Wann das Jugendamt informieren?

vom 11.09.2009, 13:28 Uhr

Heute habe ich von einem recht jungen Kind (8 Jahre) eine Aussage gehört, die mich ziemlich getroffen hat. Das Kind bekommt nach eigenen Aussagen wohl recht häufig Schläge von seinen Eltern. Da es sich über meinen Sohn geärgert hat und scheinbar nicht weiß, wie man Probleme löst, war es gerade dabei meinem Sohn Schläge anzubieten und gerade seine Freunde dazu zu rufen. Als ich dann dazwischen gegangen bin und meinte, ob man das Problem nicht auch anders lösen könnte, war das Kind auch schnell einsichtig.

Nun habe ich mich dann noch etwas länger mit dem Kind (übrigens ein Mädchen) unterhalten. Dabei erzählte, dass es von zu Hause - also von Eltern und Großeltern - darin bestärkt wird, dass die Älteren immer recht haben und die Eltern durchaus ihre Kinder schlagen dürfen. Im Fall des Kindes passiert das angeblich auch häufig.

Nun bin ich einerseits erschüttert, andererseits auch unsicher. Ich kenne die Eltern auch und weiß, dass diese einen Klapps auf den Po als legitimes Erziehungsmittel ansehen. Auf der anderen Seite weiß ich aber auch, dass das Kind gern mal schamlos übertreibt. Ich frage mich ob ich einen solchen Fall doch dem Jugendamt melden sollte. Dagegen spricht nicht nur, dass das Kind häufiger übertreibt sondern dass die Eltern auch seit gut einem Jahr ein Pflegekind betreuen - sollte man da nicht gut geprüft sein? Was also tun?

» JotJot » Beiträge: 14058 » Talkpoints: 8,38 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



Sicher ist es möglich, dass das Kind übertreibt, aber es wird wohl auch etwas wahres dran sein, wenn du auch erzählst, dass du die Leute kennst. Gerade, weil das Kind es aber an andere so weiter gibt, wie in dem Fall mit deinem Kind, würde ich zunächst mal versuchen mit den Eltern zu reden.

Schwierig ist es allemal, aber nur auf die Erzählungen des Kindes allein würde ich mich nicht stützen wollen. Wenn sich aber herausstellt, dass es wirklich so ist und es stark übertrieben ist und vor allem womöglich auch das Pflegekind betrifft würde ich mich tatsächlich ans Jugendamt wenden. Ich denke aber ohne Beweise werden die dort leider nicht besonders viel tun.

» SariKari » Beiträge: 371 » Talkpoints: 2,63 » Auszeichnung für 100 Beiträge


Bevor ich das Jugendamt informieren würde, würde ichmal ein Gespräch mit den Eltern suchen. Die Basis zu dem Gespräch hat ja das Kind selber gelegt, indem sie deinem Kind die Prügel angeboten hat und da würde ich auch ansetzen.

Sicher übertreiben viele Kinder und Kinder sehen es auch immer was anders als die Eltern oder Außenstehende selber. Es gibt Kinder, die so was auch sagen, um die Aufmerksamkeit auf sich zu richten, weil sie die zu Hause eben nicht so bekommen. Und deswegen würde ich das Jugendamt erst mal nicht informieren.

An der Reaktion der Mutter wirst du bestimmt auch schon viel erkennen können. Und ich denke, dass dies der bessere Weg ist, als den Leuten das Jugendamt auf den Hals zu hetzen.

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» Diamante » Beiträge: 41749 » Talkpoints: -4,74 » Auszeichnung für 41000 Beiträge



Die bisherigen Gespräche mit den Eltern liefen immer so, dass die Eltern ganz souverän das Thema gewechselt haben. Wie schon erwähnt, den Klapps auf den Po finden sie völlig in Ordnung und darüber ist keine Diskussion möglich. Spricht man mehr an, dann läuft das meist so, dass die Mutter einen roten Kopf kriegt und der Vater ablenkt.

Erst vor kurzem war der Anlass des Gesprächs ziemlich heftige Schürfwunden des Kindes, so dass nicht nur ich vermutet habe, dass das Kind geschlagen wurde. Da wurden dann die Eltern (in meinem Beisein) gefragt, aber die sagten eben das gleiche wie das Kind: es hätte sich mit seinem älteren Cousin gestritten und der hätte sie so geschubst, dass sie unglücklich gestolpert wäre, roter Kopf der Mutter, Ablenken vom Vater. Da auch der Kinderarzt nichts unternahm haben das eben alle so hingenommen.

Ich will ja den Eltern auch gar nicht unbedingt das Jugendamt auf den Hals hetzen, aber ich möchte mir später auch nicht sagen (lassen müssen) hättest Du mal eher was gesagt. Das ist eben mein Dilemma. Ich hoffe Ihr versteht, was ich sagen will.

» JotJot » Beiträge: 14058 » Talkpoints: 8,38 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



Also dass die Eltern des Kindes auch ein Pflegekind betreuen, macht zwar nach außen hin häufig den Anschein, dass mit den Eltern alles in Ordnung ist, ich habe aber in der Realität schon die erschütterndsten Tatsachen mitbekommen, bei Eltern, die mehr als nur ein Pflegekind zu Hause haben. Ich würde auch einmal mit den Eltern darüber sprechen.

Vielleicht platzt du nicht gleich mit der Türe ins Haus, sondern überlegst dir etwas nettes, lädst sie beispielsweise zum Kaffee ein. Dann können ja rein zufällig einmal die Familiensituationen besprochen werden und vielleicht bekommst du ja so heraus, was sie für Ansichten vertreten und ob das Mädchen wirklich etwas übertreibt bei dem Ganzen.

Das Jugendamt würde ich als letzten Weg sehen, der Sache ein gutes Ende zu bereiten. Du musst dann auch immer im Hinterkopf haben, dass, wenn den betreffenden Eltern das Kind nicht gleich entzogen wird, die Kinder darunter leiden. Auch dies habe ich schon viel zu häufig mitbekommen, dass das geschehen ist. Die Kinder sind nachher noch schlechter dran als zuvor.

» nordseekrabbe » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »


Die Erlaubnis, ein Pflegekind zu betreuen, sagt ja nicht aus, dass wirklich alles in Ordnung zu Hause sind. Zwar wird man da wohl auf Herz und Nieren überprüft, aber ich denke, dass manche Jugendämter durchaus nachlässig sind. Dabei will ich den Jugendämtern nichts nachsagen, manche sind einfach überfordert und sind froh, wenn sie den Kindern überhaupt eine Möglichkeit der Wohnung anbieten können. Toll ist so etwas definitiv nicht, ja, aber allein die Tatsache, ein Pflegekind zu haben, ist kein Beweis. Es kann ja sein, dass hier beispielsweise das Pflegekind nicht mit Gewalt konfrontiert wird, aber das eigene Kind dann schon.

Die Indizien sprechen zwar schon dafür, dass man vielleicht besser das Jugendamt informiert hätte. Da die Eltern hier dicht gemacht haben oder das Thema geschickt wechseln, wäre es vielleicht angebracht, wenn dennoch die häuslichen Verhältnisse überprüft werden und auch, wenn das Kind nochmal befragt wird und zwar von einem erfahrenem Mitarbeiter des Jugendamtes. Es ist jedoch nie und nimmer auszuschließen, dass das Kind nicht dennoch lügt.

Ich würde den Eltern aber dennoch nochmal ein Gespräch vorschlagen, aber eben in Hinblick darauf, dass man darüber nachdenkt, das Jugendamt mit einzuschalten. Es geht hier nicht darum, Eltern zu diskreditieren, sondern um das Kind an sich und wenn es eher aggressiv ist, es nicht anderweitig Konflikte und Probleme lösen kann, muss da etwas gemacht werden. Eventuell kann man sich auch erst einmal an eine Erziehungsberatungsstelle wenden, ehe man das Jugendamt einschaltet und man sich anbieten, die Eltern und das Kind dahin zu begleiten. Wollen die Eltern gar nicht, dass geholfen wird, kann man über einen Schritt zum Jugendamt noch immer nachdenken und ihn dann auch gehen.

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» *steph* » Beiträge: 18439 » Talkpoints: 38,79 » Auszeichnung für 18000 Beiträge


Ein Kind, welches selbst mit Schlägen agiert und auch von zu Hause erzählt, dass es öfter mal eine gelangt bekommt, wird kaum übertreiben. Bei einer meiner Töchter ist auch ein Junge in der Klasse, welcher selbst erzählt, dass er zu Hause vom älteren Bruder immer Schläge bekommt. Er selbst reagiert auch entsprechend aggressiv, wenn er mal geärgert wird.

Allerdings kann dieser Junge mit seinen fast zehn Jahren auch schon unterscheiden, wer quasi Freund ist und wer Feind. Denn meine Tochter kann ihm ganz offen die Meinung sagen ohne das er mit Schlägen reagiert. Sie sind sogar ein wenig befreundet und sie lobt ihn auch, wenn er besonders brav war.

Ich selbst werde auch im kommenden Schuljahr mit der Klassenlehrerin darüber reden, ob man hier nicht andere Stellen einschalten sollte. Denn es kann nicht sein, dass der Junge zu Hause vom Bruder geschlagen wird und die Mutter einfach weg sieht. Zumal ich bei Veranstaltungen mit der Klasse den Jungen auch von seiner netten Seite her kenne. Die zeigt er aber eben auch nur, wenn man ihm auch freundlich begegnet.

» Punktedieb » Beiträge: 17970 » Talkpoints: 16,03 » Auszeichnung für 17000 Beiträge



Der Thread ist nun auch schon einige Jahre alt. Aber ich habe die Entwicklungen ja weiter verfolgt. Das Pflegekind war ein Kind aus der Verwandtschaft und das das Kind schon kurz vor der Volljährigkeit stand und in dem Ort der Verwandtschaft eine Lehre aufnehmen wollte, war es dann wohl auch so, dass es kein Pflegekind im eigentlichen Sinne war. Hörte sich aber schön an. Dieses Pflegekind wurde aber nach eine Weile wieder aus der Familie genommen, weil es nur Stress gab und das für kein Familienmitglied mehr tragbar war.

Da es dann mit dem zweiten leiblichen Kind auch Probleme gab, hat man das älteste Kind aus der Familie genommen. Das ist sicher schmerzhaft aber alle Beteiligten leben jetzt deutlich ruhiger. Unruhig wird es nur, wenn das ältere Kind zu Besuch in der Ursprungsfamilie ist.

@Punktedieb: Wenn es in den Klassen meiner Kinder so ein Kind gäbe, dann würde ich auch zu den Klassenlehrerinnen gehen. Leider stand und stehe ich diesem Mädchen aber nicht so nahe. Und das macht es eben auch schwieriger da den besten Ansprechpartner zu finden. Mit einem Kind in der Klasse gab es nämlich ähnliche Schwierigkeiten. Da hat sich dann aber der Vater durch die Lehrerin bestärkt selbst Hilfe gesucht und alles hat sich zu einer richtigen Vorbildfamilie entwickelt. Klar gibt es da immer noch mal Probleme, aber die werden jetzt eben anders gelöst.

» JotJot » Beiträge: 14058 » Talkpoints: 8,38 » Auszeichnung für 14000 Beiträge


Es kommt aber sicherlich auch darauf an, wie sich das betreffende Kind insgesamt verhält. Der von mir beschriebene Junge wird oftmals auch von anderen direkt provoziert und reagiert selten wegen einem einfachen Ärger so aggressiv. Allerdings würde ich eben auch gern erst mal mit der Mutter reden, bevor ich da in der Schule weitere Schritte einleite.

Denn so ist der Junge im allgemeinen recht nett und lässt sich auch positiv von seinen Mitschülern leiten. Daher sehe ich das Potential hier schon, dass man die Ämter da raus halten kann.

» Punktedieb » Beiträge: 17970 » Talkpoints: 16,03 » Auszeichnung für 17000 Beiträge


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