Wissbegierige Kinder und der Umgang mit Kritikern

vom 15.09.2009, 18:28 Uhr

Heute habe ich mir mal wieder anhören müssen, dass mein Kind sich in der ersten Klasse ganz sicher langweilen wird, dann zum Störenfried oder Klassenclown mutieren wird, dadurch abrutschen usw. usf. Der Grund ist, dass mein Kind zwar erst im nächsten Jahr eingeschult wird, aber schon etwas lesen und schreiben sowie rechnen kann.

Ja zum Teil hat mein Kind das von mir beigebracht bekommen. Aber nicht, weil ich so ehrgeizig wäre und das unbedingt wollte, sondern weil mein Kind immer wieder danach gefragt hat und diese Dinge unbedingt wissen wollte. Nun habe ich zu hören bekommen, ich hätte ja nicht mit ihm lernen müssen. Aber zum einen finde ich, dass man die Wissbegierde auch schon nutzen sollte um das Kind zu fördern, zum anderen ist mein Kind wirklich nicht blöd: es löchert dann von Grundschulkindern, über Verwandte bis zu Erziehern im Kindergarten (und die Aufzählung ist nicht vollständig) alle so lange, bis es ihm irgendjemand erklärt. Und einer findet sich immer, das muss nicht ich sein.

Sicher hatte ich auch zuerst meine Bedenken, aber die wurden durch Gespräche mit Grundschullehrern zerstreut. Die sagten auch, dass die Kinder ruhig lernen sollten, wenn sie es selbst wollten. Man hole die Kinder in der Schule dort ab, wo sie stehen, erst recht, wenn es mehrere sind. Und die kommenden Einschüler in unserer Kita sind alle sehr wissbegierig. Da können genau die Hälfte schon ein wenig schreiben, lesen und rechnen. Und falls die Kinder nun ihrer Stufe sehr weit voraus sind, gibt es die sinnvolle Einrichtung die ersten zwei Schuljahre in einem Kalenderjahr zu durchlaufen.

Mir geht es nicht darum, dass ich ständig Leuten dumm kommen will. Ich unterhalte mich gern und auch ernsthaft über dieses Thema, wenn festgestellt wird, dass das ungewöhnlich ist und/oder gefragt wird, wie es dazu kam. Ebenso kann ich auch ernsthaft mit jemandem sprechen, der mich fragt, ob ich nicht Bedenken hätte, dass das in der Schule zu Problemen führen könnte. Wenn es also zu einer sachlichen Diskussion kommt, die nicht gleich mit haltlosen Feststellungen oder Vorwürfen beginnt.

Ich bin dagegen es leid immer wieder mit unsachlich geäußerten Argumenten angesprochen zu werden. Aber was sagt man nun, wenn man mal wieder scharf kritisiert wird? Die ganze lange Tirade? Oder lieber weiß ich? Darf man bei Eltern mit (deren Meinung nach) hochbegabten aber verkannten Kinder auch ironisch kontern? Was habt Ihr sonst noch für Ideen?

» JotJot » Beiträge: 14058 » Talkpoints: 8,38 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



Als Kindergärtnerin stimme ich den Grundschullehrerinnen mit denen du gesprochen hast, absolut zu! Wenn dein Sohn von sich aus etwas lernen möchte, ist das völlig in Ordnung. Ich kenne sehr viele Vorschulkinder, die bereits einige Wörter bzw. sogar schon das ganze Alphabeth schreiben können.

An deiner Stelle würde ich auf dumme Kommentare wohl kaum reagieren. Wenn du aber doch reagieren möchtest, kannst du ja kurz und knapp erklären, dass das Interesse von deinem Sohn kam und dass nicht du ihn zum Lernen zwingst.

Wieso andere Eltern aber so abschätzig über dich sprechen, verstehe ich nicht. Es ist doch toll, wenn dein Sohn schon etwas in der Schule kann und sich nicht abplagen muss. Auch besteht bestimmt die Möglichkeit ihn etwas vorarbeiten zu lassen oder ihm ein paar Extraaufgaben zu geben, wenn ihm wirklich langweilig ist. Ich denke nicht, dass jedes Kind, das sich beim Lernen leicht tut, ein Klassenclown wird!!

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» Nipfi » Beiträge: 3076 » Talkpoints: 8,28 » Auszeichnung für 3000 Beiträge


Hi!

Ich kann da, auch aus Erfahrungen sprechen. Mein Sohn ist schon seit er klein ist von Zahlen begeistert und eins seiner Lieblingsspielzeuge war der Taschenrechner. Darum konnte er schon mit 5 Jahren, leichte Rechenaufgaben lösen. Und ich musste mir auch, von ein paar Eltern das gleiche anhören wie bei dir.

Nun ist mein Sohn, dieses Jahr in die Schule gekommen. Und er findet es zum Beispiel in Mathe etwas langweilig, weil sie gerade erst lernen, die Zahlen zuschreiben. Aber er kann es ja schon und will endlich richtig anfangen zu rechnen. Ich habe ihn jetzt erklärt, das die andern es nicht können und das er es dann noch besser kann, das hat jetzt funktioniert und er macht es wieder gerne.

Ich kenne aber auch ein nicht so gutes Beispiel, wo ein Kind schon alles konnte, wo sie in die Schule kam. Ich muß dazu sagen die Mutter wollte es so. Also kam die Tochter nach kurzer Zeit in die zweite Klasse und schaffte die auch leicht. Aber dann kam die dritte Klasse und dieses Mädchen wurde immer schlechter in der Schule. Der Grund dafür war sie hat, nie richtig in der zweite Klassen gelernt zu lernen. Sie konnte ja alles. Und wo es um andere Sachen ging, die sie nicht konnte, hat sie sich geweigert zu lernen. die Folge davon war sie musste die zweite Klasse wiederholen.

» ys1980 » Beiträge: 356 » Talkpoints: 5,69 » Auszeichnung für 100 Beiträge



Meine Mama hatte ein ähnliches Problem wie du. Auch sie konnte mit 4 (!) Jahren schon die Zeitung lesen, was zur damaligen Zeit auch sehr erstaunlich war. Es hatte ihr niemand beigebracht, es kann aber durchaus sein, dass sie durch ihre drei älteren Geschwister etwas im Vorteil war. Sie konnte schon wahnsinnig viele Sachen vor Schulbeginn und der Lehrer gab ihr dann absichtlich schlechtere Noten und schimpfte mit meiner Oma (die Mutter meiner Mama), dass sie doch nicht immer zu Hause mit ihr vorlernen sollte. Sie haben meiner Oma natürlich nicht geglaubt, dass sich meine Mama das alles selber beigebracht hat.

Das Schiksal nahm seinen Lauf und ein paar Jahre später, bekam sie mich. Ich begann ebenfalls mit 5 Jahren von mir selber aus zu lesen, obwohl ich keine Geschwister hatte. Ich las meiner Mama also ein Wort vor und sie verdrehte die Augen: "Nein, bitte nicht!". Sie hatte Angst, dass es in der Schule die gleichen Vorurteile geben würde und man von meiner Mutter denken würde, sie hätte mir das im Vorhinein so beigebracht. Darum hatte sie auch Angst, mein Talent zu fördern. Beim Elternsprechtag hieß es zwar immer, sie hätten den Eindruck, ich würde mich in der Schule total langweilen- die Befürchtung meiner Mutter, dass man ihr vorwerfe, dass sie mit mir vorlernen würde, wurde aber nicht bestätigt.

Ich würde mir einfach nichts daraus machen und darüber stehen. Sei doch stolz darauf ein Kind zu haben, welches so wissbegierig ist. Das ist doch gerade in der heutigen Zeit nur von Vorteil. Lasse dich nicht verunsichern, man sollte sein Kind sogar so gut es geht fördern. Wenn man es nicht tut, dann lässt man ein Talent verkümmern. Es ist wirklich das Dümmste, was man tun kann, dass man die Kinder nicht in dem fördert, was sie wissen möchten, aus Angst, Vorurteilen zu begegnen. Gib doch nichts darauf, was andere Menschen von dir denken- die sind nur eifersüchtig! Glaube nur an dich selber und achte darauf, was für dein Kind das Beste ist.

» nordseekrabbe » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »



Auf jeden Fall sollte man Kinder das lernen lassen, was sie wissen wollen. Das kann ich Dir als Lehramtsstudentin versichern. Dass Du keinen Leistungsdruck machst, hast Du ja geschrieben und ist auch sehr gut. Schon Maria Montessori, eine bekannte Pädagogin, hat festgestellt, dass einige sensible Lernphasen der Kinder schon vor der Einschulung liegen. Es ist also ganz natürlich, dass Dein Kind schon manches wissen will.

Sie dich um, ob es in Deiner Nähe eine Schule gibt, die leistungsstärkere Kinder besser fördert. Je nach dem wo Du wohnst, heißt das anders. In Brandenburg heißt das FLEX- flexible Schuleingangsphase. Da wird dann dein Kind auch individueller gefördert. Ansonsten sprich mal mit dem Direktor / der Direktorin deiner für euch zuständigen Schule und erkläre ihm/ihr die Situation deines Kindes und normalerweise sollte er / sie verständnis dafür haben.

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» trüffelsucher » Beiträge: 12446 » Talkpoints: 3,92 » Auszeichnung für 12000 Beiträge


Nicht irritieren lassen! Die meisten Kinder sind im Grunde wissbegierig, wenn man das versucht zu bremsen tut man seinem Kind bestimmt keinen Gefallen. Denn die Kinder lernen so, das lernen unerwünscht ist, was irgendwie nicht die richtige Botschaft sein kann.

Es gehört fest zum kindlichen dasein, das man offen für Neues ist und leicht lernt, wenn man mal drüber nachdenkt ist das ja auch sinnvoll. Klar wollen Kinder auch spielen, aber wenn einem Kind es Spaß macht zB lesen zu lernen oder Rechenaufgaben zu lösen, dann ist das für die keine ärgerliche Anstrengung, sondern eben eine Form der Beschäfftigung. Aber ich denke, das denkst du in ähnlicher Form selbst.

Was die Kritiker angeht: Hart gesagt, es sind Deppen, die Ratschläge geben, die ausgesprochen - nun eben: Deppert sind. Denn die Kinder gehen zur Schule um zu lernen, nicht um zur Schule zu gehen als Selbstzweck. Dann lieber mit den Lehrern sprechen, das sie für den Fall des Falles ein paar Extraaufgaben bereit halten (und zwar welche die deutlich über "Mal doch einen schööönen Baum" rausgehen), als das Kind künstlich ausbremsen.
Und sollten die Lehrer sich beschweren das sich das arme kluge Kind oft langweilt und deshalb anfängt sich anderweitig zu beschäfftigen, dann kann man echt nur sagen "Tja, da ist es wohl durch den Unterricht nicht ausgelastet genug."

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» Nephele » Beiträge: 1047 » Talkpoints: 2,22 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


Ich finde auch, dass du alles richtig machst. Wenn dein Sohn lernen will, dann soll er es tun. Es ist immerhin besser als wenn er überhaupt nicht an sowas interessiert wäre. Und wenn die Grundschullehrer auch nichts dagegen sagen, dann ist es doch in Ordnung.

Ich verstehe nicht, warum solche Kinder immer kritisiert werden müssen. Natürlich entsteht immer erst der Eindruck, dass die Eltern dahinterstecken, aber es gibt nunmal auf der Welt auch viele Kinder die von Natur aus lern- und wissbegierig sind. Es sind nicht alle Kinder gleich und das sollte sich die Gesellschaft immer wieder vor Augen halten.

Ich habe auch einen Sohn, aber da wird es noch dauern bis er in die Schule kommt, aber ich werde ihn auch unterstützen, wenn er Sachen wissen und lernen will. Warum soll mein Kind in die Schule gehen und noch gar nichts können? Und Abhalten kann man die Kinder sowieso nicht von dem, was sie sich vorgenommen haben. Irgendwoher holen sie ihr Wissen immer und das muss nicht immer im Elternhaus sein.

» Purzel21 » Beiträge: 29 » Talkpoints: 0,16 »



Danke erst mal für Eure Antworten, da bin ich ja zum Glück nicht allein mit meinem "Problem". Denn ich selbst empfinde es eigentlich auch nicht als Problem, nur lassen einen solche Ansagen wieder grübeln.

@ys1980 ich glaube nicht, dass sich mein Sohn wirklich in der Schule langweilen wird. Lesen und Kopfrechnen macht er zwar wirklich gern und das kann er auch schon recht gut. Schreiben ist im Moment aber nur Mittel zum Zweck: So kann man Eigentum kennzeichnen oder einen riesigen Wunschzettel an den Weihnachtsmann verfassen ohne das irgendwelche Bedenkenträger dazwischen funken. Das geht zwar auch leidlich, aber da kann er in der Schule noch genug lernen :wink:

@trüffelsucher: auf so einer Schule war ich schon. Das Konzept und alles drum und dran hat uns beiden gut gefallen. Auch das Schulgeld wäre kein Problem. Dummerweise ist die Schule aber einige Kilometer entfernt und das würde für mich dann heißen täglich 50 Kilometer extra fahren. Außerdem sind alle Freunde meines Kindes schon auf dieser staatlichen Schule in unserem Ort. Da ist es zwar nicht ganz so gut geregelt mit dieser flexiblen Eingangsphase. Allerdings lernen die Erst- und Zweitklässler zusammen und wenn ein Erstklässler so gut ist, dann wechselt er in die höhere Stufe. Aber mal sehen. Ich weiß aber schon, dass ich mein Kind jederzeit in die private Schule ummelden könnte.

Und wieso andere Eltern manchmal so sind? Das sind in der Regel die, die bei der Förderung ihres Kindes den Ton angeben und manchmal nicht mehr so sensibel sind. Andere können meines Erachtens einfach nicht damit umgehen, dass ein Kind nicht in allen Sachen perfekt ist.

» JotJot » Beiträge: 14058 » Talkpoints: 8,38 » Auszeichnung für 14000 Beiträge


@JotJot
Soweit ich das mitbekomme haben die Grundschulen in den letzten Jahren doch schon alles soweit im Griff, das sie allen Kindern gerecht werden. Ok, bei uns in der Schule wird seit diesem Jahr das nue Thüringer Grundschulgesetz umgesetzt, wo die Schüler aus der ersten und zweiten Klasse viel Unterricht gemeinsam machen.

Die Kleinen lernen da eben von den Großen. So das sich ein Lehrer eben auch individueller um einzelne Schüler kümmern kann. Dabei besteht eben auch die Möglichkeit, das man die ersten beiden Schuljahre in einem Jahr durchläuft. Aber insgesamt bekommen die Kinder eben auch eine bessere Einzelförderung, weil man damit gezielter auf die Schwachstellen eingehen kann.

Deshalb wurde uns auch gesagt, das wir die Kinder nicht ausbremsen sollen, sondern eben das Wissen fördern können. Und so solltest du auch bei deinem Sohn weitermachen. Wer da was anderes sagt, ist oftmals selbst überfordert, wenn die Kinder was lernen wollen. Einfach weil viele Eltern gar nicht wissen, wie sie es ihren Kindern in kleinen Schritten vermitteln können.

» Punktedieb » Beiträge: 17970 » Talkpoints: 16,03 » Auszeichnung für 17000 Beiträge


Auch, wenn Dein Sohnemann inzwischen ja in der Schule ist und dort unterrichtet wird, so gibt es doch immer wieder mal den Fall, dass Kinder und ihre Eltern schief angeschaut werden, wenn es darum geht, dass ein Kind schon einiges vor dem Schuleintritt kann. Ja, und das ist die Krux, vielleicht sind andere Eltern nur neidisch, obwohl ich selbst Neid als ein so genanntes Totschlagargument bezeichnen würde. Dennoch sollte man das den kritisierenden Eltern nicht damit kommen. Wie wäre es jedoch damit, ob das Kind der Kritiker nicht einfach auch mal etwas wie Schreiben oder Lesen lernen möchte?

Mir fällt es auch auf, dass gesagt wurde, man hätte sich mit dem Kind ja nicht hinsetzen müssen und so etwas fördern müssen. Lassen diese Eltern ihre Kinder denn im Stich, wenn sie fragen und die Antwort nach Ansicht der Eltern nicht in dieses Alter gehört? Bereitet man es dann nicht kind- und altersgerecht auf? Lässt man sich das Kind damit stehen und das Kind sucht dann vielleicht Antworten auf diese Fragen bei anderen Personen? Wird der anderen Person die Antwort dann verboten? Meiner Meinung nach ist auf die Bedürfnisse der Kinder einzugehen und wenn ein Kind nun einmal wissen möchte, wie man etwas schreibt oder wie etwas gelesen wird, ist es ein Bedürfnis nach Wissen. Solange das Kind nicht gezwungen wird, ist es so und fertig, da würde ich mich auch nicht auf Diskussionen einlassen.

Ich würde daher einfach ein Beispiel mit anderen Fragen oder Bedürfnissen aufzeigen, zum Beispiel, wenn das Kind gern Fußball spielen möchte, ob es aber das nicht darf, weil dem Kind dann dabei etwas geschehen könnte. Oder weil es dadurch sportlicher als andere Kinder werden würde. Oder weil es den einen oder anderen Trick eher kennenlernt als andere. So etwas wird sicherlich schnell abgeschmettert werden, geht aber fast in die gleiche Richtung. Man könnte aber auch weitergehen und sagen, dass man aus dem Kind ja wohl ein Spitzenfußballer machen möchte und ihm damit die Kindheit wegnimmt, wenn es besonders ehrgeizig ans Fußballspielen geht oder weil die Eltern es eben dahingehend unterstützen.

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» *steph* » Beiträge: 18439 » Talkpoints: 38,79 » Auszeichnung für 18000 Beiträge


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