverletzung sprechen, dann ist das nie in einem juristischen Sinn gemeint. Das ist aber auch nicht die Aufgabe der Polizisten!

Ob man nun den Gang vor Gericht wagen soll oder nicht ist immer vom Einzelfall abhängig. In dem Planspiel hier sollte A sich überlegen, wie Glaubwürdig seine eigenen Zeugen sind. Und natürlich die eigene Glaubwürdigkeit. War A z.B. in der Vergangenheit ähnlichen Vergehens angeklagt oder gar verurteilt, dann sieht es eher schlecht aus.

Hier wiederum könnte ein Anwalt nach Akteneinsicht mehr wissen. Was also vorgeworfen wird und wer die Zeugen der Anklage sind. Aber das ist wiederum mit Kosten verbunden. Und ich denke, kaum ein Anwalt wird sich das alles für weniger als 100 Euro machen.

Und ich bin mir nicht sicher, dass das Geld anschließend dem Prozessgegner in Rechnung gestellt werden kann. Und selbst wenn, sollte geklärt werden, ob die Gegenseite überhaupt zahlungsfähig ist.

» derpunkt » Beiträge: 9898 » Talkpoints: 88,55 » Auszeichnung für 9000 Beiträge



Ähnliche Themen

Weitere interessante Themen

^