Kind ist ein Nazi - Eltern unterstützen es dabei!

vom 09.09.2009, 18:31 Uhr

Ich habe neulich eine Reportage auf ARTE über einen jugendlichen im Alter von 16 Jahren gesehen, der schon eine relativ starke Bindung zum Nationalsozialismus entwickelt hat. Er trug Springerstiefel mit weißen Schnürsenkeln, was in der "Fachsprache" soviel wie "White Power" bedeutet, eine Bomberjacke und hatte die Haare komplett ab. Er hat sich oft mit gleichgesinnten in der Nähe eines Spielplatzes getroffen, ordentlich Bier getrunken und ziemlich viel Randale gemacht. Am Ende gab' es dann nach eine Demonstration der 0815 Parolen.

Als die Reporter die Eltern zum Verhalten ihres Kindes befragt haben, kam heraus, dass diese absolut gegen den Nationalsozialismus sind, sie ihr Kind aber unbedingt dabei unterstützen wollen, mit der Begründung, dass jeder einmal eine schwere Phase in seinem Leben durchgemacht hat.

Da denk' ich mir doch bloß: "Mein Gott, was ist denn da schief gelaufen?" Wenn es nach mir ginge würde ich meinem Kind versuchen so einen Mist auszutreiben. Wie würdet ihr reagieren/handeln?

» MandaloreX » Beiträge: 617 » Talkpoints: 0,03 » Auszeichnung für 500 Beiträge



Als erstes denke ich nicht das Glatze ein Zeichen eines Nazis sind. Viele Nazis haben wahrscheinlich eine Glatze, aber das heißt nicht das alle die eine Glatze haben, Nazis sind.

Ansonsten ist das natürlich sehr erschreckend. Ich verstehe wenn Eltern nichts dazu sagen, wenn die Kinder mal bunte Haare haben oder ähnliches. Doch beschriebene Denkweise zu unterstützen ist nicht in Ordnung, denke ich.

Wahrscheinlich hatten die Eltern ähnliche Denkweise früher, oder sie sind ebenfalls gegen Ausländer und wollen es nur nicht vor der Kamera zugeben. Ich kann mir nicht vorstellen das jemand Erwachsenes der weiß was es bedeutet und dagegen ist, einen Jugendlichen und zudem noch das eigene Kind darin unterstützen würden.

» .-thea-. » Beiträge: 264 » Talkpoints: 6,52 » Auszeichnung für 100 Beiträge


Ich glaube jeder denkt erstmal, dass er sein Kind natürich vom Gegenteil überzeugen wollen würde. Aber mal im Ernst, was erreicht man denn damit? Jeder, der man in einer 'schwierigen Phase' war, weiss doch genau, dass man immer genau das möchte, was man nicht darf und soll und umgekehrt. Ich glaube fast, dass da vielleicht auch eine Taktik dahinter steckt, die ich gar nicht so schlecht finde.

Die Eltern geben vor, das gut zu finden, was der Sohn tut und unterstützten ihm dabei und wenn sie ihm vielleicht nur oft genug sagen wie toll das ist, was er tut und dass die Akzeptanz von Ausländern wirklich das Allerletzte ist, mag er vielleicht irgendwann dann doch mal die Seite wechseln. Zumindest ist das so ein bisschen meine Hoffnung und ich kann mir nur wünschen, dass die Eltern das auch so sehen. Ansonsten ist es nämlich einfach nur sinnlos, das eigene Kind bei etwas zu unterstützten, das man selbst verabscheut. Das kann ich nicht nachvollziehen.

» Sippschaft » Beiträge: 7575 » Talkpoints: 1,14 » Auszeichnung für 7000 Beiträge



MandaloreX hat geschrieben:Da denk' ich mir doch bloß: "Mein Gott, was ist denn da schief gelaufen?" Wenn es nach mir ginge würde ich meinem Kind versuchen so einen Mist auszutreiben. Wie würdet ihr reagieren/handeln?

Und nun mal Hand auf´s Herz. Hast du dich mit 16 Jahren wirklich so sehr von deinen Eltern beeinflussen lassen? Ich geb es ehrlich zu, ich hab gegen alles und jedes was von meinen Eltern kam rebelliert. Und das ist in dem Alter mehr als normal.

Ich denke da ähnlich wie Sippschaft. Wenn er von den Eltern so akzeptiert wird und keine Verbote und Moralpredigten bekommt, dann erkennt er sein falsches denken vermutlich eher. Ein Versuch ist es doch wert mal mit anderen Mitteln sein Ziel zu erreichen.

» Punktedieb » Beiträge: 17970 » Talkpoints: 16,03 » Auszeichnung für 17000 Beiträge



Ich wüsste jetzt keinen Vorschlag, wie ich meinem Kind so etwas "austreiben" könnte! Der Junge ist 16, da werden die Eltern mit gut zureden, Strafen wie Zimmerarrest oder Fernsehverbot nicht wirklich was erreichen. Außerdem könnte ich mir vorstellen, das die Eltern auch Angst vor ihrem Sohn und seinen Freunden haben, wenn sie Stress machen, und deswegen mal nichts besonderes unternehmen.

Ich hatte auch in dem Alter (so zwischen 17 und 19 Jahren) eine Phase, wo ich zur rechten Szene gewechselt bin. Ich hatte einen Skinhead als Freund, und viele meiner Kumpels sind bei uns ein und aus gegangen. Auch hatte ich eine Glatze, also einen sogenannten Renee Cut, und die dazu gehörigen Klamotten an, und habe den ganzen Tag rechte Musik gehört. Auch hoher Alkoholkonsum gehörte zu meinem täglichem Leben. Und ich könnte schwören, das dies meinen Eltern nicht gefallen hat. Sie haben das manchmal schon gesagt, aber was sollten sie auch anderes tun? Meinem Freund Hausverbot erteilen? Wäre eine Möglichkeit gewesen, aber dann wäre ich eben nur bei meinem Freund gewesen, und so hatten sie mich noch ein bisschen unter "Kontrolle". Eigentlich waren meine Eltern in dieser Beziehung auch recht locker, mein Freund durfte bei mir schlafen, er durfte mit uns Essen, und meine Eltern haben mich auch zu ihm gefahren.

Von daher bringen Verbote oder sonstiges in so einem Fall rein gar nichts. Je mehr Eltern dagegen was ändern wollen, desto mehr rebellieren die Kinder und es wird nur noch schlimmer.

Was ich machen würde, wenn mein Sohn so wäre, das weiß ich gar nicht so genau, wenn ich ehrlich bin. Natürlich würde ich es nicht gut finden, aber ändern könnte ich wahrscheinlich eh nichts. Ich würde ihm aber erklären, das er sich mächtig Ärger mit dem Gesetz einhandeln kann, wenn er gewisse Sachen macht (Schlägereien, rechte Parolen, etc). Und das sich dies sehr schlecht auf sein ganzes Leben auswirken kann, wenn er vorbestraft ist (keinen Job, etc). Aber wahrscheinlich würde mein Sohn dies nicht interessieren.

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» pepsi77 » Beiträge: 1629 » Talkpoints: 9,09 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


Ich sehe es hier wie die Mehrheit: sicher scheint es auf den ersten Blick verrückt, was die Eltern da tun. Aber wenn ich es richtig verstanden habe, ermutigen sie ihren Sohn ja nicht explizit und stiften ihn auch nicht an. Sie respektieren lediglich die momentane Phase, die ihr Sohn da mitmacht.

Dass man in dem Alter des Jungen mit Verboten nicht weiterkommt, sehe ich genauso. Unabhängig von dem, wogegen der Junge rebelliert ist es doch einfach so, dass die Kinder sich in diesem Alter selbst zu Erwachsenen entwickeln und damit auch das Zusammensein von Eltern und Kindern neu entwickeln muss. Dazu gehört unter anderem auch, dass man mit Verboten weniger erreicht, weil ein Kind in dem Alter ja auch andere Rechte hat und natürlich auch bestimmte Erfahrungen machen muss.

Wäre das mein Sohn, würde ich sicher auch nicht versuchen etwas zu verbieten, genauso wenig, wie ich ihn unterstützen würde. Allerdings würde ich schon klar stellen, dass ich mit dieser Gesinnung nichts am Hut habe und meine Gesinnung nicht verleugnen.

» JotJot » Beiträge: 14058 » Talkpoints: 8,38 » Auszeichnung für 14000 Beiträge


Es stimmt schon, dass Pubertierende sich nicht unbedingt etwas sagen lassen. Die ganze Zeit zu schimpfen, wird einen "Mode-Neonazi" wohl auch kaum davon abhalten, so herumzulaufen. Denen geht es ja gerade darum, zu provozieren. Oder einigen auch darum, bei Gleichaltrigen angesehen zu sein. Es soll ja traurigerweise Dörfer geben, wo es "in" ist, in Neonazi-Kleidung herumzulaufen, und wo dies immer mehr Jugendliche tun, nur, um nicht ausgegrenzt zu werden. Wobei es natürlich auch Orte gibt, wo ein Jugendlicher aufgrund dieses Aussehens Schwierigkeiten hätte. In Kreuzberg würde sich der typische Klischee-Neonazi mit Bomberjacke, Glatze und Kampfstiefeln wohl nur einmal blicken lassen, wenn überhaupt.

Außerdem denke ich, muss man bei der Motivation des Jugendlichen auch differenzieren. Trägt er es, um zu provozieren? Ahmt er bloß Freunde nach? Oder steckt tatsächlich ein rassistisches Weltbild hinter der Sache? Ich denke, wenn der Jugendliche tatsächlich rassistische Gedanken hegt, dann sollte man das nicht ignorieren. Zumindest sollte man seinen eigenen Standpunkt klarmachen.

Mal abgesehen davon denke ich mir gerade, dass die Erwachsenen bei Minderjährigen schon noch ein Wörtchen zu sagen haben. Sie könnten das Taschengeld streichen, wenn es für Neonazi-CDs und -Kleidung ausgegeben wird. Dann muss der Jugendliche sich das Geld dafür immerhin per Nebenjob verdienen. Ebenso könnte man auch das Tragen dieser Kleidung zuhause verbieten. Aber ob das bei einem Pubertierenden hilft, ist fraglich, das stimmt leider.

Andererseits frage ich mich auch noch, inwiefern das Elternhaus überhaupt ein Einfluss ist, wenn es darum geht, ob jemand mal später zum Neonazi wird, oder nicht. Für mich wäre es beispielsweise undenkbar gewesen, mich so zu entwickeln. Ja, ich habe sicher auch mal pubertiert, aber "Fascho" zu werden? Absolut undenkbar. Und falls jetzt jemand Einwände wegen meiner "halb-ausländischen" Herkunft hat: Es gibt in allen Ländern der Welt Neonazis. Und Logik zählt bei den Pubertierenden darunter sowieso nichts. Da sind teilweise auch Ausländer dabei, das kümmert die gar nicht, die werden trotzdem Neonazi. Für mich wäre das aber definitiv undenkbar gewesen, egal, aus welchem Land meine Eltern stammen. Vielleicht hat es teilweise tatsächlich damit zu tun, welche Werte einem Kind von Anfang an vermittelt werden. Und wie sehr die Eltern sich für das Kind und seine Gedanken interessieren. Was jetzt nicht heißt, dass alle Eltern, deren Kinder Neo-Nazis werden, selber Schuld wären! Viele schämen sich dafür sicherlich so schon genug.

Wenn ich es mir so überlege: Vielleicht liegt es tatsächlich auch am Umfeld der Gleichaltrigen. Ein Neonazi-Auftreten hätte sich da auch einfach keiner getraut, der wer sofort in Ungnade gefallen. Wenn natürlich im Freundeskreis schon lauter Nazi-Skinheads sind, dann ist die Hemmschwelle garantiert geringer.

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» Wawa666 » Beiträge: 7277 » Talkpoints: 23,61 » Auszeichnung für 7000 Beiträge



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